Wenig Innovation im Matheunterricht, Bild: Berner Zeitung
Neue Ideen für einen spannenderen Mathe-Unterricht, Berner Zeitung, 13.2. von Mirjam Comtesse
Zuerst das Positive: Mathematik wird heute anders unterrichtet als
früher. Franco Caluori von der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz
erklärt: «Vor dreissig Jahren stand ich vor der Klasse – auf Primarschul- und
etwas später auf Gymnasialstufe – und sagte sinngemäss: ‹So macht man das. Das
ist der schnellste und eleganteste Weg zur Lösung.›»
Im schlechtesten Fall hätten sich die Schüler das Vorgehen einfach
gemerkt und für alle weiteren Aufgaben kopiert. «Heute werden die Schüler
angeleitet, aktiv entdeckend auch eigene Lösungswege zu erarbeiten.» Die
modernen Lehrmittel unterstützten diese Form des Unterrichts. Das heutige
Konzept gebe den Kindern ein grösseres Selbstvertrauen, weil sie wüssten: «Ich
bin selbst darauf gekommen.» Das sei viel nachhaltiger, meint Caluori.
Dennoch zeigen Umfragen immer wieder: Mathematik gehört nach wie vor zu
den unbeliebtesten Fächern. Wir haben Pädagogen nach möglichen Rezepten
gefragt, um mehr Begeisterung zu wecken.
Ansatz 1:
Anders benoten
Beat Wälti von der Pädagogischen Hochschule Bern meint, die Art des
Unterrichts habe sich zwar gewandelt. «An der Form der Bewertung hat sich
allerdings wenig geändert.» Seiner Meinung nach sollten die Gedanken und
Überlegungen der Schüler stärker in die Beurteilung einfliessen, anstatt dass
am Ende nur richtig oder falsch zähle.
Zu abstrakte Problemstellungen würden zudem einige Schüler von Anfang an
abhängen. «Bei der Diskussion um Volumina könnte man die Klasse beispielsweise
fragen, wie viel Pfeffer in einen bestimmten Pfefferstreuer passt.» So könne
jeder bei der Suche nach einer Antwort mitreden, auch wenn ihm die mathematische
Sprache fremd sei.
Ansatz 2:
Bezug zum Alltag
Viele Schüler erleben Mathe als praxisfremd. In höheren Stufen lässt
sich dies sicher nicht ganz vermeiden. Wichtig ist aber, wo immer möglich, den
Bezug zum Alltag aufzuzeigen. Einen besonderen Ansatz hat die Pädagogische
Hochschule St.Gallen entwickelt. Seit 2010 gibt sie jährlich für eine andere
Ostschweizer Ortschaft ein Heft mit Mathematikaufgaben heraus, die in der Regel
nur an den erwähnten Plätzen gelöst werden können. Im Büchlein «Mathematische
Lernplätze der Stadt St.Gallen» steht beispielsweise: «Beobachte während zehn
Minuten den Verkehr an der St.Leonhardstrasse. Bestimme den prozentualen Anteil
der roten Personenwagen in Bezug auf alle, die an der Haltestelle
vorbeifahren.»
Alfred Zahner, Projektleiter mathematische Lernplätze, sagt: «Schülergruppen,
welche mit den Lernheften arbeiten, sind begeistert.» Ein Hindernis sei
allerdings der dichte Lehrplan. «Viele Lehrer fühlen sich unter Druck wegen der
Fülle an Lehrstoff und setzen deshalb kaum Lektionen für Mathematik dieser Art
ein.»
Ansatz 3: Leistungsstufen
In der Romandie verfolgt man teilweise einen anderen Ansatz, um die
einen Schüler nicht zu über- und die anderen nicht zu unterfordern. Am
Interkantonalen Gymnasium der Broye im Kanton Freiburg gibt es beispielsweise
Mathematik «standard» und «renforcé». In der stärkeren Gruppe kann mitmachen,
wer sich in Mathe zusätzliche Kompetenzen aneignen will.
Das heisst aber nicht, dass den anderen Schülern der Zugang zu
bestimmten Fakultäten oder universitären Hochschulen später versperrt wäre.
Beide erhalten einen gleichwertigen Abschluss. Untersuchungen, wie sich dies
auf die Leistungen und die Begeisterung für Mathematik auswirkt, gibt es aber
noch nicht.
Ansatz 4:
Weiblicher werden
Es ist ein altes und leides Thema: Mädchen oder junge Frauen geben sich
in mathematischen Fächern oft sehr zurückhaltend. «Bei Mathelehrerinnen zeigen
die Schülerinnen bessere Leistungen», sagt Beat Wälti. Er plädiert zwar nicht
dafür, (noch) mehr Lehrerinnen auszubilden. «Man müsste aber die Lehrer
sensibilisieren für diese Problematik.»
Eine andere Lösung wären geschlechtsgetrennte Klassen in Mathe. Doch
diese Idee, die immer wieder diskutiert wird, scheitert oft an der Realität: Es
fehlt am Willen, an zusätzlichen Lehrern oder dann am Geld.
Ziemlich dreister Einstieg der Journalistin: "Zuerst das Positive: Mathematik wird heute anders unterrichtet als früher". Wenn ich sehe, was die Oberstufenschüler heute so drauf haben, bin ich mir nicht sicher, ob dies eine positive Entwicklung ist.
AntwortenLöschenAusserdem weiss ich, dass viele Mathe-Lehrer angesichts der neuen Lehrmittel die Faust im Sack machen.
Es scheint, als ob Mathe ein Rechtfertigungsproblem hätte. Was ist in Zeiten des allgegenwärtigen Smartphones noch nötig?