Die
Ergebnisse sind alarmierend: Kinder schreiben zu langsam, unleserlich und haben
viel zu oft Krämpfe. Zu diesem Schluss kommt eine Befragung aus Deutschland
unter 2000 Lehrern. Das Schreiben per Hand komme in den Klassen schlicht zu
kurz, heisst es darin. Die Entwicklung beunruhigt auch hiesige Pädagogen.
«Schülerinnen und Schüler können heute tatsächlich nicht mehr so lange am Stück
schreiben wie noch vor zehn Jahren», sagt Beat Zemp, Präsident des Schweizer
Lehrerverbandes.
Zu viele Mails und SMS: Schüler verlernen die Handschrift, Südostschweiz am Wochenende, 13.4. von Yannick Nock
Dabei hilft die Handschrift beim Lernen. Sie fördert die
Rechtschreibung, das Verständnis und die Lernleistung. Das gilt nicht nur für
Kinder und Jugendliche. Studenten, die ihre Notizen per Hand festhalten,
schneiden in der Regel besser ab als jene, die alles in einen Laptop eintippen.
Der Grund: Die Handschrift hat grossen Einfluss auf das Gedächtnis. Das
Schreiben hält das Gelernte motorisch fest. So lassen sich die Informationen
später besser abrufen. Lehrer in Deutschland wie in der Schweiz warnen deshalb:
«Wir brauchen wieder mehr Zeit, um den Kindern das Schreiben beizubringen.»
Befeuert wird der Schreibmangel durch die technische Entwicklung. Das gilt
besonders in den höheren Schulklassen. Ab der Sekundarstufe wechseln Schüler zu
anderen Methoden. Tastatur, Computer und Mails werden wichtiger, die
Handschrift tritt in den Hintergrund. Zudem beeinflusst das Smartphone das
Freizeitverhalten. Kurznachrichten sind prägend, von Hand Geschriebenes
verschwindet aus dem Alltag. Und die Entwicklung dürfte sich verstärken:
Finnland, Musterschüler der Pisa-Studie und Vorreiter in vielen Bildungsfragen,
setzt künftig auf die Tastatur. «Das ist zwar eine grosse kulturelle Neuerung,
aber im täglichen Leben wird der Umgang mit der Tastatur immer wichtiger», sagt
die finnische Bildungsministerin.
Mehr basteln, malen und kochen
Die Folgen
sind schon heute zu sehen. Wie eine Umfrage in England zeigt, hat jede dritte
Person seit einem halben Jahr keinen längeren Text als eine Einkaufsliste von
Hand geschrieben. «Viele Eltern sind diesbezüglich leider keine Vorbilder für
ihre Kinder», sagt Lehrerpräsident Zemp. Hiesige Schüler haben allerdings einen
Vorteil: Seit 2014 empfehlen die Deutschschweizer Kantone–anders als
beispielsweise in Deutschland – die kinderfreundlichere Basisschrift. Sie ist
klarer, effizienter und kommt, im Gegensatz zur «Schnürlischrift», ganz ohne
Schnörkel aus. Schweizer Schüler schreiben somit meist leserlich. Trotzdem
kämen manche motorischen Fähigkeiten noch immer zu kurz, sagt Zemp. Nicht nur
das Schreiben. Kinder sollten wieder mehr basteln, malen und kochen. «Zu Hause
und in der Schule müssen wir diese Tätigkeiten stärken», sagt er, sie seien
wichtig für die Entwicklung.
Wieder mal der janusköpfige Beat Zemp.
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