11. Mai 2020

Basler Lehrerverband will mehr Schutzmaterial

Beide Basel sind mit Vollklassen in den Schul-Lockup gestartet. Eine Strategie, die im Vorfeld für viel Kritik sorgte. Aber wie gut funktioniert das Konzept mit Händewaschen und Abstandhalten denn nun wirklich? Jean-Michel Héritier ist Präsident der Freiwilligen Schulsynode Basel-Stadt und Lehrer an der Basler Primarstufe Insel. Am Mittag nach der Öffnung zieht er eine erste Bilanz: «Es hat so geklappt, wie wir das vorbereitet haben. Die Sitzordnung wurde umgestellt, um Distanz zu schaffen, und wir unterrichten mehr frontal als sonst.» Aber der erste Vormittag hat auch bereits deutlich die Grenzen des neuen Systems aufgezeigt. «Es wird einem sofort klar, dass eine 2-Meter-Regel nicht flächendeckend umsetzbar ist», sagt Héritier. «Das klappt nur, solange alle still sitzen. Aber gerade kleine Kinder sind ja auch in Bewegung. Das beginnt beim Eintreten durch die Türe und geht weiter beim Händewaschen, das nun so häufig durchgeführt werden muss.»

"Abstand halten funktioniert in der Schule nicht", Basler Zeitung, 11.5. von Nina Jecker

Schwierig seien besonders Situationen, in denen ein Kind Hilfe bei einer Aufgabe brauche. «Das funktioniert nicht mit zwei Metern Abstand.» Das Kollegium an Héritiers Schulhaus versucht, das Risiko einer Ansteckung trotzdem zu verringern. Einige wenige tragen Schutzmasken, andere passen ihr Verhalten an. «Wenn ich einem Schüler etwas erkläre, achten wir darauf, dass wir uns dabei wenigstens nicht anschauen, sondern die Gesichter so gut wie möglich voneinander abwenden.»

Um entspannter arbeiten zu können, wünschen sich die Lehrpersonen aber nach wie vor mehr Schutzausrüstung. Masken gibt es zwar ein paar – für Personen, die plötzlich Symptome zeigen, oder Angehörige einer Risikogruppe, die zum Elterngespräch kommen müssen. Aber es reicht längst nicht aus, damit alle Lehrer, die das wünschen, damit arbeiten können. Der Berufsverband hat im Vorfeld Masken besorgt, weil das Erziehungsdepartement nicht noch mehr zur Verfügung stellen wird. «Die Nachfrage war aber so gewaltig, dass alle Exemplare nach 24 Stunden weg waren», sagt Héritier. Um Kindern auch mal etwas erklären zu können, würden die Lehrer zudem in jedem Schulzimmer Plexiglasscheiben benötigen. Aber auch diese sind Mangelware. Gerade im Umgang mit kleinen Kindern, etwa an Kindergärten, seien sicher auch Einweghandschuhe von Vorteil, so Héritier. «Bei Vierjährigen muss die Lehrperson beispielsweise noch oft beim Schuhebinden helfen. Da wäre es gut, bei diesem Vorgang wenigstens so gut wie möglich geschützt zu sein.»

In Kindergärten besonders schwierig

Roger von Wartburg ist Sekundarlehrer im Baselbiet und Präsident des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland. Er unterrichtet eine 9. Klasse, und auch er hat Schwierigkeiten mit der Abstandsregel. «Im Schulhaus kommen hunderte Menschen zusammen, und die Gänge und Treppenhäuser sind halt nicht sehr breit. Um den Abstand permanent einhalten zu können, müssten die Lehrpersonen den ganzen Tag im markierten Bereich in ihren Schulzimmern bleiben.» Auch er sieht vor allem die Erklär-Situationen als Problem. «Sogar bei meinen Neuntklässlern ist es schwierig, eine individuelle Frage auf Distanz zu besprechen, also ohne auf dasselbe Blatt zu schauen. Ich stelle mir vor, dass es bei jüngeren Schülern noch schwieriger ist.» Plexiglasscheiben gibt es zwar vereinzelt, «aber die haben die Lehrpersonen jeweils selber beschafft oder sogar daheim gebastelt», sagt von Wartburg. Viele Lehrpersonen sind jedoch der Meinung, dass die Behörden sie als Arbeitnehmer schützen müssten. «Wie das in anderen Branchen und Betrieben ja auch der Fall ist», sagt von Wartburg. Einige wollen deshalb nun erreichen, dass ihnen der Arbeitgeber die Kosten für die selber gekauften Schutzwände zurückerstattet.

 


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