2011 hat der Baselland den Beitritt zum SonderpädagogikKonkordat
beschlossen. Seither tun sich Regierung und Parlament schwer damit, die
Spezielle Förderung und die Sonderschulung gesetzlich zu regeln. Zuletzt
scheiterte 2014 der damalige Bildungsdirektor Urs Wüthrich mit dem Versuch,
Strukturen zu schaffen, die den Schülerinnen und Schülern mit besonderem
Bildungsbedarf gerecht werden. Weitere sechs Jahre später befindet sich nun das
Projekt von Wüthrichs Nachfolgerin Monica Gschwind auf der Zielgeraden.
Gschwind wird am Donnerstag im Parlament damit nicht scheitern, denn die
Bildungs, Kultur und Sportkommission hat sich nach monatelangen Beratungen zu
einem Kompromiss durchgerungen, der einstimmig verabschiedet wurde. Verlierer
gibt es aber noch immer: Nur in einzelnen Punkten hat die Kommission die Anliegen
einer Petition aus Kreisen der Privatschulen berücksichtigt. Die kantonalen und
kommunalen Behörden verfolgen das Ziel, immer weniger Schülerinnen und Schüler mit
besonderen Bedürfnissen den Privatschulen anzuvertrauen. Vom einstigen
Kontingent von 150 Plätzen in Privatschulen sind noch 30 übrig geblieben.
Die Privatschulen sind die Verlierer, Basler Zeitung, 13.5. von Thomas Dähler
Mit einer Petition
Die Unterzeichner wollen mit ihrer Petition Kindern oder
Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen den Besuch einer Privatschule ermöglichen,
in der sie ohne den Sonderschülerstatus ihren Fähigkeiten entsprechend
integriert beschult werden können. Diese spezielle Gruppe von sensiblen Kindern
solle nicht weiter in Sonderschulen abgeschoben werden, die ihrem
Bildungspotenzial nicht gerecht würden. Im Landrat allerdings dürften sie nicht
mehr Gehör finden als zuvor in der Kommission. Bernhard Bonjour von der Schule
für offenes Lernen (SOL) in Liestal sagt auf Nachfrage der BaZ, heute würden
Kindern, die sensibel seien und den Wettbewerb nicht ertragen, erst nach
mehreren Fehlversuchen und oft auch erst nach traumatischen Erfahrungen eine adäquate
Lösung angeboten. Problematisch sei bei vielen Schulentscheiden, dass der
Schulpsychologische Dienst in seinen Empfehlungen nicht unabhängig sei und
entsprechend auch nicht nach ausschliesslich fachlichen Kriterien entscheide.
«Dabei ist eine Lösung mit einer Zuweisung in eine Privatschule nicht teurer».
Bonjour bedauert, dass die Landratskommission den Petitionären nur teilweise entgegengekommen
ist. Immerhin habe sich die Kommission durchgerungen, die Spezielle Förderung
nicht mehr länger ausschliesslich auf die Sekundarschulen zu beschränken. Doch trotz
der Ausweitung auf die Primarschulen plane die Landratskommission unverändert
mit einem Kontingent von nur 30 Schülern für die Privatschulen. Auch weiterhin
müssten die Kinder und Jugendlichen zuerst lange in einer oder mehreren
versuchsweise zugeteilten Regelschulen leiden, oft gar psychosomatische Krankheiten
durchstehen, bis sie Gehör fänden und die Chance erhielten, mit dem Segen der
Behörden in eine Privatschule zu wechseln. Vorbehalten sei dies heute begüterten
Familien, die das Schulgeld selber bezahlten, kritisieren Bonjour und die
Unterzeichner der Petition.
Kosten werden stabilisiert
Mit der jetzt vorliegenden Revisionsvorlage wird vor allem
die Ressourcierung der Sonderpädagogik im Bildungsgesetz verankert. Damit
sollen auch die Kosten der speziellen Förderung und der Sonderschulung
stabilisiert werden. Vorgesehen ist, dass die Mittel nicht primär in die individuelle
Förderung, sondern vor allem in die Unterstützung von ganzen Klassen fliessen.
Die Schulen erhalten Lektionenpools zugewiesen. Diese werden aufgeteilt in
einen Pool für sprachliche Förderangebote gemäss der Anzahl Fremdsprachiger
sowie in einen Pool für Spezielle Förderung. In beiden Fällen können die
Schulen selber entscheiden, in welchem Ausmass sie die Mittel für separative oder
für integrative Massnahmen verwenden. Alle fünf Jahre soll die Ressourcierung
überprüft und je nach Bedarf angepasst werden. Wenn nötig können auch zusätzliche
Ressourcen beansprucht werden – etwa wenn sowohl integrative als auch
separative Massnahmen dies erfordern. Unverändert bleibt die Zuständigkeit: Für
die spezielle Förderung auf der Primarschulstufe sind die Gemeinden zuständig,
für die Sekundarstufe der Kanton. Für die Sonderschulung ist in jedem Fall der Kanton
zuständig. Dies führt zu einem Zielkonflikt. Den Gemeinden wird der Anreiz
genommen, Kinder mit besonderen Bedürfnissen einer Privatschule zuzuweisen,
weil damit die Finanzierung nicht an den Kanton abgetreten werden könnte.
Entscheidende Bedeutung kommt diesem Umstand theoretisch nicht zu, denn für
Abklärungs und Diagnoseaufgaben tragen weiterhin Fachpersonen die Verantwortung.
Die Schulleitungen entscheiden nur über die Umsetzung der Speziellen Förderung.
In jedem Fall angehört werden müssen die Eltern.
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