Die Gegner des Lehrplans 21 stehen mit ihren Volksinitiativen für mehr
politische Mitbestimmung in Lehrplanfragen auf verlorenem Posten. Erst im Mai
haben die Solothurner die Volksinitiative «Ja zu einer guten Volksschule ohne
Lehrplan 21» mit einer Zweidrittelmehrheit bachab geschickt. Im Februar
scheiterte eine ähnliche Initiative im Aargau, und bereits früher haben die
Landsgemeinde von Appenzell Innerrhoden und die Stimmberechtigten in
Schaffhausen und im Thurgau ähnlich votiert.
Gegner des Lehrplans 21 bleiben chancenlos, NZZ, 20.6. von Walter Bernet
Lehrplan 21 kommt so oder so
Auch im Kanton Zürich dürften die Mehrheitsverhältnisse klar sein. Am
Montag hat der Kantonsrat die von SVP- und EDU-Politikern, konservativen
Schulkreisen und Jungfreisinnigen portierte Zürcher Initiative «Lehrplan vors
Volk» den Stimmbürgern mit 113 zu 56 Stimmen zur Ablehnung empfohlen. Einzig
die SVP- und die EDU-Fraktion unterstützten die Forderungen der Initianten.
Zum klaren Resultat haben zwei Prämissen beigetragen. Erstens hat der
Lehrplan 21 in seiner Zürcher Variante in der Vernehmlassung breite
Unterstützung gefunden. Der Bildungsrat hat seine gestaffelte Einführung im
Sommer 2018 (Kindergarten bis 5. Klasse) und im Sommer 2019 (6. Klasse und
Sekundarstufe) im März beschlossen. Auch ein Ja zur Initiative würde seine
Einführung nicht verhindern, und sollte die Initiative im Volk entgegen aller
Wahrscheinlichkeit eine Mehrheit finden, würde es Jahre dauern, bis ein neuer
Lehrplan stünde. Und zweitens hat sich die heutige Kompetenzordnung mit der
Zuständigkeit des Bildungsrats für den Erlass der Lehrpläne und mit breiten
Mitwirkungsverfahren bewährt.
In der Debatte fragte sich Anita Borer (svp., Uster), was man denn gegen
die Forderung nach mehr Mitsprache haben könne. Je besser ein Lehrplan
demokratisch abgestützt sei, desto grösser sei seine Akzeptanz. Das Stimmvolk
sei zum Teil mit schwierigeren Gesetzesvorlagen konfrontiert. Man dürfe ihm die
Fähigkeit, in Sachen Lehrpläne gute Entscheide zu fällen, nicht absprechen.
Damit drang sie nicht durch. Eine Mehrheit des Rats war mit der
Kommission für Bildung und Kultur (KBIK) der Meinung, dass die demokratische
Abstützung schon heute breit genug sei. Der zuständige Bildungsrat sei nach
fachlichen und gesellschaftlichen Kriterien sorgfältig zusammengesetzt und vom
Kantonsrat gewählt, erarbeite Lehrpläne unter breiter Mitwirkung und gebe sie
in Vernehmlassungen vor dem Entscheid, führte Moritz Spillmann (sp.,
Ottenbach), Präsident der KBIK, aus. Die Möglichkeiten der Gesellschaft, auf
die Lehrpläne einzuwirken, seien gewährleistet. Und es sei sinnvoll, wenn das
Volk in diesem Fall die Kompetenzen an ein Fachgremium delegiere.
Jacqueline Peter (sp., Zürich) führte drei Gründe gegen die Initiative
an: Erstens gehörten Lehrpläne als komplexe Gebilde in ein Fachgremium,
zweitens gehe es den Initianten nicht primär um demokratische Mitbestimmung,
sondern um die Verhinderung des Lehrplans 21 und drittens werde nie ein
Lehrplan vors Volk kommen, weil nie ein Lehrplan vorgelegt würde, der im Rat
keine Mehrheit fände. Für Cäcilia Hänni (fdp., Zürich) ist die Initiative ein
Koffer mit doppeltem Boden: Sie führe die Volksrechte ad absurdum, weil die
Kritik, die sie übt, auf Details der Umsetzung abziele und die Initianten gar
keine Alternative hätten, sondern einfach etwas anderes wollten. Der Lehrplan
21 werde zu Recht kommen. Mit der Initiative würde man künftige Anpassungen,
die ohne Zweifel nötig werden, unnötig komplizieren.
Mehrfach abgestimmt
Bildungsdirektorin Silvia Steiner erinnerte daran, dass der Rat und das
Volk schon mehrfach über diese Kompetenzordnung abgestimmt habe. Die Initiative
berühre die Einführung des Lehrplans 21 nicht. Es wäre undemokratisch gewesen,
hätte man ihretwegen dessen Umsetzung stoppen müssen. Steiner bezeichnete zudem
die im Initiativtext vorgesehene Rückwirkung als juristisch fragwürdig.
Kürzlich habe die SVP bei der Jugendheimfinanzierung im Rat diese Meinung
ebenfalls vertreten.
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