Der Landrat will das Fremdsprachenprojekt
Passepartout beenden. Überraschend und deutlich hat er letzten Donnerstag die
nichtformulierte Initiative der Starken Schule Baselland angenommen. Damit ist
die ursprünglich für nächsten Juni geplante Volksabstimmung nicht mehr nötig:
Der Landrat wird den Ausstieg jetzt zuerst gesetzlich verankern müssen.
Ein Signal über den Kanton hinaus, Basler Zeitung, 13.2. von Thomas Dähler
Baselland steigt aus Passepartout aus, 13.2. SRF Regional
Baselland steigt aus Passepartout aus, 13.2. SRF Regional
Vereinbart
haben das Projekt Passepartout die sechs Kantone Basel-Stadt, Baselland, Bern,
Solothurn, Freiburg und Wallis. Es ist die Grundlage für den
Fremdsprachenunterricht in der Reihenfolge Französisch vor Englisch mit der
umstrittenen Mehrsprachendidaktik. Die Kritik vor allem am
Französisch-Lehrmittel «Mille feuilles» ist dabei seit Einführung immer lauter
geworden.
Überraschend
ist die Zustimmung zur Initiative im Baselbieter Landrat, weil zuvor nichts
darauf hingedeutet hat. Der Regierungsrat lehnte die Initiative ab. Die
Bildungs-, Kultur- und Sportkommission empfahl mit acht zu zwei Stimmen, die
Initiative mit einer Nein-Parole dem Volk vorzulegen. Und noch 2017 hatte der
Landrat eine ähnlich lautende Motion abgelehnt.
Diesmal
nützte das Votum der freisinnigen Bildungsdirektorin Monica Gschwind nichts
mehr. Gschwind steht dem Projekt Passepartout zwar kritisch gegenüber. Sie plädierte
jedoch dafür, die Resultate der Untersuchungen nach Schulabschluss des ersten
Jahrgangs mit der neuen Didaktik abzuwarten. Es sei falsch, das Projekt bereits
zum jetzigen Zeitpunkt abzubrechen, argumentierte sie – diesmal vergeblich.
Vereitelt
wird mit dem Landratsentscheid die für Juni vorgesehene Doppelabstimmung.
Stattdessen kommt nur noch die Initiative «Eine Fremdsprache auf der
Primarschule genügt» vors Volk. Diese dürfte in Anbetracht der Popularität des
bedrohten Englisch-Unterrichts chancenlos sein – wenn die Initiative nicht
schon vorher zurückgezogen wird.
Formell
läuft die Vereinbarung der sechs Kantone zum Projekt Passepartout im Sommer
dieses Jahres aus. Doch der Parlamentsentscheid im Kanton Baselland setzt ein
Signal über die Kantonsgrenzen hinaus: So wie bisher gehts nicht mehr weiter.
Die Baselbieter Bildungsdirektorin wird gegenüber ihren Amtskollegen in den
fünf anderen Passepartout-Kantonen nicht mehr dazu legitimiert sein, weitere
finanzielle Mittel in die Mehrsprachendidaktik und in die Ausbildung der
Lehrkräfte für den Unterricht mit den umstrittenen Lehrmitteln zu investieren.
Immerhin hat der Kanton Baselland bis heute rund 12,5 Millionen Franken für das
Projekt in den Sand gesetzt. Die Botschaft an die fünf anderen Kantone lautet:
lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Baselland
hatte bereits vor dem Start des Projekts Passepartout erst im zweiten Anlauf
die Variante Frühfranzösisch vor Frühenglisch beschlossen. In Anbetracht seiner
geografischen Lage dürften die fünf anderen Kantone deshalb daran interessiert
sein, Baselland mindestens bei der Reihenfolge der Fremdsprachen bei der Stange
zu halten – schon im benachbarten Aargau ist die Reihenfolge umgekehrt. Es wäre
deshalb möglich, dass noch weitere Kantone der Passepartout-Didaktik der
Mehrsprachigkeit ein Ende setzen. Nicht nur im Baselbiet unterrichten bereits
heute viele Lehrkräfte nicht mehr stur mit den Französisch-Lehrmitteln «Mille
feuilles» und «Clin d’œil». Im Unterricht setzen sie längst entweder ergänzende
Lehrmittel ein oder arbeiten unerlaubterweise ausschliesslich mit eigenen
Materialien.
Diese
Praxis dürfte denn auch die Perspektive für die Umsetzung der nichtformulierten
Initiative im Baselbiet sein. Ähnlich wie bei früheren solchen Initiativen
werden sich Regierung und Landrat nicht stur an den exakten Wortlaut halten –
und etwa das darin enthaltene explizite Bücherverbot nicht festschreiben.
Wahrscheinlicher ist stattdessen die gesetzliche Verankerung einer
Lehrmittelfreiheit für die Lehrkräfte, welche die Frühfremdsprachen
unterrichten. Dies könnte im Parlament, in den Schulen und beim Volk auf breite
Akzeptanz stossen.
Wenig
sinnvoll ist jetzt auch die bereits eingeleitete Aufbesserung von «Mille
feuilles». Besser investiert wären diese Mittel in die Adaption von
Lehrmitteln, die andernorts in der Deutschschweiz verwendet werden. Aus dem
Debakel mit «Mille feuilles» müsste man allerdings lernen und nicht nochmals
ganze Generationen zum Versuchskaninchen machen. In mehreren Deutschschweizer
Kantonen etwa wird zurzeit das neue Lehrmittel «dis donc!» in einzelnen Klassen
ausprobiert – und schrittweise eingeführt, wenn die Probeläufe erfolgreich
sind.
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