5. Oktober 2014

Lehrer suchen Nähe zu Gewerkschaften

Die Schweizer Lehrer wollen eng mit den Gewerkschaften zusammenarbeiten - und sich damit mehr Einfluss in der nationalen Politik sichern.
Quelle: NZZaS, 5.10. von René Donzé


Der Schweizer Lehrerverband (LCH) und seine welsche Partnerorganisation Syndicat des Enseignants Romands (SER) suchen eine engere Zusammenarbeit mit den Gewerkschafts-Dachverbänden Travail Suisse und Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB). Dies steht in der jüngsten Ausgabe des LCH-Magazins «Bildung Schweiz»: «Ziel ist es, Interessen zu bündeln, Synergien zu nutzen und im Rahmen von parlamentarischen Interventionen mehr Gewicht zu haben.»
Das ist für die Lehrer wichtig, weil sich die Kompetenzen in der Bildungspolitik weg von den Kantonen hin zum Bund verschieben. «Das Bundesparlament spielt in Bildungsfragen eine immer wichtigere Rolle», sagt LCH-Präsident Beat Zemp. Dies zeige sich unter anderem in der aktuellen Debatte über den Fremdsprachenunterricht an der Primarschule. Oder in der Hochschulpolitik, wo die Pädagogischen Hochschulen in die nationale Hochschulkonferenz eingebunden wurden.
In Bundesbern sind die Lehrerverbände eher schwach vertreten, weil sie sich bisher vor allem auf die kantonale Ebene und die Erziehungsdirektorenkonferenzen konzentriert hatten. Bei nationalen Gremien und Kommissionen sitzen sie hingegen meist aussen vor, während dort die Gewerkschaften ihre festen Plätze haben. Höchstens punktuell werden die Lehrer zu Anhörungen eingeladen. Auch eine professionelle Lobbyarbeit, wie jene der Gewerkschaften, können sich die Lehrerverbände kaum leisten.
Von einer Zusammenarbeit würden beide Seiten profitieren, sagt Zemp: Die Lehrer erhielten mehr Einfluss in Bern, die Gewerkschaften mehr Know-how in bildungspolitischen Belangen. Auch in arbeitspolitischen Fragen würde eine Bündelung der Kräfte Sinn ergeben.
Dass das Interesse an einer Kooperation durchaus beidseitig ist, bestätigt SGB-Sprecher Thomas Zimmermann: «Wir sind an einer intensiveren Zusammenarbeit mit dem Lehrerverband grundsätzlich interessiert.» Er betont aber, dass diesbezüglich noch keine Beschlüsse gefasst worden seien. Zurückhaltender gibt sich Bruno Weber, der Bildungsverantwortliche bei Travail Suisse. Er bestätigt zwar entsprechende Gespräche mit Lehrervertretern, doch: «Über eine allfällige Zusammenarbeit haben wir noch nicht entschieden.»
Die Pläne sind nicht ganz unproblematisch. Gemäss Statuten sind der LCH und der SER politisch neutral. Sie sehen sich als Berufsverbände und nicht als Gewerkschaften. Ein zu enger Schulterschluss könnte zu internen Problemen führen, zumal das politische Spektrum in der Lehrerschaft breit ist. Darum hat die Präsidentenkonferenz von LCH und SER kürzlich Abstand genommen von der ersten Idee eines gemeinsamen Büros mit einem der beiden Gewerkschaftsverbände - obwohl beide den Lehrern dafür gute Offerten gemacht hatten. Man wollte sich aber nicht zwischen dem dezidiert links politisierenden SGB und dem etwas zur Mitte tendierenden Verband Travail Suisse entscheiden. «Das hätte unsere Basis zerrissen», sagt Zemp.
Nun machen LCH und SER den Gewerkschaften einen neuen Vorschlag: Sie wollen eine «Conférence tripartite» bilden, die sich in regelmässigen Abständen trifft. Dort sollen bildungs- und arbeitspolitische Themen diskutiert und gemeinsame Positionen erarbeitet werden. Im Gegenzug würden die Lehrerverbände politische Anliegen der Gewerkschaften mittragen. SGB und Travail Suisse wollten diesen Vorschlag noch nicht kommentieren, da sie ihn zuerst intern besprechen müssen. Geplant ist auf jeden Fall ein gemeinsamer Auftritt gegen die Ecopop-Initiative.


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