Nicht nur die Schulen, sondern auch das Elternhaus ist gefordert, Bild: SRF
Beitrag in der Tagesschau vom 3.8.
Welche
Faktoren sind für ein stabiles politisches System in der Schweiz wichtig?
Dieser Frage ist das Forschungsinstitut gfs.bern in einer Studie im Auftrag der
Bank Julius Bär nachgegangen. Zwölf Reformideen standen zur Debatte. Darunter
auch die Frage nach mehr Einigkeit im Bundesrat oder eine resolutere
Aussenpolitik. Oder müsste der Bund das politische Milizsystem fördern, um ein
stabiles Politsystem zu garantieren?
Der
überraschende Befund der Studie ist die politische Bildung an den Schulen.
Dieses Thema wird von allen Befragten mit Abstand am häufigsten genannt.
Bei der
Umfrage im Mai gaben zwei Drittel der Befragten an, dass zuhause am Familientisch
immer seltener über anstehende Volksabstimmungen diskutiert werde. Ebenso viele
der Befragten sagten aber auch aus, dass politische Bildung nicht Sache der
Eltern sein soll, sondern in der Schule erfolgen müsse.
80 Prozent
der 1011 Befragten sehen mehr Schweizer Politik im Unterricht als wichtigsten
Faktor für eine stabile Demokratie. Eine Mehrheit sieht den Stellenwert der
politischen Bildung sogar gleich hoch wie das Fach Mathematik.
Das Resultat
überrascht auch den Autor der Studie, Politologe Lukas Golder. «Das
Überraschende ist im Kern etwas, das zur Schweiz passt. Es geht immer um die
Bevölkerung.» Es gehe darum, die Leute zu begeistern, damit sie in der Miliz,
in den Gemeinden mitmachen. Deshalb sei eine politische Bildungsoffensive in
der Schule angezeigt, meint Golder.
Dazu müsste
bereits auf Sekundarstufe über anstehende Volksabstimmungen diskutiert wird.
Beim Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer (LCH) stösst diese Forderung auf
offene Ohren.
Laut Beat W.
Zemp, Präsident des LCH, gibt es bereits ganz gute Projekte, aber es fehlt am
Geld, um sie flächendeckend einzuführen oder umzusetzen. Und für Zemp ist klar:
«Die Kantone dürfen natürlich nicht weiter Sparmassnahmen aufgleisen und den
Unterricht zusammenkürzen.»
Mit dem neuen
Lehrplan 21 erhalte das Thema bald auch national mehr Gewicht. Das sagt der
Präsident der Bildungskommission des Nationalrates, Matthias Aebischer (SP/BE).
Im Lehrplan 21 sei die politische Bildung ein Thema. Zur Umsetzung brauche es
aber auch Ressourcen. «Man kann nicht immer mehr von Lehrerinnen und Lehrern
fordern und bei den Ressourcen sparen – das geht gar nicht», sagt Aebischer.
Das
Forschungsinstitut gfs.bern versuchte praxisnahe Reformideen im Bereich der
Schweizer Innenpolitik zu entwickeln. Zahlreiche der entwickelten Ideen fielen
bei der ersten Expertenbefragung aus dem Rennen. Entweder waren sie wenig
akzeptiert oder hatten nur geringe Realisierungschancen.
Für
politische Reformen ist aus Expertensicht eindeutig die Stärkung der
politischen Bildung nötig. Diese Idee schneidet aus Sicht der Bevölkerung am
besten ab. Als weiteren Punkt für politische Reformen gibt es den Vorschlag für
einen verstärkten Einsatz von Task-Forces. Solche Projektgruppen könnten für
strategische Geschäfte auf Bundesebene in enger Zusammenarbeit mit dem
Bundesrat eingesetzt werden.
Mit einem
schlagkräftigeren Bundesrat sind denn auch drei Viertel der befragten
Stimmberechtigten einverstanden. Dieser Reformansatz wäre auch viel eher
akzeptiert als zum Beispiel mehr Bundesräte oder die Stärkung der Position des
Bundespräsidenten.
Die Studie
des Forschungsinstituts soll am Montag allen Bundesparlamentariern per Post
zugestellt werden – in der Hoffnung, dass sie mithelfen, ein
«Polit-Bildungsfeuerwerk» zu zünden.
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