5. Oktober 2017

LEGR wirft Anti-Lehrplan-Komitee VPM-Nähe vor

Jöri Schwärzel, Leiter der Geschäftsstelle des Verbands der Bündner Lehrpersonen (Legr), spricht Klartext: «Das Komitee ‘Gute Schule Graubünden’ stützt sich in seiner Argumentation massgeblich auf diejenigen der Komitees anderer Kantone. Diese Argumente stammen zum Teil aus der Küche des ehemaligen Vereins zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis (VPM).»
Steckt Psychosekte hinter dem Initiativekomitee? Südostschweiz, 4.10. von Madleina Barandun


Im Dossier, das den Lehrern vor der Delegiertenversammlung vom letzten Mittwoch zugesandt wurde, reagiert der Legr auf Argumente des Initiativkomitees. Dort wird denn auch der VPM, ein in den Neunzigerjahren aktiver und umstrittener Verein, der sich im Jahr 2002 aufgelöst hatte (siehe Kasten), wörtlich aufgeführt. Die Initianten fassten dies als Vorverurteilung auf. Deshalb sagten sie den geplanten Auftritt an der Delegiertenversammlung ab.

Höchstens entfernte Beziehungen
Im umstrittenen Info-Dossier des Legr steht: «Die Verteufelung des Konstruktivismus ist schon lange ein zentraler Wert der ehemaligen Sekte ‘Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis (VPM)’.» Zudem wird an einer weiteren Stelle auf den VPM-Hintergrund von vielen Initiativkomitees der Lehrplan-Gegner in anderen Kantonen hingewiesen.

Beides bestätigt Georg Schmid, Religionsexperte und Leiter der evangelischen Informationsstelle Relinfo: «Bei VPM-nahen Projekten stellen ehemalige VPM-Mitglieder typischerweise die Mehrheit des Komitees. Das ist hier nicht der Fall.» So könne er höchstens entfernte Beziehungen der Mitglieder zu der ehemaligen Gruppierung ausmachen. Er rät daher im Fall des Bündner Komitees vor einer Vorverurteilung ab. Die Verbindungen der Initianten zum VPM sind folgende: Zwei Personen haben in den Achtzigerjahren Weiterbildungskurse des VPM besucht. Eine davon ist verbunden mit einem ehemaligen VPM-Mitglied. Zudem besteht eine Verbindung mit der von ehemaligen VPM-Mitgliedern der Sekte herausgegebenen Publikation «Zeit-Fragen».

Schreckgespenst OECD
Schmid führt weiter aus: «Nun stellen sich verschiedene Fragen: Inwiefern kommen diese Verbindungen auch inhaltlich – in den Zielen des Komitees – zum Tragen? Sind die Einflüsse des VPM wirklich die treibende Kraft hinter dem Komitee? Meiner Meinung nach liegt der Hintergrund eher im wertkonservativen Milieu.» Wie äussert sich die Wertvorstellung ehemaliger VPM-Mitglieder denn? «Der damalige VPM vertrat in Bildungsfragen eine ausgesprochen konservative Haltung und war pädagogischen Neuerungen gegenüber sehr kritisch.»

Schwärzel selbst stört sich an den Schreckgespenstern, die vom Initiativkomitee hervorgeholt werden. Er vermutet, dass ein Grossteil der Unterstützer nicht weiss, «mit wem sie da ins Bett steigen». Ihn mute es schon fast verschwörungstheoretisch an, wenn die gesamte Bildungslandschaft von der OECD unterwandert sein soll (siehe Leserbrief auf Seite 12). «Der Legr bemüht sich um Sachlichkeit. Wir werden die VPM-Geschichte im Abstimmungskampf nicht ins Feld führen», so Schwärzel. Seiner Meinung nach könnte das Initiativkomitee mit sachlicheren Argumenten durchaus bei vielen mit dem Lehrplan 21 unzufriedenen Lehrern punkten.

Aufgewärmte Geschichte
Elisabeth Calganini, Mitinitiantin des Komitees «Gute Schule Graubünden», nimmt folgendermassen Stellung zu den Vorwürfen, dass man sich beim Schreiben des Argumentariums in der VPM-Küche bedient habe: «Der Lehrerverband wärmt hier eine alte Geschichte auf. Nichtsdestotrotz wollen wir uns weiterhin mit der Sache befassen und uns nicht mit Vorwürfen herumschlagen, die nichts mit den Initiativen zu tun haben.»

Wie sie weiter meint, ist es selbstverständlich, dass in einer solchen Angelegenheit Mitglieder der verschiedenen Komitees im Austausch stünden. Hauptsächlich orientiere man sich aber an Fachpersonen wie beispielsweise Diane Ravitch. Die demokratische US-Bildungshistorikerin spricht sich gegen das Kompetenzmodell aus.

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