Harmos, Lehrplan 21 – die Kritik an der Umsetzung der
Schulreformen reisst im Baselbiet seit Jahren nicht ab. Sechs Wochen vor der
kantonalen Abstimmung zu den reformkritischen parlamentarischen Initiativen
«Einführung Lehrplan 21» und «Verzicht auf kostentreibende Sammelfächer», die
beide von Bildungsdirektorin Monica Gschwind unterstützt wurden, veröffentlicht
die Baselbieter Bildungsverwaltung ihre Lehrerbefragung.
Die neuen Sammelfächer fallen durch, Basler Zeitung, 21.4. von Dina Sambar
Diese zeigt, dass die
Lehrpersonen der Sek I – auf ihrer Stufe liegt der Schwerpunkt der Umfrage – in
den Neuerungen mehr Risiken als Chancen sehen. So fallen beispielsweise drei
der vier geplanten Sammelfächer bei den Sek-Lehrern durch. Die Fächerverbünde
«Natur und Technik», «Räume Zeiten, Gesellschaften» und «Wirtschaft, Arbeit, Haushalt»
stossen vorwiegend auf keine oder negative Resonanz. 47 Prozent der Befragten
sehen die drei Fächer als Risiko, nur 20 Prozent nehmen diese als Chance wahr.
Einzig das Sammelfach «Ethik-Religion-Gemeinschaft» geniesst Wohlwollen (46
Prozent Pro, 15,2 Prozent Kontra).
Als Gründe für die Skepsis
werden fehlende Ausbildung der Lehrer oder auch die Gefahr der oberflächlichen
Vermittlung der einzelnen Fächer im Verbund genannt. Positiv gewertet werden
vernetztes Denken und die Vorbereitung auf die Zusammenhänge der modernen Welt.
Auch die Frühfremdsprachen
und deren Didaktik haben bei der Lehrerschaft einen schweren Stand. Hier zeigen
sich vor allem die betroffenen Fachlehrpersonen und die Teilnehmer der
Passepartout-Fortbildung kritisch. Nur 16,2 Prozent werten die Didaktik und
Methodik der Mehrsprachigkeit als Bereicherung, die Hälfte beurteilt deren
Einführung negativ. Sie bemängeln einen zu einseitigen Ansatz, fehlende
Strukturen und zu wenige Stunden für ein wirkungsvolles Sprachbad. Positive
Aspekte werden keine vermerkt.
Schüler
wollen mitreden
In der Befragung wurde
auch auf die verstärkte Orientierung an Kompetenzen im Lehrplan 21, den Umgang
mit Heterogenität und mit Integration innerhalb der aktuellen Rahmenbedingungen
eingegangen. Alle drei Aspekte wurden von den Sek-Lehrern mehrheitlich auch als
Risiko oder zusätzliche Belastung gewertet. Primarlehrpersonen und
Schulleitungen, die zusätzlich auch befragt wurden, stehen den Neuerungen
deutlich positiver gegenüber.
Die Befragung soll dem
Gremium «Marschhalt Sek I», das aus Delegierten der Schulen, Politik und
Verwaltung besteht, als Handlungsgrundlage für die Realisierung einer
mehrheitsfähigen Umsetzung der Bildungsharmonisierung dienen. Die
Schülerbewegung «Bildung wahren statt sparen» monierte gestern in einer
Mitteilung, dass die Schülerschaft im Gremium «Marschhalt Sek I» nicht
vertreten sei, und forderte eine eigene Vertretung, um auch ihre Sicht
einbringen zu können.
Die Starke Schule
Baselland, deren Vorstandsmitglied Jürg Wiedemann Verfasser der Initiativen und
Landrat (Grüne Unabhängige) ist, wertet die Ergebnisse als verheerend für die
Reformbefürworter und die Erziehungsdirektorenkonferenz. Für die Starke Schule
zeigt das Ergebnis, dass Lehrer am 5. Juni in der grossen Mehheit Ja stimmen
werden. BDP-Landrätin Marie-Therese Müller vom überparteilichen Komitee
«Bildungs-Chaos? Zweimal Nein», wertet die Umfrage nur als Momentaufnahme: «Man
muss offen bleiben für Neuerungen und darf sich nicht bereits jetzt alles
verbauen.»
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