Will mehr Chancengleichheit: Schneebeli, Bild: Tages Anzeiger
Die Schule allein ist überfordert, Tages Anzeiger, 20.3. Kommentar von Daniel Schneebeli
Viele
Eltern haben es geahnt. In der Sekundarschule lernen Jugendliche nicht mehr
viel. Das Interesse am Schulstoff lässt auch zu Hause nach, zu sehr sind die
Kinder abgelenkt durch Games, Feten, digitale und reale Freunde. Das Chaos im
Kinderzimmer bildet eben doch das Chaos in den Köpfen ab.
Nun sind die Vermutungen
wissenschaftlich belegt. Die Sekundarschüler haben Motivationsprobleme,
besonders in der Mathematik. Von der angestrebten Chancengleichheit kann keine
Rede sein. Die Wissenslücken von Kindern aus bildungsfernen Familien sind am
Ende der Schulzeit grösser denn je.
Das ist entmutigend für
all jene, die sich für die Jugend einsetzen, speziell für Lehrerinnen und
Lehrer. Mühen sie sich vergebens ab? Nein, das nicht. Immerhin finden drei Viertel
aller Jugendlichen direkt nach der Schule eine Lehrstelle oder einen Platz im
Gymnasium. Und fast das ganze restliche Viertel schafft dies ein Jahr später.
Solche Perspektiven hat die Jugend in kaum einem anderen Land.
Dennoch sind die
negativen Befunde der Zürcher Schulstudie ein Fingerzeig. So muss der
Mathematikunterricht in der Sekundarschule überdacht werden; eine gute
Gelegenheit dazu bietet die laufende Überarbeitung des Lehrplans. Gleiches gilt
für die Fördermassnahmen für Kinder aus sozial schwachem Umfeld. Wahrscheinlich
reicht die Arbeit mit ihnen nicht. Väter und Mütter sollten verbindlich einbezogen
werden, und zwar früh – bevor ihre Kinder schulpflichtig sind. Bildungsferne
Eltern müssen wissen, dass sie die Verantwortung über das Lernen nicht
vollständig an die Schule delegieren können.
Ähnliches gilt für die
gesamte Bevölkerung: Sie kann gesellschaftliche Probleme nicht einfach an die
Schule abschieben und dann mit dem Finger auf Lehrer, Schulleiter und Behörden
zeigen, wenn diese erfolglos bleiben. Wenn es darum geht, benachteiligte
Familien besser zu integrieren, sind alle gefordert: Politiker, Arbeitgeber,
Nachbarn. Da reichen ein paar Elternkurse nicht. Nötig sind auch existenzsichernde
Löhne, zahlbare Krippen und nicht zuletzt die Wertschätzung von
Alleinerziehenden und Migranten.
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