Buben und Mädchen wieder trennen? Bild: Steffen Schmidt
Mädchen und Buben sollen getrennt büffeln, 20 Minuten, 16.4. von Bettina Zanni
Geht es nach Peter Labudde, drücken Mädchen und Jungen künftig nicht
mehr in allen Fächern gemeinsam die Schulbank. Der Professor für
Naturwissenschaftsdidaktik an der Fachhochschule Nordwestschweiz plädierte im «Tages-Anzeiger»für einen geschlechtergetrennten
Mathematikunterricht am Gymnasium. Dies soll den Schülerinnen und Schülern zu
besseren Mathe-Noten verhelfen. Denn das MINT-Nachwuchsbarometer stellt den
Schweizer Gymnasiasten kein gutes Zeugnis aus. In der Mathematik sind 16 der
Jungen und 20 Prozent der Mädchen ungenügend.
Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands ZLV, findet Labuddes Vorschlag spannend: «Sequenzenweise könnte ich mir ab der Oberstufe einen geschlechtergetrennten Mathematikunterricht vorstellen.» Dass die Mädchen in Mathe öfter ungenügende Noten schreiben als die Knaben, liegt ihrer Ansicht nach nicht an einem fehlenden «Mathi-Gen». «Ich hatte schon Schülerinnen mit Topleistungen», betont die Sekundarlehrerin. Vom getrennten Unterricht könnten beide Geschlechter profitieren.
«Sie haben Angst, sich zu blamieren»
Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands ZLV, findet Labuddes Vorschlag spannend: «Sequenzenweise könnte ich mir ab der Oberstufe einen geschlechtergetrennten Mathematikunterricht vorstellen.» Dass die Mädchen in Mathe öfter ungenügende Noten schreiben als die Knaben, liegt ihrer Ansicht nach nicht an einem fehlenden «Mathi-Gen». «Ich hatte schon Schülerinnen mit Topleistungen», betont die Sekundarlehrerin. Vom getrennten Unterricht könnten beide Geschlechter profitieren.
«Sie haben Angst, sich zu blamieren»
Sie beobachte, dass die Buben in der Stunde häufig dominanter auftreten
als ihre Kolleginnen. «Die Mädchen trauen sich allgemein weniger zu.» An der
Notenbesprechung schätzten sie ihre Leistungen meist tiefer ein als die Buben.
«Auch in der Mathe fehlt ihnen oft der Mut, auf spielerische Weise neue
Lösungswege auszuprobieren.» Im Gegenzug täten sich die Knaben schwerer, im
Deutsch den Zugang zu einem Gedicht zu finden. «Da haben sie Angst, sich zu
blamieren.»
Auch Beat Zemp, Präsident des Schweizer Lehrerverbands, würde ab der
Oberstufe einen phasenweise getrennten Unterricht begrüssen. «Studien zeigen,
dass dies in Algebra und Geometrie Sinn macht», so Zemp. Im algorithmischen
Denken seien die Knaben schneller, während die Mädchen in der Geometrie
vorpreschten. Laut Zemp liesse sich diese Unterrichtsform stundenplan- und
raumtechnisch aber kaum kostenneutral umsetzen.
«Bei Jungs gelten Fehler als kreativ»
Bis in den 60er-Jahren war es in Volksschulen die Regel, dass Mädchen
und Jungen in getrennten Klassenzimmern lernten. In diese Zeit wollen Zemp und
Lätzsch aber auf keinen Fall zurück: «Im gemeinsamen Unterricht lernen die
Schüler viele soziale Kompetenzen», betont Zemp.
Noch bis Anfang der 80-Jahre waren die höheren Töchterschulen in der
Schweiz verbreitet – die Mittelschulen für Mädchen. In einer solchen hat
SP-Nationalrätin und Ingenieurin Martina Munz die Schulbank gedrückt. «Dass ich
mich für ein ETH-Studium entschied, verdanke ich der höheren Töchterschule»,
sagt sie heute. Sie habe sich in den mathematisch-naturwissenschaftlichen
Fächern ohne männliche Konkurrenz gut entfalten können. Sie hält es für
prüfenswert, mathematisch-naturwissenschaftliche Lektionen nach einer Testphase
teilweise geschlechtergetrennt zu erteilen. Die Mädchen würden möglicherweise
durch die Jungen gehemmt, da sie in den Köpfen der Leute nach wie vor als
schwächer gälten. «Macht ein Schüler einen Fehler, wird es als kreativen
Lösungsversuch, bei einer Schülerin hingegen als Schwäche angesehen.»
SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli hingegen hält nichts von der Idee.
«Der getrennte Unterricht mache noch keine Mathe-Hirschen. Das Problem ist der
Lehrplan.» Damit die Schüler in der Mathe besser abschnitten, müsse auf die
naturwissenschaftlichen Fächer mehr Wert gelegt werden. Zu seiner Schulzeit
hätte der Nationalrat dies wohl nicht gesagt. Er verrät: «In der Mathi war ich
nicht wirklich gut.»
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