Keine
Bildschirme mehr in der Primarschule: Diese Forderung wurde vor ein paar
Tagen aufbaz.ch/Newsnet gemacht. Es war eine Reaktion auf den
Wirtschaftsverband Economiesuisse, der glaubt, dass dank Computern und Tablets
im Bildungsbereich eine grosse Revolution bevorstehe. Dem Autor war dies ein
Gräuel, weil die Digitalisierung ohnehin bald jeden Lebensbereich erfasse und
die Kinder den Umgang mit Tablets und Computern auch so lernten. Ausserdem sei
der Nutzen von digitalen Lehrmitteln zweifelhaft und die Digitalisierung an
sich eine Bedrohung. Vereinsamung! Social-Media-Stress! Optimierungswahn!
Schüler an die Schirme! Tages Anzeiger, 21.2. von Philippe Zweifel
Mit
Verlaub: Das ist zu ängstlich und auch zu einfach gedacht. Auf genauso bequeme
Weise könnte man einwenden, dass die Gesellschaft technologische Erneuerungen
schon immer mit Skepsis aufnahm, bevor sie dann alltäglich und letztlich
unverzichtbar wurden. Doch plakative Grundsatzdebatten wie «Was ist besser:
Spielen im Wald oder am Computer?» bringen einen bei der unaufhaltsamen
Digitalisierung nicht weiter, genauso wenig, wie die Frage nach der
Berechtigung von Computern und Tablets in der Schule mit Ja oder Nein zu
beantworten ist.
Und wieso
sollte ausgerechnet die Schule von elektronischen Geräten zwangsbefreit werden?
Wäre es nicht eher die Aufgabe der Eltern, zu Hause für digitale Ruhepausen zu
sorgen? Nicht «möglichst wenig» sollte in den Schulen das Digital-Motto sein,
sondern «möglichst klug». In Anlehnung an den besagten Anti-Tablet-Artikel
seien hier fünf Einsatzmöglichkeiten und Gründe genannt, wieso Bildschirme im
Unterricht sinnvoll sind:
·
Entgegen
den Befürchtungen vieler Eltern verbringen Tablet-Schüler nicht mehr Zeit mit
Computerspielen, wie eine in der Schweiz durchgeführte Studie 2016 ergab. Aber
sie haben mehr Spass beim Lernen und suchen privat häufiger im Internet nach
Informationen für Schulaufgaben.
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Tablets
ermöglichen Unterricht mit Videos. Da geht es notabene nicht um Bespassung,
sondern um das Erlernen einer Kulturtechnik. Alltag, Kunst und Unterhaltung
sind nicht mehr ohne Video vorzustellen. Und Medienkompetenz sollte nicht nur
das Bedienen von Geräten vorsehen, sondern auch handlungsorientiert sein.
·
Bei
Testaufgaben können die Geräte individuelle Rückmeldungen geben, den Schülern
also zeigen, wo sie noch Schwächen haben. Oder sie liefern massgeschneiderte
Übungen. In den USA gibt es ein Mathematikprogramm, bei dem jeder Schüler
regelmässig ein individuelles Lernprogramm bekommt – davon abhängig, wie er
sich zuvor geschlagen hat. Dasselbe erreicht ein Lehrer nur mit viel
Zeitaufwand. Ist das kaltes Effizienzdenken? Nicht, wenn die gewonnene Zeit in
andere, humanistische Projekte investiert wird.
·
Auch das
vermeintliche Killer-Argument, dass Silicon-Valley-Grössen ihre Kinder in
Montessori-Schulen schicken, wo Spiel und Kreativität gefördert wird, greift zu
kurz: Ebendiese Tech-Gurus fordern von den Montesorri-Schulen Coding-Unterricht.
Und dieser lässt sich schlecht ohne Bildschirme durchführen. Dazu gleich ein
Vorschlag für hiesige Gymnasien: Wieso nicht den Lateinunterricht, der
vermeintlich das logische Denken fördern soll, zugunsten von Coding-Klassen
aufweichen?
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Digitale
Aufgaben erleichtern die elterliche Kontrolle, wie jeder weiss, der Kinder in
der Primarschule hat und den Überblick bei Arbeits- und Reinheften, Büchern und
losen Blättern schon lange verloren hat.
Es gäbe noch viele weitere vernünftige Gründe für den Einsatz von Tablets & Co., genauso wie es gute Gründe für Papier und Zirkel gibt. Dass das Wohl der Kinder und ihrer kognitiven Entwicklung nicht vor lauter Tech-Begeisterung aus den Augen verloren gehen darf, ist für die meisten Pädagogen selbstverständlich – und der Unterricht an Schweizer Schulen denn auch weit davon entfernt, durchdigitalisiert zu sein. Vielmehr wird angestrebt, was einem auch der gesunde Menschenverstand sagt: eine Mischung aus Wandtafel und Computer.
Vor Wochen ging ein Aufschrei durch die Sonntagspresse: "Immer mehr Kinder seien von Kurzsichtigkeit betroffen!" Südkorea kennt das Problem schon seit Jahren. Ursache: Die Kleinsten sind zu oft mit Smartphones und Tablets in Kontakt, was bei der Entwicklung des Augapfels zu dieser Missbildung führt! Darüber müsste in der Presse berichtet werden. Ein interessanter Artikel, welche das Thema ganzheitlich beleuchtet ist über den Link abrufbar.
AntwortenLöschenGanzer Artikel: http://schuleschweiz.blogspot.ch/2017/09/umstrittener-einsatz-von-tablets-im.html
«Würden Sie Ihrem sechs Jahre alten Kind erlauben, mit dem Auto durchs Quartier zu fahren, zwischendurch ein Gläschen Wein zu trinken oder einfach im Kinderzimmer zu rauchen?» Diese Frage stellt Markus Niederdorfer aus Summaprada, der auf 32 Jahre Berufserfahrung auf Primar- und Oberstufe zurückblicken kann und derzeit an der Schule Albulatal in Tiefencastel eine Realklasse unterrichtet, rhetorisch an alle Eltern von (bald) schulpflichtigen Kindern. Niederdorfer beantwortet seine eingangs gestellte Frage gleich selbst: Für den Konsum für Nikotin und Alkohol sowie den Erwerb des Führerausweises gebe es Altersgrenzen. Wer gegen die Regeln verstosse, werde bestraft, so Niederdorfer. Und weiter: «Gegen die Alkohol- und Nikotinsucht geben wir Millionen für Präventionsmassnahmen aus, weil wir deren Auswirkungen auf die Person, die Familie und das Umfeld kennen.» Anders sieht es seiner Meinung nach bei Smartphones und Tablets aus, die in vielen Kinderzimmern Realität sind. Die Kleinsten würden mit einer virtuellen Realität konfrontiert, die weder deren kognitive noch emotionale Entwicklung fördere. «Schlimmer noch, die Kinder entwickeln ein Suchtverhalten und verschwenden wichtige Lebenszeit». Folgende direkte Auswirkungen macht Niederdorfer zudem aus: Kurzsichtigkeit, Hemmung der Sprachentwicklung, Rückgang des Lesens, soziale Isolation, Verlust der Fähigkeit des Mitgefühls, Sucht, Aufmerksamkeitsstörung, Dauerstress, Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Diese Auswirkungen seien wissenschaftlich belegt. «Und was tut der Staat dagegen um die Kinder zu schützen?», fragt Niederdorfer, um gleich selbst die Antwort zu geben: «Er lanciert die digitale Bildung.» Niederdorfer untermauert seine Darstellung mit wissenschaftlichen Arbeiten. Tatsächlich hält Manfred Spitzer, deutscher Hirnforscher und Psychiater an der Universitätsklinik Ulm, fest, dass anhand vorliegender Daten klar abzusehen ist, dass die Digitalisierung von Bildungseinrichtungen sich negativ auf den Schüler, dessen Bildung, Gesundheit und Sozialverhalten auswirken werde. Er verweist diesbezüglich auf Erfahrungen in Südkorea und den USA, die sich bereits vermehrt mit Suchtproblemen, mangelnder Empathie und Depressionen von Kindern konfrontiert sehen. Andreas Schleicher, Bildungsirektor der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ) hatte der Digitalisierung aufgrund von Studien schon 2105 ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Kinder, die in der Schule häufig den Computer verwenden würden, hätten bei Lernergebnissen vergleichsweise schlecht abgeschnitten.