Letzten
Mittwoch traten zwei Klassen unserer Schule gegeneinander in einem Poetry-Slam-an.
Der Workshop, der von der Bielerin Tina Messer initiiert, von mehreren
Jungpoeten durchgeführt und von der Erziehungsdirektion finanziell unterstützt
wird, war, wie meine Schüler es ausdrücken würden „megacool.“
Wer sich anstrengt, von Alain Pichard, 25.9.
Eine junge
libanesische Schülerin meiner Klasse beeindruckte uns Lehrkräfte und viele
Eltern mit einem glühenden Votum für einen besseren Umgang unter den
Schülerinnen und Schülern der Oberstufenklassen.
Eine Passage
blieb mir in Erinnerung: „So frage ich, ob es noch Zusatzaufgaben gebe und
erhalte als Antwort, ’halt doch die Fresse du Streberin!’ So ist es also hier,
wer sich anstrengt und weiterkommen will, ist eine Streberin! Von diesem Land
habe ich etwas Anderes erwartet!“
Nicht alle
ihre Mitschülerinnen waren begeistert von diesem Bekenntnis. Darunter übrigens
durchaus nicht lustlose Migrantenkinder, sondern auch solide Schweizer
Burschen.
Seit geraumer
Zeit muss sich meine Alia* nicht nur gegen minimalistische Mitschüler behaupten,
sondern gegen ein Bündnis von Erziehungswissenschaftlern, PH-Dozentinnen und Bildungsfunktionären, welche ihre
holistischen Vorstellungen auch auf die Studierenden übertragen wollen. So wird
zum Beispiel die Forderung immer lauter, die Hausaufgaben abzuschaffen. Sie
seien der Grund für Streitereien in der Familie, verursachten Stress und würden
die Ungleichheit zwischen privilegierten und unterprivilegierten Schichten
fördern. Streng nach dem Motto: Wo was gross ist, bleibt es rundherum klein. Und
so etwas gelte es unter allen Umständen zu verhindern.
Keine Frage:
Es gibt dumme Hausaufgaben, genauso wie es bequeme Lehrkräfte und einfältigen
Unterricht gibt. Ich lege selber auch nicht die Hand ins Feuer, dass ich immer
die klügsten Arbeitsaufträge erteile. Hausaufträge können hingegen auch
inspirierend und interessant sein, vor allem aber sind sie unvermeidlich, wenn
es ums Lernen geht.
Tagesstrukturen,
Teamunterricht, Individualisierung der Ansprüche gehören längstens zum Repertoire
unserer Schule. Alia lernt trotzdem gerne noch etwas mehr, auch zu Hause. Intuitiv
misstraut sie den Leuten, welche ihr eine Umwertung aller Werte predigen wollen:
Keine Leistung, dafür viele aufpäppelnde Sonderbetreuungen. An so etwas will
sich die Torhüterin ihres Fussballclubs gar nicht erst gewöhnen.
Sie lässt
sich weder von Mitschülern, noch von Experten in den Bildungsbüros bremsen.
Vermutlich ahnt die intelligente Libanesin, dass die Verachtung der Leistung
vor allem den Kindern unterer Schichten schadet, denn gerade sie müssen
Leistung zeigen um hochzukommen. Am 15. Dezember kann man übrigens die besten
Texte verschiedener Schulhäuser in einer Endausmarchung im Chessu miterleben.
Alias Text wird dabei nicht zu hören sein. Sie hat es nicht unter die besten
zwei gebracht. Sie war aber nahe dran, und verstand die Welt nicht mehr. „Der
Text und die Performance waren doch gut?“ Ich fand das auch, aber eben… ich
durfte nicht mitstimmen.
*Name
geändert
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