Seit zehn Jahren gibt es in der
Schweiz das Leseförderprojekt «Schenk mir eine Geschichte» für fremdsprachige
Familien, seit 2014 werden diese Kurse auch im Thurgau angeboten.
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Das Projekt hilft beim Deutschlernen, Bild: pd
Muttersprache hilft bei Fremdsprachen, Thurgauer Zeitung, 15.8. von Barbara Hettich
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Kindern Geschichten
erzählen und damit die Freude an der eigenen Muttersprache entdecken – dies ist
das Ziel des Leseförderprojekts «Schenk mir eine Geschichte – Family Literacy».
Es wurde 2006 vom Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien Sikjm
gestartet und unterstützt Familien mit Migrationshintergrund, ihre Erstsprache
zu pflegen.
Muttersprache hilft beim Lernen
Die Sprache ist eine
Schlüsselqualifikation für gelungene Integration. Warum werden also mit einem
Weiterbildungsprojekt fremdsprachige Eltern dazu angehalten, mit ihren Kindern
in ihrer Muttersprache zu sprechen? Wären Deutschkurse nicht eher angebracht?
«Wer seine Muttersprache perfekt beherrscht, hat weniger Mühe, eine
Zweitsprache dazuzulernen. Mit einem Defizit im Sprachgebrauch wird das
schwierig», erklärt Susanna Fink, Geschäftsführerin von Tageo, Thurgauische
Arbeitsgemeinschaft für Elternorganisationen. 2014 hat Tageo die Kurse «Schenk
mir eine Geschichte» in ihr Weiterbildungsprogramm aufgenommen. Das aktuelle Programm
für das kommende Wintersemester ist gerade erschienen.
Motivierende Kursleiterinnen
Was im ersten halben
Jahr etwas harzig angelaufen ist, habe sich zu einem beliebten Kursangebot
entwickelt, sagt Susanna Fink. Mittlerweile bieten im Thurgau zehn geschulte
Lese-Animatorinnen diese Kurse in türkisch, portugiesisch, serbokroatisch und
deutsch-englisch an. «Wir haben sehr engagierte Kursleiterinnen, die wissen,
über welche Kanäle sie ihre Landsleute erreichen und motivieren können.»
Im Kurs werden nicht nur
Geschichten erzählt, es wird gesungen und gereimt, gezeichnet und gebastelt,
Bibliotheken werden besucht oder auch Erziehungs- und Integrationsfragen
erörtert. Heidi Fuchs, ehrenamtliche Mitarbeiterin bei Tageo, begleitet das
Projekt, hospitiert die Kurse und mit Weiterbildungen der Animatorinnen wird
die Qualitätssicherung garantiert.
Der Nutzen von «Schenk
mir eine Geschichte» ist unbestritten, dies belegt auch eine Studie der
Pädagogischen Hochschule Zürich, die das mittlerweile mehrfach ausgezeichnete
Projekt begleitet hat: «Mit dem Angebot werden bei der Zielgruppe wichtige
Veränderungen auf der Ebene der Sprach- und Literacy- Förderung erreicht.»
Finanzierung unsicher
Im Thurgau sind im Jahre
2015 mit «Schenk mir eine Geschichte» über 100 fremdsprachige Familien mit
Kindern unter sechs Jahren erreicht worden – Tendenz steigend. Finanziert
werden die Kurse noch bis 2017 über das Kantonale Integrations-Programm KIP.
Die grosse Rätselfrage sei, wie das Projekt danach finanziert werden könnte,
zeigt Susanna Fink die anstehenden Herausforderungen auf. Rund 10 000 Franken
pro Jahr werden dafür benötigt. «Schön wäre natürlich, wenn beispielsweise die
Gemeinden an diesem Projekt interessiert wären, so dass die Kurse weitergehen
könnten.»
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