Hausaufgaben sind nicht nur für die Schüler eine Herausforderung, Bild: Schulinfo Zug
Hausaufgaben - Pantoffeltierchen in der Nacht, Schulinfo Zug, 18.3. von Sabine Windlin
Tag für
Tag, Abend für Abend sitzen Eltern mit ihrem Nachwuchs am Tisch und büffeln:
Kommaregeln, Zahlenbrüche, Kantonswappen, verbale Wortketten, die Entstehung
der Sonnenfinsternis, die Konjugation von unregelmässigen Französischverben,
die Hügelketten und Pässe der Schweiz, die Ursprünge der Fasnacht, den Aufbau
von Blütenpflanzen, die Bildung des Subjonctif, die Stände im Mittelalter.
Doch
was heißt hier büffeln? Meist endet die Lernerei zu Hause einfach nur im Streit
und lauter werdenden Ausrufen der Hilflosigkeit und Verzweiflung: „Max, bitte!
Nun kapier das doch endlich: „staying up" heisst aufbleiben und nicht
aufstehen." „Sara, zum hundertsten Mal: der Umfang eines Rechtecks ist
nicht identisch mit dessen Fläche. Wie oft muss ich Dir das noch sagen?"
„Paula, ich erklär's Dir jetzt zum letzten Mal: „de" und „le" gibt es
nacheinander nicht. Es muss „du" heissen!"
Vor allem
berufstätige Mütter und Väter, so geht die Klage, gelangen mit dem Husi-Stress
an ihre Grenzen und bereuen es schon mal, ihre Kinder zur Wahrung des
Familienfriedens nicht an einer Tagesschule angemeldet zu haben, wo die
Hausaufgaben entweder in der Schule oder im Studium unter Aufsicht eines
Lehrers erledigt werden . Nach einem strengen Arbeitstag verspüren die
wenigsten Eltern noch Lust, sich mit ihren Kindern hinzusetzten und ihnen den
Unterschied zwischen Personal-, Relativ-, Reflexiv-, Demonstrativ-, -Interrogativ,
Possessiv- und Indefinitpronomen zu erläutern. Abgesehen davon: ist dies nun
wirklich relevant, um später im Leben bestehen können? Zum Teufel mit diesen
Lernzielen, mit dieser semantisch, morphologisch und syntaktischen
Haarspalterei, mit diesem Umwandeln von Milligramm in Tonnen, von Liter in
Kubikmeter, mit der Division durch Dezimalzahlen und diesen elenden
Prozentrechnungen. Man will jetzt endlich Feierabend!
Mitunter
kommt es zu skurrilen Situationen. Gestandene Väter, die spät abends eine
Internetrecherche per Google starten, um zu erfahren wie sich Pantoffeltierchen
fortbewegen und ernähren, weil die Tochter anderntags einen „M &
U"-Test zu bewältigen hat und die zur Verfügung stehenden Arbeitsblätter
nicht versteht. Ratlose Mütter, die nachts um halb elf den 80-jährigen
Schwiegervater anrufen, um von ihm zu erfahren, was es mit den Wirren um die
Nachfolge vom deutschen König Rudolf dem Ersten in Zusammenhang mit den
Schweizer Habsburgerkriege auf sich hatte, um zwar mit einer hochkompetenten
und äusserst ausführlichen, aber für den 12-jährigen Sohn völlig unnützen
Antwort konfrontiert zu werden. Einfach nur Frust!
Warum
eigentlich tun sich Eltern diesen Stress an? Aus Pflichtbewusstsein? Aus Angst,
die Kinder würden den Schulstoff sonst nicht verstehen oder aus Sorge, in der
Schule bleibe zu wenig Zeit für ausführliche Erklärungen? Zeitigt das
gemeinsame Lernen von Kindern und Eltern wenigstens Erfolge oder ist es
schlicht kontraproduktiv und der Selbstständigkeit der Kinder gar hinderlich,
wenn sich die Alten einmischen? Sollten sie sich ganz raushalten?
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