Die Sprachenfrage bleibt akut, NZZ, 9.3. von Erich Aschwanden
Die Freude bei zahlreichen Romands war gross,
als am frühen Sonntagnachmittag bekanntwurde, dass sich die Nidwaldner klar
gegen eine SVP-Initiative für nur eine Fremdsprache ausgesprochen haben. Auch
Bildungspolitiker waren erleichtert, dass der schweizerische Konsens vorerst
gewahrt bleibt. Doch die Atempause ist nur kurz.
Voraussichtlich im April befasst sich der Grosse Rat des Kantons
Graubünden mit einer Initiative, die im Schulgesetz verankern will, dass in der
Primarschule nur eine Fremdsprache gelehrt wird. In deutschsprachigen Regionen
Graubündens soll dies Englisch sein, in romanisch- und italienischsprachigen
Deutsch. Gestützt auf ein Rechtsgutachten der Universität St. Gallen kam die
Bündner Regierung im Dezember zum Schluss, die Fremdsprachen-Initiative stehe
in offensichtlichem Widerspruch nicht nur zu den Bestimmungen der
Kantonsverfassung, sondern auch zu denjenigen der Bundesverfassung. Sie soll
deshalb vom Parlament für ungültig erklärt werden.
Für den Bündner Erziehungsdirektor Martin
Jäger (sp.) ist klar, dass dem Entscheid nationale Signalwirkung zukommen wird.
Sein Luzerner Amtskollege Reto Wyss (cvp.), bei dem eine ähnlich gelagerte
Initiative auf dem Pult liegt, sagt denn auch: «Die Expertise von Professor
Bernhard Ehrenzeller enthält grundsätzliche und wichtige Überlegungen für die
Zukunft des Sprachenunterrichts, die über die Situation in Graubünden
hinausgehen.»
Es ist gut möglich, dass einige Zeit vergehen
wird, bis Klarheit über die Verfassungsmässigkeit der Bündner Initiative
herrscht. Jäger geht nämlich davon aus, dass die unterlegene Partei vor
Verwaltungsgericht gehen wird. Dafür spricht, dass das Initiativkomitee am
Donnerstag tagt und wahrscheinlich ein Gegengutachten präsentiert. Sollte das
Volksbegehren für gültig erklärt werden, dürften die Romanisch- und
Italienischbündner diesen Entscheid anfechten, da sie diskriminiert würden. In
letzter Instanz könnte das Bundesgericht in dieser Sache angerufen werden.
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