Weil ihr hochbegabtes Kind, nachdem es eine Klasse
übersprungen hat, in der Schule gemobbt wird, wollen es die Eltern selbst
unterrichten. Doch das ist in Basel nur mit entsprechender Bewilligung möglich
– und eine solche wurde den Eltern verwehrt.
Homeschooling nur möglich mit Bewilligung - Basler Eltern gehen bis vor Bundesgericht, BZ Basel, 13.4. von Samuel Hufschmid
Ein hochbegabter Primarschüler wird von seinen
Klassenkameraden gemobbt und von den Lehrerinnen und Lehrern nicht genügend
gefördert, behaupten seine Eltern. Deshalb wollen sie den Drittklässler, der
schon eine Klasse übersprungen hat, zu Hause unterrichten. Sie argumentieren,
dass der Sohn auch ohne Klassenkameraden «gesellschaftlich genügend integriert»
sei, weil er an zwei Nachmittagen ein Tagesheim inklusive Mittagessen besuche,
dazu einen Kinderchor, einen Eislauf-, einen Akrobatikkurs und einen
Kletterkurs, Geigenunterricht sowie eine Jungschargruppe.
So steht es im Urteil des Basler
Appellationsgerichts, an dem der Fall vergangenen Herbst verhandelt worden ist.
Die Richter stützten dabei den Entscheid des Erziehungsdepartements. Nun ziehen
die Eltern das Urteil weiter ans Bundesgericht.
Weil das Verfahren noch hängig ist, sagt das
Erziehungsdepartement nichts zum konkreten Fall. Grundsätzlich aber wird in
Basel-Stadt von allen Kindern verlangt, dass sie an einer Schule unterrichtet
werden. Privatunterricht wird nur dann bewilligt, wenn nachweisbar «besondere
Gründe vorliegen, dass ein Unterrichtsbesuch nicht möglich ist.» So steht es im
Schulgesetz. Volksschulleiter Dieter Baur begründet: «In einer Schule erleben
die Kinder einen wertvollen Austausch mit Gleichaltrigen. Schule besteht nicht
nur aus Lernen und Hausaufgaben, sondern sie ist auch ein soziales Konstrukt.»
Mit den Eltern des betroffenen Kindes konnte die
«Schweiz am Wochenende» nicht sprechen, ihre Identität wird geschützt. Dafür
gibt Pia Amacher vom Verein Elternlobby Schweiz Auskunft. «Ich kenne auch einen
Fall eines hochbegabten Kindes, das zwei Klassen übersprungen hat und danach
extrem gemobbt worden ist. So lange, bis die Eltern gehandelt haben und es an
eine Privatschule wechseln konnte.» Es sei aber unfair, wenn nur jene Eltern
ihre Kinder schützen könnten, die genügend Geld hätten für eine Privatschule.
«Deshalb setzen wir uns für Homeschooling und für
die freie Schulwahl ein», sagt sie. In Basel sei der Handlungsbedarf noch
grösser als anderswo. «In Bezug auf Homeschooling ist Basel extrem restriktiv,
weil sogar Bussen ausgesprochen werden. Das führt allerdings höchstens dazu,
dass die Eltern abwandern, etwa in den Kanton Aargau oder ins Elsass.»
Familie bezahlt konsequent Bussen
Tatsächlich sieht das Basler Schulgesetz
Ordnungsbussen von 1000 Franken pro Kind, Schuljahr und Erziehungsberechtigten
vor. Diese werden auch verhängt, wie die «Tageswoche» vergangenes Jahr schrieb.
So zahle eine Basler Familie seit Jahren 4000 Franken Bussgeld an den Kanton,
damit sie ihre zwei Kinder zu Hause unterrichten könne. Eine andere Familie,
über die «Telebasel» berichtete, ist ins Elsass gezogen, wo «Homeschooling» und
das noch freiere «Unschooling», bei dem nicht einmal einem Lehrplan befolgt
wird, ohne grosse Auflagen möglich sind.
Im Baselbiet ist Homeschooling zwar auch
bewilligungspflichtig, allerdings ist die Praxis liberaler als im Stadtkanton.
«Wenn die verantwortliche Lehrperson – sei es nun ein Elternteil oder ein
Privatlehrer – über die nötige Ausbildung verfügt und die gesetzlichen Auflagen
erfüllt werden, dann bewilligen wir Homeschooling», sagt die zuständige
Sprecherin. Allerdings seien die Fallzahlen gering, aktuell werde im Baselbiet
nur ein einziges Kind zu Hause unterrichtet. In Basel-Stadt sind es jeweils
rund fünf Anfragen, höchstens jede zehnte wird bewilligt.
Diese tiefen Zahlen widersprechen dem schweizweiten
Trend. Gemäss «Tages Anzeiger» gehen im ganzen Land rund 2000 Kinder nicht in
die Schule. Am weitesten verbreitet ist Homeschooling in der Romandie, gefolgt von
den Kantonen Bern, Aargau und Zürich.
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