Fremdsprachen-Initianten wittern Morgenluft, Südostschweiz, 14.3. von Denise Alig
Kurz vor Weihnachten präsentierte
Regierungsrat Martin Jäger, Vorsteher des Erziehungs-, Kultur und
Umweltschutzdepartementes, im Namen der Bündner Regierung ein Gutachten von
Professor Bernhard Ehrenzeller. Der an der Universität St. Gallen tätige
Ehrenzeller kam zum Schluss, dass die im November 2013 mit 3709 gültigen
Unterschriften eingereichte Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache in der
Primarschule» «in offensichtlichem Widerspruch zu den Bestimmungen der
Bundesverfassung sowie der Kantonsverfassung» stehe. Entsprechend beantragte
die Regierung dem Grossen Rat, die Initiative bei deren Behandlung im kommenden
April für ungültig zu erklären.
Daraufhin hat das vom Klosterser
Primarlehrer Georg Luzi angeführte Initiativkomitee den Churer Rechtsanwalt Otmar
Bänziger beauftragt, «die Gültigkeit der Initative objektiv abzuklären».
Inzwischen liegt auch Bänzigers Gutachten vor, wie die Initianten gestern
mitteilten.
Initiative wird aufrechterhalten
«Otmar Bänziger, einer der
profiliertesten Rechtsanwälte im öffentlichen Recht in Graubünden, gelangt mit
überzeugenden und nachvollziehbaren Argumenten zum Schluss, dass die Initiative
bei der gewohnt verfassungskonformen Auslegung nicht offensichtlich gegen
übergeordnetes Recht – sei es Bundesrecht oder kantonales Recht – verstösst»,
schreiben die Initianten. Beflügelt vom Ergebnis des Gutachtens betont das
Initiativkomitee : «Wir teilen die Auffassung von Otmar Bänziger und halten
daher an der Initiative fest. «
Ehrenzeller widerlegt
Im Kern verweist Bänziger in seinem
Gutachten auf Artikel 14 der Kantonsverfassung. Er schreibt dazu: «Nach dem
klaren Wortlaut von Artikel 14 der Kantonsverfassung stellt erst eine
offensichtliche Verletzung von übergeordnetem Recht einen Ungültigkeitsgrund
dar.» Damit werde dem demokratischen Grundsatz und der bundesgerichtlichen
Praxis Rechnung getragen, wonach bei der (Un-)Gültigkeit von Volksinitiativen
«in dubio pro popolo» (im Zweifel für das Volk) zu entscheiden sei. Weder in
der entsprechenden Botschaft der Regierung an den Grossen Rat, noch im
Gutachten Ehrenzeller werde erläutert, «weshalb oder inwiefern die angeblichen
Verletzungen des Bundesrechts oder der Kantonsverfassung offensichtlich seien,
so Bänziger. «Die blosse Behauptung vermag die Begründung nicht zu ersetzen.»
Noch kein Kommissionsentscheid
Das Gutachten Bänzigers kommt zu
einem Zeitpunkt, da sich die vorberatende grossrätliche Kommission für Bildung
und Kultur (KBK) zuhanden der April-Session des Parlaments eine Meinung zur
Fremspracheninitiative bilden muss. Wie die Initianten der KBK in einem Brief
mit Datum von gestern schreiben, sind sie der Kommission «dankbar, dass sie die
Frage der Ungültigkeit der Initative bisher noch aufgeschoben hat». Weiter
halten die Initianten in ihrem Schreiben fest, letzlich habe der Grosse Rat in
der Frage der (Un-)Gültigkeit «als Gericht» zu fungieren. Dabei dürfe der Rat
nicht von politischen oder eigenen Interessen leiten lassen, sondern er habe
die Frage rein rechtlich zu würdigen. Dies, unter Berücksichtigung der Ansicht
namhafter Staatsrechtler, wonach bei Initiativen im Zweifelsfall zugunsten
einer Gültigkeit entschieden werden müsse. Regierungsrat Martin Jäger konnte
sich gestern auf Anfrage nicht zur jüngsten Entwicklung äussern. Der Ball liege
zurzeit bei der KBK, begründete Jäger sein Vorgehen.
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