Stadtrat Gerold Lauber steht in Zürich zwar der grössten Schweizer
Schulgemeinde vor. In dieser Funktion aber hat er kaum etwas zu sagen. Seit
2005 sind in allen Schulen Schulleiter tätig, und die Geschäfte führen sieben
Schulpflegepräsidenten mit ihren Schulpflegern, die vom Volk gewählt werden.
Lauber ist lediglich für die Finanzierung der Schulen zuständig – und auch da
vom Gesamtstadtrat und vom Gemeinderat abhängig. Dies wollte der Vorsteher des
Schul- und Sportdepartements ändern. Die heute neun Schulbehörden, die
nebeneinander auf der gleichen Hierarchiestufe stehen, hätten in einer
zentralen Schulpflege zusammengefasst werden sollen. Lauber wäre in diesem
Gremium mit den sieben Schulpflegepräsidenten präsent gewesen und hätte als
Stadtrat den Vorsitz gehabt.
Lauber scheitert mit Schulreform, NZZ, 22.6. von Corsin Zander
Bloss ein «Reförmchen»
Doch diese Zentralisierung in einer Behörde, welche die
Gesamtverantwortung für die Führung der Stadtzürcher Volksschule übernommen
hätte, ging dem Gemeinderat zu weit. Am Mittwoch strich er eine entsprechende
Weisung in den zentralen Punkten zusammen. Übrig blieb, was die verschiedenen
Parteivertreter wahlweise «Reförmchen» oder «Pseudoreform» nannten: Die
Gemeindeordnung wird sprachlich an das 2015 vom Kanton erlassene neue
Gemeindegesetz angepasst. Und die Schulkommission, die für die Überwachung von
Sonderschulen und weitere gesamtstädtische sonderpädagogische Angebote
zuständig ist, wird abgeschafft. Weil Sonderschüler seit 2005 zunehmend in die
Regelschule integriert werden, ist diese Kommission überflüssig geworden. Der
entsprechenden Änderung der Gemeindeordnung muss nun noch das Zürcher Stimmvolk
zustimmen.
Stark veränderte Schule
Gerold Lauber wollte die Entscheidung des Gemeinderats nicht als
Niederlage verstanden wissen. Er habe den Glauben, dass man die Schulbehörden
in Zürich grundlegend umgestalten könne, schon vor Jahren aufgegeben, sagte er
im Rat. Deshalb sei er zufrieden, wenigstens eine Schulkommission abzuschaffen,
die nur zu Doppelspurigkeiten geführt habe. Das sei zwar nicht «der grosse
Wurf», aber immerhin nicht nichts. Lauber liess es sich dennoch nicht nehmen,
etwas trotzig auf einen Expertenbericht von Ernst & Young und dem Institut
für Erziehungswissenschaften der Universität Zürich aus dem Jahre 2009 zu
verweisen. Dieser Bericht meint warnend, die Parallelstruktur der
Schulpräsidenten und des zuständigen Stadtrats sei ineffizient, und plädiert
für eine Umstrukturierung der Schulbehörden, wie sie Lauber vorgeschlagen
hatte.
So einig sich die Parteien darin waren, die vorgeschlagene
Zentralisierung abzulehnen, so einig sind sie sich darüber, dass die
Schulbehörden reorganisiert werden müssen. Denn die Schule hat sich in den
vergangenen zehn Jahren stark verändert. Der Bereich der Betreuung wurde
ausgebaut, und man ging in Bezug auf Kinder mit besonderen pädagogischen
Bedürfnissen neue Wege. So sollen diese in die Regelklassen integriert statt in
Sonderklassen unterrichtet werden. Um eine grundsätzliche Reorganisation wird
sich nun Laubers Nachfolger kümmern müssen. Der CVP-Politiker tritt bei den
Stadtratswahlen 2018 nicht mehr an.
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