In Bern werden 240 Kinder zu Hause unterrichtet, Bild: Keystone
240 Berner Kinder werden zu Hause unterrichtet, Berner Zeitung, 16.7. von Dominik Galliker
In den USA
ist Homeschooling beliebt, in Deutschland verboten. Es kam schon vor, dass
Kinder mit Polizeigewalt in die Schule gebracht wurden. Die Schweiz steht in
der Mitte – die Kantone sind sich aber nicht einig. Die Westschweiz zeigt sich
liberal. Eltern, die ihr Kind zu Hause unterrichten wollen, müssen ihre
Stundenpläne vorlegen – that’s it. In der Deutschschweiz sind die Regeln zum
Teil streng, etwa in Ob- und Nidwalden. Vielerorts kann man sein Kind nur zu
Hause unterrichten, wenn man eine Lehrerausbildung hat (Zürich, Luzern, Zug).
Bern
fordert keine solche Ausbildung, genau wie Appenzell Ausserrhoden und Aargau.
Die Familien brauchen aber eine Bewilligung und müssen mit einer Lehrperson
zusammenarbeiten. Sie werden jährlich vom Schulinspektorat kontrolliert.
Geprüft werden unter anderem Lehrmittel, Stundenpläne, Selbst- und
Sozialkompetenz des Kindes.
Viel Kritik
Der Kanton
zieht Homeschooler an. Laut dem Verein «Bildung zu Hause» werden in der Schweiz
rund 500 Schüler zu Hause unterrichtet. Davon wohnen 241 in Bern.
Andernorts
gibt es viel Kritik: «Die Sozialkompetenz leidet.» «Den Eltern fehlt das
Wissen.» «Kindern aus religiösen Familien tut auch eine andere Sicht gut.»
Spricht man Homeschooler auf solche Punkte an, reagieren sie oft genervt. «Wir
sperren unsere Kinder doch nicht in den Keller», heisst es etwa. Das seien
Vorurteile, modelliert aus negativen Einzelfällen. Solche gebe es. Dafür dürfe
man aber nicht allen die Freiheit nehmen.
Die
Erfahrungen in Bern sind positiv: «Wir müssen höchst selten jemandem die Bewilligung
entziehen», sagt Susanne Müller, Leiterin der kantonalen Schulaufsicht. Grund
kann etwa sein, dass der Unterricht ungenügend ist oder die Leistungen nicht
stimmen. «Es gibt höchstens alle zwei Jahre einen solchen Fall.»
Allerdings
ist auch bei Müller Skepsis zu spüren. Zu denken gibt ihr, wenn
Homeschool-Kinder nur Kontakte pflegen, hinter denen eigentlich die Eltern
stehen, wie ein ständiges Auffangnetz. «Das sind andere Situationen als in der
Schule, wo Kinder lernen müssen, mit anderen zusammenzuarbeiten.» Darum fragten
die Schulinspektoren bei den Kontrollen oft, mit wem ein Kind seine Freizeit
verbringt. «Wir empfahlen Eltern auch schon, ihr Kind in einen Sportklub oder
ein Orchester zu schicken, damit es Freundschaften knüpfen kann.»
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen