Jöri Schwärzel, Leiter der
Geschäftsstelle des Verbands der Bündner Lehrpersonen (Legr), spricht Klartext:
«Das Komitee ‘Gute Schule Graubünden’ stützt sich in seiner Argumentation
massgeblich auf diejenigen der Komitees anderer Kantone. Diese Argumente
stammen zum Teil aus der Küche des ehemaligen Vereins zur Förderung der
psychologischen Menschenkenntnis (VPM).»
Steckt Psychosekte hinter dem Initiativekomitee? Südostschweiz, 4.10. von Madleina Barandun
Im Dossier, das den Lehrern vor der
Delegiertenversammlung vom letzten Mittwoch zugesandt wurde, reagiert der Legr
auf Argumente des Initiativkomitees. Dort wird denn auch der VPM, ein in den
Neunzigerjahren aktiver und umstrittener Verein, der sich im Jahr 2002 aufgelöst
hatte (siehe Kasten), wörtlich aufgeführt. Die Initianten fassten dies als
Vorverurteilung auf. Deshalb sagten sie den geplanten Auftritt an der
Delegiertenversammlung ab.
Höchstens entfernte Beziehungen
Im umstrittenen Info-Dossier des Legr
steht: «Die Verteufelung des Konstruktivismus ist schon lange ein zentraler
Wert der ehemaligen Sekte ‘Verein zur Förderung der psychologischen
Menschenkenntnis (VPM)’.» Zudem wird an einer weiteren Stelle auf den
VPM-Hintergrund von vielen Initiativkomitees der Lehrplan-Gegner in anderen
Kantonen hingewiesen.
Beides bestätigt Georg Schmid,
Religionsexperte und Leiter der evangelischen Informationsstelle Relinfo: «Bei
VPM-nahen Projekten stellen ehemalige VPM-Mitglieder typischerweise die
Mehrheit des Komitees. Das ist hier nicht der Fall.» So könne er höchstens
entfernte Beziehungen der Mitglieder zu der ehemaligen Gruppierung ausmachen.
Er rät daher im Fall des Bündner Komitees vor einer Vorverurteilung ab. Die
Verbindungen der Initianten zum VPM sind folgende: Zwei Personen haben in den
Achtzigerjahren Weiterbildungskurse des VPM besucht. Eine davon ist verbunden
mit einem ehemaligen VPM-Mitglied. Zudem besteht eine Verbindung mit der von
ehemaligen VPM-Mitgliedern der Sekte herausgegebenen Publikation «Zeit-Fragen».
Schreckgespenst OECD
Schmid führt weiter aus: «Nun stellen
sich verschiedene Fragen: Inwiefern kommen diese Verbindungen auch inhaltlich –
in den Zielen des Komitees – zum Tragen? Sind die Einflüsse des VPM wirklich
die treibende Kraft hinter dem Komitee? Meiner Meinung nach liegt der
Hintergrund eher im wertkonservativen Milieu.» Wie äussert sich die
Wertvorstellung ehemaliger VPM-Mitglieder denn? «Der damalige VPM vertrat in
Bildungsfragen eine ausgesprochen konservative Haltung und war pädagogischen Neuerungen
gegenüber sehr kritisch.»
Schwärzel selbst stört sich an den
Schreckgespenstern, die vom Initiativkomitee hervorgeholt werden. Er vermutet,
dass ein Grossteil der Unterstützer nicht weiss, «mit wem sie da ins Bett
steigen». Ihn mute es schon fast verschwörungstheoretisch an, wenn die gesamte
Bildungslandschaft von der OECD unterwandert sein soll (siehe Leserbrief auf
Seite 12). «Der Legr bemüht sich um Sachlichkeit. Wir werden die VPM-Geschichte
im Abstimmungskampf nicht ins Feld führen», so Schwärzel. Seiner Meinung nach
könnte das Initiativkomitee mit sachlicheren Argumenten durchaus bei vielen mit
dem Lehrplan 21 unzufriedenen Lehrern punkten.
Aufgewärmte Geschichte
Elisabeth Calganini, Mitinitiantin
des Komitees «Gute Schule Graubünden», nimmt folgendermassen Stellung zu den
Vorwürfen, dass man sich beim Schreiben des Argumentariums in der VPM-Küche
bedient habe: «Der Lehrerverband wärmt hier eine alte Geschichte auf.
Nichtsdestotrotz wollen wir uns weiterhin mit der Sache befassen und uns nicht mit
Vorwürfen herumschlagen, die nichts mit den Initiativen zu tun haben.»
Wie sie weiter meint, ist es
selbstverständlich, dass in einer solchen Angelegenheit Mitglieder der
verschiedenen Komitees im Austausch stünden. Hauptsächlich orientiere man sich
aber an Fachpersonen wie beispielsweise Diane Ravitch. Die demokratische
US-Bildungshistorikerin spricht sich gegen das Kompetenzmodell aus.
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