1. Oktober 2017

Aargauer Schule der Zukunft

Wird künftig in Aaraus Schulen gegessen? Was in unseren Nachbarländern schon lange gang und gäbe ist, wird allenfalls auch bei uns üblich. Als erste Stadt der Schweiz hat Zürich letztes Jahr begonnen, seine Volksschule in eine gebundene Tagesschule umzuwandeln. Mittlerweile starteten sechs Schulen mit einem dreijährigen Versuch.
Sofern sie nachmittags Unterricht haben, essen die Kindergärtler bis Sekundarstufenschüler in der Schule. Die Mittagszeit kann verkürzt werden. Der Zürcher Stadtrat erhofft sich nicht nur pädagogische, sondern auch finanzielle Vorteile. Da mittelfristig drei Viertel aller Kinder irgendeine Art von Betreuung benötigten, zahle es sich aus, vom A-la-carte-Modell des Horts zu einer Tagesschule überzugehen. Gemäss Modellrechnungen werden die Kosten jährlich um rund 15%, also um 30 bis 40 Millionen Franken sinken.
Leben in Aarau: Schule der Zukunft, Aargauer Zeitung, 26.9. von Martina Suter


Als Mutter zweier heute erwachsener Kinder habe ich immer geschätzt, ihre Betreuung auch über Mittag selber zu übernehmen. Ich konnte bestimmen, welches Menü aufgetischt wurde. Zudem erfuhr ich am Tisch brühwarm, was meine Kinder am Vormittag erlebt hatten und konnte wenn nötig beruhigen, aufmuntern, motivieren oder einfach nur zuhören. Dies war aber nur möglich, weil ich Glück hatte und nach einer mehrjährigen Mutterschaftspause eine interessante Stelle fand, die mir flexibles Arbeiten ermöglichte.

Der gesellschaftliche Wandel ist offensichtlich. Statistiken belegen, was ich auch im persönlichen Gespräch mit jungen Menschen höre. Für viele Frauen ist klar, dass sie nach der Geburt eines Kindes weiterarbeiten wollen. Teilzeitstellen sind aber heute noch rar – auch für Männer. Der Wandel zeigt sich auch im Kinderbetreuungsgesetz, das 2016 vom Aargauer Stimmvolk angenommen wurde. Die Gemeinden sind neu verpflichtet, den Zugang zu einem bedarfsgerechten Angebot an familienergänzender Betreuung von Kindern bis zum Abschluss der Primarschule sicherzustellen.
Ist es Zeit, die Aarauer Volksschule entsprechend umzukrempeln? Die Betreuungsangebote der Schulen sind beliebt: Aufgrund der weiterhin steigenden Nachfrage wird das Angebot Jahr für Jahr ausgebaut – zuletzt durch den vorgestern an der Urne bewilligten Kredit über knapp 8 Millionen Franken für die Neubauten FuSTA (Familien- und Schulergänzende Tagesstrukturen) und Kindergarten Aarau Rohr. Aarau leistet schon heute einen wesentlichen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das System stösst mittlerweile aber an betriebliche und finanzielle Grenzen. Neue Modelle sind gefragt.

Im nächsten Jahr nimmt die neue Kreisschule Aarau Buchs ihren Betrieb auf. Diese Organisationsumstellung muss verdaut werden. 2019 ist die Pilotphase der Zürcher beendet, bis dahin wird man viele Erkenntnisse zu den Vor- und Nachteilen gewonnen haben. Spätestens dann muss sich auch Aarau Gedanken machen, ob die Volksschule zu einer freiwilligen Tagesschule weiterentwickelt werden soll, oder ob man allenfalls die Unterrichtszeiten neu regeln will. Wichtig bleibt, dass die Eltern die Wahlfreiheit haben, wer die Betreuung ihrer Kinder übernimmt.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen