Ein Komitee sammelt Unterschriften für die Anpassung des Schulgesetzes. Damit wird auch eine Hintertür für eine Volksabstimmung über den Lehrplan 21 geöffnet.
Komitee will Bildungsrat entmachten, Zuger Zeitung, 25.5. von Samantha Taylor
Dass sich
gegen den Lehrplan 21 Widerstand regt, ist seit einiger Zeit bekannt. So
formierte sich im September ein Komitee, das sich gegen eine allfällige
Umstellung auf den Lehrplan 21 wehren will. Unter dem Titel «Gute Schule Zug»
haben sich rund 12 Personen zusammengefunden, um «die Einführung des
sozialromantischen, realitätsfernen Bildungsexperimentes Lehrplan 21 auch im
Kanton Zug nachhaltig zu verhindern», heisst es auf der Homepage. Geleitet wird
das Komitee von Willi Vollenweider. Der Zuger sitzt für die SVP im Grossen
Gemeinderat der Stadt Zug und als Fraktionsloser im Kantonsrat. Das Komitee
will nun Nägel mit Köpfen machen. Mit dem Titel «Ja zu guten Schulen Zug –
Lehrplan 21 vors Volk» lanciert es eine Volksinitiative. «Alles ist
vorbereitet, und wir werden wohl in rund zwei Wochen mit dem Sammeln von
Unterschriften beginnen», sagt Willi Vollenweider.
Kantonsrat
soll entscheiden
Das Ziel
der Volksinitiative ist in erster Linie nicht – anders als es der Titel
verspricht –, eine Abstimmung über den Lehrplan 21 zu erreichen, sondern das
Komitee will das Bildungsgesetz anpassen. Dies dahingehend, dass die Gestaltung
von Lehrplänen «grundsätzlich demokratisiert» werde, wie Vollenweider ausführt.
Der Kernpunkt der Initiative liegt denn auch in zwei Ergänzungen zum heutigen
Gesetz. So verlangt das Komitee, dass «der Regierungsrat oder eine von ihm
beauftragte Kommission die Lehrpläne und Stundentafeln erstellt». Diese seien
dann jeweils vom Kantonsrat zu genehmigen und unterstehen dem fakultativen
Referendum. Ausserdem sollen Struktur- und Modelländerungen im Schulsystem
ebenfalls vom Kantonsrat genehmigt werden, womit auch sie dem fakultativen
Referendum unterliegen.
Gemäss
heutigem Gesetz gestaltet und bestimmt der Bildungsrat über Lehrpläne und
Stundentafeln. Das Gremium besteht aus sieben Mitgliedern, die vom
Regierungsrat für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt werden. Der
Bildungsdirektor ist von Amtes wegen Präsident des Bildungsrates.
«Hinter verschlossenen
Türen»
«Die
Entscheidungen des Bildungsrates sind heute nicht anfechtbar. Der
Entscheidungsprozess läuft hinter verschlossenen Türen ab», kritisiert Willi
Vollenweider und ergänzt: «Der Bildungsrat agiert in der Dunkelkammer.» Aus
diesem Grund wolle man den Kantonsrat mit den Entscheidungskompetenzen
ausstatten. Das würde auch in anderen Kantonen so angestrebt. Mit dieser
Kompetenzverschiebung würde das allgemeine Mitspracherecht bei Anpassungen in
der Bildung erhöht. «Vor allem entsteht so die Möglichkeit, das Volk vermehrt
einzubinden. Denn gegen einen Kantonsratsbeschluss kann das fakultative oder
das Behördenreferendum ergriffen werden», führt Vollenweider weiter aus.
Änderung
rückwirkend
Genau
darauf will das Komitee hinaus. Mit der Initiative soll nämlich der Weg für
eine Volksabstimmung über den Lehrplan 21 bereitet werden. Das Komitee will die
Gesetzesänderung rückwirkend auf den 1. Januar 2015 einführen. Kommt die
Initiative zu Stande und wird sie vom Volk angenommen, dann müsste voraussichtlich
der Kantonsrat über den Lehrplan 21 befinden beziehungsweise diesen
überarbeiten. «Je nachdem, was dabei herauskommt, könnte dann das Referendum
ergriffen werden», so Vollenweider.
Neben der
Kompetenzenverlagerung wollen die Initianten auch die Kantonshoheit stärken,
wie sie ausführen. So soll im Schulgesetz neu festgehalten werden, dass die
Jahrgangsziele aufeinander abzustimmen seien und nach Möglichkeit interkantonal
koordiniert werden sollen. Interkantonale Vereinbarungen seien jedoch auch vom
Kantonsrat zu genehmigen. «Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine
interkantonale Harmonisierung. Aber wir wollen nicht, dass uns von Bern aus die
Lehrpläne diktiert werden. Die Bildungshoheit muss im Kanton verbleiben», so
Vollenweider.
«Wenig
sinnvoll»
Das
Vorhaben des Komitees ruft bereits Kritiker auf den Plan. So stellt sich etwa
die Schulpräsidenten-Konferenz des Kantons Zug (SPKZ) gegen die Initiative. Vor
allem die Kompetenzverschiebung vom Bildungsrat zum Regierungs- und Kantonsrat
erachtet die SPKZ als wenig sinnvoll, wie er in einem Papier festhält. Die
Erstellung von Lehrplänen sei eine komplexe Arbeit, welche von Fachpersonen
sorgfältig und breit abgestützt ausgeführt werden müsse. «Eine politische
Behörde mit der Erarbeitung eines anspruchsvollen Fachdokuments zu beauftragen,
würde die Zuständigkeiten auf den Kopf stellen. Es wäre vergleichbar mit dem
Auftrag an den Regierungsrat, ein Reglement für die Erstellung einer
Betonmischung für die optimale Statik von Autobahnbrücken zu erstellen und
dieses dann durch den Kantonsrat genehmigen zu lassen», führt die SPKZ weiter
aus. Sollte es so weit kommen, dass der Kanton durch die Absetzung des
Lehrplans 21 einen eigenen kantonalen Lehrplan erarbeiten müsste, würde das
zudem zu hohen Kosten führen. Die SPKZ geht von zweistelligen Millionenbeträgen
aus. Bezüglich der Modell- und Strukturänderungen, über die neu auch der
Kantonsrat befinden soll, bringt die SPKZ an, dass diese Forderung obsolet sei,
da das Parlament schon heute über das Schulgesetz entscheide. Darin würden die
Strukturen und Modelle festgelegt.
Bildungsdirektor
Stephan Schleiss sieht der Initiative gelassen entgegen. «Sie wird die
Gelegenheit bieten, den Lehrplan 21 im Kanton zu diskutieren. Eine gute Debatte
ist ein wichtiger Beitrag zu einer guten Lösung, besonders im Schulwesen», so
Schleiss. Der Bildungsdirektor betont zudem, dass der Regierungsrat zum
Lehrplan 21 «Ja, aber» gesagt habe. Schleiss: «Eigenheiten müssen möglich
bleiben. Die geplante Einführung auf das Schuljahr 2019/20 ermöglicht ein
behutsames Vorgehen unter Einbezug der Erfahrungen anderer Kantone.»
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