13. Mai 2016

Jäger warnt vor hohen Kosten der Fremdsprachen-Initiative

Das Bündner Verwaltungsgericht hat ein Machtwort gesprochen und den Entschluss des Grossen Rates (Ungültigkeit der Fremdspracheninitiative) aufgehoben. Das ist aber erst ein Etappensieg für die Initianten. 
Nur ein Etappensieg der Sprachinitianten, Südostschweiz, 12.5. von Oliver Berger

Erfreut sei er, sagt Andy Kollegger vom Initiativkomitee. Gar «hoch erfreut» zeigt sich Otmar Bänziger, der Anwalt der Initianten. Und Regierungsrat Martin Jäger gibt unumwunden zu: «Natürlich steht man lieber auf der anderen Seite.» Die «andere Seite» sind in diesem Fall die Urheberinnen und Urheber der Spracheninitiative. Ihnen hat das Bündner Verwaltungsgericht recht gegeben. Anders als vom Grossen Rat im April 2015 entschieden, ist ihr Volksbegehren gültig. Die Initiative verlangt, dass in Graubünden in der Primarschule nur noch eine Fremdsprache unterrichtet wird. Dass das Verwaltungsgericht das Kantonsparlament in grundlegenden Fragen korrigiert, ist lange nicht vorgekommen. Zuletzt hatte das Gericht Ende Januar die Beschwerde gegen den Wahlmodus für den Grossen Rat abgeschmettert; im April erging es dem Rekurs der Sonderjagd-Initianten gleich – auch ihre Initiative war vom Grossen Rat für ungültig erklärt worden. Die Spracheninitiative dagegen, so schreibt es das Verwaltungsgericht auf 70 Seiten Urteil, soll vors Volk. Anders als das Parlament hält das Gericht eine verfassungs- und bundesrechtskonforme Umsetzung für möglich.

Noch kein Systemwechsel
Der Entscheid des Verwaltungsgerichts bedeutet allerdings nicht, dass die Bündner Primarschulen künftig nur noch eine Fremdsprache unterrichten. «Das Gericht hat nur festgehalten, dass die Initiative gültig ist», erklärt Erziehungsdirektor Jäger. Das wiederum war auch das Ansinnen von Anwalt Bänziger. «Die Initiative betrifft alle Familien mit Kindern im Schulalter. Es ist darum richtig, dass sie vors Volk kommt», sagt er.

Das zumindest soll nach dem Willen des Verwaltungsgerichts geschehen – es sei denn, dessen Urteil wird vors Bundesgericht weitergezogen. «Die Regierung wird den Entscheid nicht weiterziehen», betont Jäger zwar. Allerdings könnte auch eine einzelne Stimmbürgerin oder ein einzelner Stimmbürger ans Bundesgericht gelangen. Sollte dieses das Urteil des Verwaltungsgerichts aufheben, käme die Initiative nicht vors Volk.

Selbst wenn das Bundesgericht nicht angerufen oder die Initiative für gültig erklären würde, käme diese nicht gleich zur Abstimmung. «Die Regierung würde in diesem Fall eine Abstimmungsbotschaft erarbeiten und diese dem Grossen Rat vorlegen», bestätigt Jäger. Das Kantonsparlament dürfte die Initiative in diesem Fall wohl zur Ablehnung empfehlen.

Abstimmung Nummer 2 …
Auch ein noch so klares Ja des Volkes an der Urne würde aber nicht die sofortige Einführung einer einzelnen Fremdsprache an den Schulen bedeuten. In diesem Fall nämlich müsste die Regierung ein entsprechendes Gesetz erarbeiten, welches erneut vom Grossen Rat beraten würde. Nach der Verabschiedung des Gesetzes könnte das Referendum ergriffen werden, was zu einer erneuten Abstimmung führen würde – diesmal zwar nicht mehr über den Grundsatz von einer Fremdsprache auf Primarstufe, aber über das Gesetz mit den Details zur Umsetzung.

Ob das Bündner Stimmvolk dem Ansinnen der Initiantinnen und Initianten zustimmen wird, ist laut Jäger nicht sicher. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weise nämlich auf die hohen Kosten für die Gemeinden bei der Umsetzung des Volksbegehrens hin. Tatsächlich schreibt das Gericht auch in seiner Pressemitteilung davon, dass die Anpassungen «erhebliche organisatorische und finanzielle Aufwendungen nach sich ziehen». Auf die Frage nach der Gültigkeit der Initiative habe das aber keinen Einfluss.

… und vielleicht Nummer 3
Jäger warnt aber noch vor einem weiteren Hindernis bei einer allfälligen Annahme der Initiative. Mit dem Wechsel zu einer Fremdsprache würde Graubünden aus dem Kompromiss der Schweizer ErziehungsdirektorenKonferenz ausscheren. Weil auch in anderen Kantonen entsprechende Überlegungen mehr oder weniger weit gediehen sind, hat der Bund bereits vorgesorgt. «In Bern arbeitet man bereits an einem Bundesgesetz zum Thema», erklärt Jäger.


Sollte dieses Gesetz vom Bundesparlament verabschiedet werden, wäre ein Referendum dagegen möglich – und damit zumindest in Graubünden die insgesamt bereits dritte Volksabstimmung.

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