Mit von der Partie: Ernst Schürch, Präsident der amtlichen Lehrer-Kantonalkonferenz (links) und Projektleiter Alberto Schneebeli (rechts), Bild: Nicole Pont
Am Lehrplan 21 scheiden sich die Geister, Basler Zeitung, 24.6. von Thomas Dähler
Unter den verschiedenen
Baselbieter Reformprojekten in der Volksschule ist vor allem eines umstritten:
die Einführung des Lehrplans 21. Dies ist das Fazit einer umfassenden
Auslegeordnung zur Bildungsharmonisierung, zu der gestern die Bildungs-, Kultur-
und Sportdirektion (BKSD) nach Frenkendorf einlud. Gastgeber der
Medienveranstaltung war Bildungsdirektor Urs Wüthrich, der in der Aula der
Sekundarschule Projektleiter Alberto Schneebeli zusammen mit Vertreterinnen und
Vertretern der Gemeinden, der Schulleiter, der Lehrer sowie der
Wirtschaftsverbände auftreten liess.
Einig waren sich die
verschiedenen Exponenten in einem Punkt: Die Volksinitiative für den Austritt
aus dem Harmos-Konkordat, für die zurzeit Unterschriften gesammelt werden, ist
abzulehnen. Kontrovers beurteilt wurde jedoch der Lehrplan 21. Uneinig war man
sich bereits beim Einführungstermin. Während Regula Ineichen, Präsidentin der
Schulleitungskonferenz Primarstufe, für eine rasche Einführung ab 2015 warb –
«ein Übergangslehrplan ist doppelte Arbeit» –, forderte Ernst Schürch im Namen
der amtlichen Lehrer-Kantonalkonferenz mehr Zeit. Vor der Einführung müssten
zudem der Übergang nach dem Kindergarten geregelt, die Anforderungen für die
Sek-Leistungszüge festgelegt und die neue 6. Klasse vorbereitet werden.
Projektleiter Alberto
Schneebeli erklärte, der Projektausschuss Bildungsharmonisierung und der
Bildungsrat würden diese Woche über die Einführung beraten. Er erwarte eine
Beschlussfassung «ab November». Bildungsdirektor Wüthrich meinte dazu, der
Einführungszeitpunkt sei kein Dogma. Er kündigte wörtlich an: «Wir werden im
Bildungsrat entscheiden, wann wir den Entscheid fällen können.» Hintergrund der
Kontroverse um den Einführungszeitpunkt ist die Ankündigung der
Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz, den Lehrplan 21 erst Ende 2014
freizugeben. Die meisten Kantone führen den Lehrplan 21 2017 ein.
Inhaltlich gab Thomas
von Felten, Präsident der Schulleitungskonferenz Sekundarschule, ein klares
Bekenntnis zugunsten des Lehrplans 21 ab. Der Lehrplan 21 mit
Kompetenzorientierung und Minimalstandards setze «die richtigen Impulse für
eine moderne, zukunftsgerichtete Unterrichtsentwicklung». Auch Primarlehrerin
Ineichen meinte, der Lehrplan 21 bestärke alle Schulen in ihrem bisherigen
Handeln, wenn sie schon heute einen «schüler-, schülerinnen- und
handlungszentrierten modernen Unterricht leben». Bildungsdirektor Wüthrich
bezeichnete den Lehrplan 21 in seinem Einleitungsvotum als
«Orientierungsrahmen».
Kritik am Lehrplan 21
übte Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer Baselland. In der bisher
vorgelegten Variante sei dieser inakzeptabel. «Die Berufswahl oder die
Laufbahnvorbereitung kommen darin nicht vor», sagte Buser. Und den für die
Wirtschaft relevanten Fächern werde zu wenig Gewicht beigemessen. Franz
Saladin, Direktor der Handelskammer beider Basel, widersprach nicht, blieb aber
grundsätzlich: Für die Unternehmen sei die strukturelle und mit dem Lehrplan 21
auch inhaltliche Harmonisierung der Bildungssysteme ein wesentlicher Standortfaktor.
Bildungsrat zuständig
Regierungsrat Wüthrich
stellte an der Veranstaltung auch klar, dass er sich keine Einmischung des
Parlaments wünscht. Für den Lehrplan 21 sei der Bildungsrat zuständig. Eine
Kompetenzübertragung an den Landrat habe das Baselbieter Volk 2011 mit 58
Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Im Landrat ist allerdings eine neue
Parlamentarische Initiative hängig, mit der mit Blick auf die politische
Kontroverse um den Lehrplan 21 ein Landratsentscheid gefordert wird.
Schlechte Noten für die
Auslegeordnung zur Bildungsharmonisierung gab es von den in Frenkendorf nicht
Anwesenden. In einem Communiqué kritisierte der Lehrerinnen- und Lehrerverein
Baselland (LVB), die Fülle der derzeitigen Umstellungen würden «den Landrat,
die Bildungsdirektion, die Kantonsfinanzen, die Gemeinden, die Schulen mit
ihren Schulleitungen und Lehrkräften und letzten Endes auch die Schülerinnen
und Schüler sowie deren Eltern» überfordern. «Wo ist der Mehrwert für die
Schülerinnen und Schüler?», fragte der LVB und nannte das Harmoskonkordat
schweizweit einen «gigantisch teuren Etikettenschwindel». Auch das Komitee
Starke Schule Baselland, das die Austritts-Initiative lanciert hat, kritisierte
gestern die «uneinsichtige Bildungsdirektion», die «jegliche Kritik ignoriert».
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