«Einmal mehr sollen Schülerinnen und Schüler, Lehrerschaft,
Eltern, aber auch die Lehrbetriebe die Zeche zahlen.» Das ist das Fazit, das
der Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland (LVB) zur Finanzstrategie der
Baselbieter Regierung zieht, wie aus der am Wochenende verbreiteten
Stellungnahme hervorgeht. Dabei zieht der LVB gar Vergleiche zur
Kleinviehhaltung. Eine einzige der im Bereich der Schule vorgeschlagenen
Sparmassnahmen begrüssen die Lehrkräfte: den angekündigten Abbau von «gerade
mal» zwei Stellen im Amt für Volksschulen.
Kleinviehhaltung als Vorbild, Basler Zeitung, 25.8. von Thomas Dähler
Am
drastischsten äussert sich der Lehrerverein zur vorgeschlagenen Erhöhung der
maximalen Klassengrösse auf den Sekundarstufen I und II. Der in den
Klassenzimmern pro Person noch zur Verfügung stehende Raum von 2,5 bis 3 Quadratmetern
«entspricht in etwa dem Tierschutzgesetz für die Haltung von Kleinvieh», steht
in der von der LVB-Geschäftsleitung unterzeichneten Stellungnahme. «In vielen
Schulzimmern lassen sich aus Sicherheitsgründen die Fenster kaum öffnen –
es drohen gesundheitlich bedenkliche Zustände», heisst es weiter. Grössere
Klassen seien «ein absolutes Unding» und würden mit Blick auf Schüler mit
Schwierigkeiten auch «sozialen Sprengstoff» enthalten, der auf die Dauer mehr
koste, als kurzfristig damit eingespart werden könne. Ausserdem stehe die
Massnahme im Widerspruch zu einem Volksentscheid.
Auch
das Ansinnen, die Berufsvorbereitende Schule 2 (BVS2) durch ein einjähriges
Brückenangebot zu ersetzen, stehe im Widerspruch zu einem Volksentscheid. Die
Abschaffung sei nicht sinnvoll, denn die BVS2 sei für die starken
Sekundarschüler des Niveaus A Ansporn und Ziel, keineswegs vergleichbar mit
einem Brückenangebot. Im Gegenteil: Die BVS2 sei für Firmen wertvoll, da sie
ein Sprungbrett für anspruchsvolle Berufslehren sei. Auch dem Vorschlag, den
Zugang zur Wirtschaftsmittelschule und zur Fachmittelschule zu erschweren, kann
der Lehrerverein nichts abgewinnen.
Konzeptkosten
ohne Spareffekt
Es
gebe keinerlei Hinweise, dass Absolventen dieser Mittelschulen auf dem
Arbeitsmarkt nicht erfolgreich seien. «Entsprechend ist der Zweck dieser
Massnahme nicht ersichtlich», schreibt der Lehrerverein. Streichungen führten
zu Entwicklungs- und Konzeptkosten «ohne Spareffekte am Ende».
Zu
den kleineren Sparvorschlägen der Regierung können die Lehrerinnen und Lehrer
auch nichts Positives anmerken. Die Kürzung des Freifachangebots an den
Gymnasien sei nicht verursachergerecht, denn dieses sei kein Kostentreiber. Die
Kostenverlagerung beim Instrumentalunterricht an den Gymnasien stehe gar im
Widerspruch zur Bundesverfassung, weil der Zugang dazu nicht erschwert werden
dürfe. Die Kürzung bei den Lagerbeiträgen schliesslich käme bei den
Erziehungsberechtigten schlecht an. Polemisch fragen die Lehrkräfte: «Wie viel
ist Ihnen der Babysitter wert, der auf Ihre Kinder aufpasst, wenn Sie weg sind?
Bezahlen Sie ihn nur für einen Teil seiner Einsatzzeit?» Und zu den
Sparmassnahmen beim Material schreibt der Lehrerverein: «Gescheiter wäre es,
nicht mehr so viele praxisuntaugliche Lehrmittel einzukaufen und diese dann
auch noch als obligatorisch zu taxieren.» Lehrmittel sollten dem Unterricht
dienen, nicht dem Profit der Lehrmittelindustrie. Den Lehrern bleibe gar nichts
anderes übrig, als ständig Kopien zu erstellen.
Beim
Vorschlag, mit Schülerinnen und Schülern, die separat beschult würden,
restriktiver zu verfahren, befürchten die Lehrkräfte, dass dies auf eine
vollständige Abschaffung der Kleinklassen hinauslaufe. Es werde aber immer
Kinder geben, die in einem sparativen Schulsetting besser aufgehoben seien als
in einer Regelklasse. In Kantonen, in denen die Kleinklassen abgeschafft
wurden, habe man damit schlechte Erfahrungen gemacht.
Keineswegs
erstaunlich ist es schliesslich, dass sich die Lehrkräfte für ihre Löhne
wehren. Die ohnehin immer schlechter werdenden Arbeitsbedingungen würden mit
einer Lohnkürzung um ein Prozent noch unattraktiver. So könne der Kanton das
Personal, das er brauche, nicht mehr rekrutieren. Auch die verzögerte –
oder befristete – Wiederbesetzung vakanter Stellen habe diesen Effekt. Die
Erhöhung der Zahl der Pflichtlektionen komme einem Qualitätsabbau gleich.
«Fatal» sei es schliesslich, den älteren Lehrerinnen und Lehrern keine
Altersentlastung mehr zu gewähren: Dies sei «ein Trauerspiel» und «kein Zeichen
der Wertschätzung». Baselland werde damit das «schweizerische Schlusslicht im
Umgang mit verdienten Mitarbeitenden».
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen