Französisch bleibt in der Nidwaldner Primarschule, Bild: Christoph Ruckstuhl
Nidwalden wird nicht zum Sprachen-Winkelried, NZZ, 8.3. von Erich Aschwanden und Andrea Kucera
Mit einem so deutlichen Resultat hatte
niemand gerechnet: Mit 61,72 Prozent Nein-Stimmen haben die Nidwaldnerinnen und
Nidwaldner eine Initiative der SVP abgelehnt, die nur eine Fremdsprache in der
Primarschule forderte und der faktisch das Frühfranzösisch zum Opfer gefallen
wäre. Nur gerade die kleinste Gemeinde Emmetten befürwortete das Volksbegehren,
das auch von der Regierung unterstützt wurde.
Kollektive Erleichterung
Eine Behauptung sei gewagt: Hätte der Kanton
Nidwalden gewissermassen im stillen Kämmerlein in dieser Frage entscheiden
können, wäre das Resultat nicht so deutlich ausgefallen. Doch insbesondere in
der Romandie, aber auch im Tessin stiess der erste Volksentscheid auf riesiges
Interesse, der am Fremdsprachenunterricht nach dem Modell 3/5 gerüttelt hätte.
Wie der Nidwaldner Bildungsdirektor Res Schmid
(svp.) erklärt, hat der nationale Fokus auf den Kanton einen entscheidenden
Einfluss ausgeübt. Die Heimat Winkelrieds habe in dieser Frage nicht den
Winkelried spielen wollen, so Schmid.
Kollektive Erleichterung herrschte nach der
Bekanntgabe des Abstimmungsresultates in der Westschweiz. Die jurassische
Erziehungsdirektorin Elisabeth Baume-Schneider (sp.) sprach von einem
grossartigen Resultat: «Für die französischsprachige Schweiz im Land ist das
ein positives Signal: Die Minderheit wird respektiert.» Sie hofft, dass das
Verdikt auch anderen Kantonen zu denken geben werde, die das Frühfranzösisch
abschaffen möchten.
«Nach heute sollten wir endlich aufhören, von
einem Sprachenstreit zu sprechen. Das Resultat aus Nidwalden zeigt, dass es in
der Schweiz keinen Sprachenstreit gibt», ist der Waadtländer FDP-Nationalrat
Fati Derder überzeugt. Er hofft, dass die Botschaft aus Nidwalden zur
Beruhigung der Gemüter beiträgt. Didier Berberat, Neuenburger SP-Ständerat und
Präsident der Vereinigung für die Verteidigung des Französischen, erwartet,
dass nun eine föderalistische Lösung zustande kommt, dass sich also die Kantone
einig werden. Die Möglichkeiten für Austausche unter den Landesteilen müssten
unbedingt ausgebaut werden.
Hoffnung auf Ruhe
Sehr erfreut über das klare Nein zur Fremdsprachen-Initiative zeigte
sich der Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), der Basler
Bildungsdirektor Christoph Eymann. Der EDK-Vorstand sei erleichtert, dass die
Stimmberechtigten des Kantons Nidwalden ein Bekenntnis zur Mehrsprachigkeit des
Landes abgegeben hätten. «Die Bewohner des kleinen Zentralschweizer Kantons
haben über den kantonalen Tellerrand hinaus geblickt und eine gute Entscheidung
getroffen», erklärte Eymann. Beim Bundesamt für Kultur (BAK) nimmt man die Ablehnung
der Fremdsprachen-Initiative zur Kenntnis, wie Sprecherin Anne Weibel auf
Anfrage sagte. Sie will den Entscheid inhaltlich nicht kommentieren. Das BAK veröffentlichte
Ende Februar einen Bericht , in dem es festhielt, im Streit um
den Fremdsprachenunterricht könne der Bund den Kantonen nötigenfalls
vorschreiben, die Kinder bereits in der Primarschule in einer zweiten
Landessprache zu unterrichten.
Am vergangenen Montag hatte Bundesrat Alain
Berset in der Antwort auf eine Interpellation von Ständerat Urs Schwaller
(Freiburg, cvp.) bekräftigt, dass der Bund die Bilanz der kantonalen
Erziehungsdirektoren zum Fremdsprachenunterricht abwarten will, der im Juni
entscheiden soll. Erst dann wolle der Bundesrat über das weitere Vorgehen und
ein allfälliges Eingreifen entscheiden. Das überraschend eindeutige Ja der
Nidwaldner dürfte das Warten auf diesen Bericht wesentlich leichter machen.
Auch EDK-Präsident Eymann hofft, dass auf eidgenössischer Ebene Ruhe bis zum
Sommer einkehre.
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