5. Oktober 2014

Eltern als Aufsichtspersonen

Seit den Sommerferien ist das Schwimmen in einer Baselbieter Gemeinde auch ein bisschen Elternschwimmen. Nicht, dass die Eltern mit ins Becken gehen würden. Aber sie stehen am Rand und schauen zum Rechten.

Eine Broschüre übers Schulschwimmen sorgt für Verwirrung, Bild: Basellandschaftliche Zeitung

Schule schickt Eltern als Aufsichtspersonen ins Schulschwimmen, Basellandschaftliche Zeitung, 4.10. von Benjamin Wieland


Dass Väter oder Mütter Klassen ins Schwimmen begleiten, geht auf einen Aufruf der Allschwiler Primarschulleitung zurück. Neuerdings sei es obligatorisch, dass neben dem Lehrer mindestens eine weitere Person anwesend sei, teilte sie den Eltern in der ersten Schulwoche im August mit. Der Kanton habe dies in einer Broschüre so vorgeschrieben. Vergangene Woche verschickte sie einen weiteren Elternbrief zum Thema.
Nicht bei allen Eltern kam der Aufruf gut an. «Die Schulleitung geht davon aus, dass es genügend Eltern gibt, die über die erforderliche Zeit verfügen, diese zusätzliche Dienstleistungen zu erbringen», heisst es in einem Leserbrief im aktuellen «Allschwiler Wochenblatt». Dies sei ein Trugschluss, fährt der Schreiber fort. Die Gemeinde bereite den Eltern ein schlechtes Gewissen, indem sie drohe: «Ohne Begleitperson kein Schwimmunterricht!».
Eltern fühlten sich erpresst
Daniela Werren, Präsidentin des Allschwiler Schulrats, kann die Aufregung nachvollziehen. «Der erste Elternbrief war wohl etwas unglücklich oder unpräzise formuliert», räumt sie gegenüber der bz ein, aber: «Es gibt selbstverständlich kein Obligatorium, dass Eltern in den Schwimmunterricht mitgehen müssen.» Mit dem zweiten Schreiben von vergangener Woche wollte die Schulleitung die Wogen glätten. Darin heisst es, sie entschuldige sich bei all jenen, die sich «in einer Form erpresst fühlten». Weil die neue Vorschrift derart kurzfristig eingegangen sei, habe man jedoch zu Überbrückungs-Massnahmen greifen müssen, denn man wolle am Schwimmunterricht festhalten. Spätestens per neues Schuljahr, also Mitte 2015, stellt Daniela Werren ein definitives Konzept in Aussicht.
Bemerkenswert ist, dass Allschwil – wie viele andere Gemeinden auch – überhastet auf die sogenannte «Broschüre zur Wassersicherheit» reagiert hat, obwohl die kantonale Bildungsdirektion die darin enthaltenen Empfehlungen als weder neu, noch obligatorisch bezeichnet, wie Roland Plattner, Generalsekretär der Direktion bekräftigt: «Es handelt sich um einen Zusammenzug bestehender Empfehlungen von Fachorganisationen für den Bereich Sicherheit im und am Wasser». Es ist also nach der Auffassung des Kantons begrüssenswert, aber gar nicht zwingend, eine weitere Person beim Schwimmen dabei zu haben. Dem widerspricht die zuständige Allschwiler Gemeinderätin Franziska Pausa (SP): «Wir haben die Umsetzungshilfe Wassersicherheit unserem Rechtsdienst vorgelegt. Er ist zum Schluss gekommen, dass die Schulen Begleitpersonen aufbieten müssen.»
Anders auf die Broschüre reagiert hat Oberwil – nämlich gar nicht. Dort begleitet schon seit Jahren eine von der Gemeinde angestellte Person die jüngeren Primarschüler und die Kindergärten. In den oberen Stufen werde nach anderen Lösungen gesucht, sagt Gemeindeverwalter André Schmassmann: «Etwa indem zwei Lehrer Schwimmlektionen nach Möglichkeit zusammen abhalten.»
Bezahlte Schwimmbegleiter seien auch für Allschwil eine der vielen Optionen, die nun geprüft würden, sagt Pausa. 47 Primarschulklassen zählt die Gemeinde. Somit wäre diese Lösung äusserst kostspielig. An der jüngsten Sitzung des Einwohnerrats wurde ein hoher Betrag herumgereicht. Dort hiess es, eine professionelle Begleitung koste rund 200 000 Franken pro Jahr.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen