Der Bundesrat hat zwar keine Einschränkungen für die Schulen beschlossen. Mehrere Kantone dehnen aber die Weihnachtsferien aus oder greifen auf Fernunterricht zurück. Der Schaffhauser Regierungsrat hat entschieden, die Schulen in der Weihnachtswoche zu schliessen. Am Freitag, 18. Dezember war der letzte Schultag für den Kindergarten, die Primarschule sowie die Sekundarstufen I und II. Für die ersten zwei Wochen nach den Weihnachtsferien vom 4. bis 15. Januar zieht der Kanton in Erwägung, für alle Schulen Fernunterricht zu verordnen.
Fernunterricht oder Verlängerung der Weihnachtsferien? Lehrerverbände und Erziehungsdirektoren halten wenig von neuen Corona-Einschränkungen für die Schulen, NZZ, 18.12. von Lorenz Honegger
Ebenfalls früher als geplant gehen die Glarner Schüler in die Ferien; sie haben in der Weihnachtswoche schulfrei. Der Nidwaldner Regierungsrat hat beschlossen, die Ferien für die Volksschule (alle Schüller bis und mit 3. Oberstufe) bis Mittwoch, 6. Januar, auszudehnen. Ältere Schüler beginnen den Unterricht regulär, haben in den ersten zwei Januarwochen allerdings Fernunterricht. Im Kanton Zürich ist für Schüler der Sekundarstufe II eine Vertiefungswoche nach den Weihnachtsferien beschlossen worden. Dabei arbeiten sie zu Hause selbständig an Arbeitsaufträgen und werden von ihren Lehrpersonen betreut. Im Thurgau haben einzelne Schulen die Schüler vorsorglich mit Unterrichtsmaterial für einen allfälligen Fernunterricht nach Weihnachten in die Ferien entlassen.
Verantwortung der Schulen
Verantwortliche im Bildungswesen stehen erneuten Schulschliessungen und der Wiedereinführung von Fernunterricht grösstenteils ablehnend gegenüber. Der Vorstand der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) hat am Donnerstag einen Austausch zur derzeitigen Situation durchgeführt. Die Konferenz sei sich einig, dass eine flächendeckende Rückkehr zum Fernunterricht «unter allen Umständen vermieden werden» müsse, sagt ein Sprecher auf Anfrage der NZZ. Die Schulen hätten eine soziale Verantwortung. «Viele Familien befinden sich nach der neuerlichen Ausbreitung des Coronavirus in einer schwierigen Situation. Die Folgen einer Schulschliessung zum jetzigen Zeitpunkt wären auf verschiedenen Ebenen weitreichend.» Der EDK-Vorstand habe keinen Beschluss zu einer möglichen Verlängerung der Weihnachtsferien gefasst. Der Entscheid obliege den einzelnen Kantonen.
Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) beobachtet die
Entwicklung ebenfalls mit Besorgnis. «Wir sind nicht nur glücklich über die
Entscheide», sagt Dagmar Rösler, Präsidentin des LCH, auf Anfrage der NZZ.
Viele Kinder hätten während der Schulschliessungen im Frühling gelitten. Es sei
zwar nachvollziehbar, dass aufgrund der hohen Fallzahlen in den Schulen
reagiert werden müsse. Doch gerade für jüngere Kinder werde die Situation bei
einem erneuten Verbot des Präsenzunterrichts sehr schwierig sein. Solche
Massnahmen stellten auch berufstätige Eltern vor grosse Probleme.
Zusatzbelastung für Eltern
Aus demselben Grund sei auch der Fernunterricht für Primarschüler nur
als absolute Notlösung vorstellbar, sagt Rösler. Kinder in diesem Alter seien
auf eine enge Betreuung angewiesen und verfügten in vielen Fällen auch nicht
über das notwendige Equipment. Etliche Gemeinden hätten zwar in den vergangenen
Monaten Gelder für den Kauf zusätzlicher Geräte bewilligt, doch die Anschaffung
werde noch einige Zeit dauern. «Je jünger die Schüler sind, desto weniger
selbstverständlich ist es, dass die Schulen ihnen einen Laptop mit nach Hause
geben können.»
Auch für die Lehrer sei die altersgerechte Betreuung ihrer Klassen über
digitale Kanäle nur sehr schwer möglich. Das habe schon in der ersten
Pandemiewelle im Frühling vonseiten der Eltern für Kritik gesorgt. «Wir
befürchten, dass dieses Verständnis bei einem erneuten Verbot des
Präsenzunterrichts auf eine harte Probe gestellt wird.»
Klar gegen erneute Schulschliessungen spricht sich der Verein
Schweizerischer Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer aus. Eine Verlängerung
der Weihnachtsferien in einem Schuljahr, in welchem bereits jetzt das Lernen
erschwert sei, ergebe wenig Sinn, sagt der Präsident Lucius Hartmann. Der
Präsenzunterricht sei auch auf Sekundarstufe II (an Gymnasien und Fachmittelschulen)
«wenn immer möglich» beizubehalten, solange es die epidemiologische Lage
ermögliche und die Gesundheit aller Betroffenen mit geeigneten Massnahmen
geschützt werden könne. Sobald dies nicht mehr möglich sei, werde ein Wechsel
zum Fernunterricht natürlich unabdingbar, sagt Hartmann. Damit das
funktioniere, müsse dieser mit verbindlichen Vorgaben an die Schüler –
beispielsweise zur Erreichbarkeit – verknüpft werden. «Es darf nicht der
Eindruck einer Ferienverlängerung auftreten», sagt Hartmann. Während im Kanton
Zürich die notwendigen Vorarbeiten durch die Lehrpersonen dank der frühzeitigen
Kommunikation möglich gewesen ist, dürfte dies in anderen Kantonen zum
gegenwärtigen Zeitpunkt schwierig werden.
Das sind die Massnahmen der Kantone im Überblick
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Der Schaffhauser Regierungsrat hat entschieden, die Schulen in
der Weihnachtswoche zu schliessen. Am Freitag (18. Dezember) ist der letzte
Schultag für den Kindergarten, die Primarschule sowie die Sekundarstufen I und
II. Für die ersten zwei Wochen nach den Weihnachtsferien (4. bis 15. Januar)
zieht der Kanton in Erwägung, für alle Schulen Fernunterricht zu verordnen.
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Ebenfalls früher als geplant gehen die Glarner Schüler in die
Ferien; sie haben in der Weihnachtswoche schulfrei.
· Der Nidwaldner Regierungsrat hat beschlossen, die Ferien für
die Volksschule (alle Schüller bis und mit 3. Oberstufe) bis Mittwoch,
6. Januar, auszudehnen. Ältere Schüler beginnen den Unterricht regulär, haben
in den ersten zwei Januarwochen allerdings Fernunterricht.
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Im Kanton Zürich ist für Schüler der Sekundarstufe II eine
Vertiefungswoche nach den Weihnachtsferien beschlossen worden. Dabei
arbeiten sie zu Hause selbständig an Arbeitsaufträgen und werden von ihren
Lehrpersonen betreut.
Schön zu lesen, wie die EDK ausgerechnet jetzt die soziale Verantwortung der Schulen erkennen. In Deutschland ist man sich beispielsweise einig, dass die Schulen geschlossen gehören. Die Ratlosigkeit in der Schweiz muss gross sein, wenn man sich nicht auf eine gemeinsame Linie einigen kann.
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