Andererseits sollen mit diesem Gutachten die Kritiker besänftigt werden. Zu diesen gehörte Bildungsdirektor Eymann selbst. Er hegte den Verdacht, "dass man sich (bei der integrativen Förderung) mehr vorgenommen hat, als das System leisten kann". Nun kann Eymann also getrost weitermachen. (uk)
Christoph Eymann freut sich: Basel ist auf gutem Weg, Bild: Hansjörg Walter
Gute Noten für integrative Volksschule Basel-Stadt, Tageswoche, 2.7. von Sarah Carter
Systemevaluation der integrativen Volksschule Basel-Stadt, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik, 20.6.
Die integrative
Schule zählt zu den umstrittenen Reformen. Ihr Konzept besteht
darin, sämtliche Kinder einer Altersgruppe in Regelschulen betreuen zu lassen –
also auch Kinder mit einer Behinderung, Lernschwächen oder einer besonderen
Begabung.
Das Baselbieter
Parlament wies erst kürzlich Urs Wüthrichs Vorlage zur integrativen Schule
zurück, was den Bildungsdirektor so sehr erzürnte, dass er sogar seinen vorzeitigen Rückzug aus der Regierung in
Erwägung zog.
Auch in Basel
ist die integrative Schule nicht unumstritten. Christoph Eymann, Vorsteher der
Erziehungsdepartements Basel-Stadt, bezweifelte einst gar offen, dass das System
den steigenden Anforderungen gewachsen sei.
Basler Schulen schneiden gut ab
Er wollte es
genau wissen und gab im November 2013 bei der Interkantonalen Hochschule für
Heilpädagogik in Zürich eine Studie in Auftrag. Diese liegt nun vor, und
sie gibt Basel gute Noten. Insgesamt attestieren die beiden Studienleiter,
Christian Liesen und Peter Lienhard, den Basler Schulen einen «hohen Stand im
interkantonalen Vergleich». Trotz hoher Reformbelastung werde die Integration
aktiv gelebt, und viele Schulen zeigten ein hohes Engagement.
Christoph
Eymann zeigt sich ob des insgesamt positiven Urteils der Studie erfreut und
verteidigt sein Vorgehen: «Wir benutzen die Studie selbstverständlich nicht, um
sie den kritischen Stimmen um den Kopf zu schlagen.» Ihm sei bewusst, wie
belastend die Reformen für alle Beteiligten seien. Man werde Massnahmen
ergreifen, um die Verbesserungsvorschläge der Studie umzusetzen.
Verbesserungen werden in Angriff genommen
Für
verbesserungswürdig halten die Studienleiter besonders die Informationsflut und
die vielen Handlungsanweisungen, mit denen die Betroffenen zugedeckt würden.
Die Studie identifiziert nicht weniger als 30 Hauptdokumente und rund 60
flankierende Papiere zuhanden der Schulen. Angesichts der Bereitwilligkeit, die
Massnahmen umzusetzen, dürfe man den Bildungsverantwortlichen ruhig mehr
Vertrauen und Handlungsfreiheit schenken, meinen die Bildungsexperten aus
Zürich. Dass «die Schulen mit zu viel Papier gesteuert würden», anerkennt auch
Pierre Felder, Leiter Volksschulen im Basler Erziehungsdepartement.
In einer
Reaktion auf die Verbesserungsvorschläge formuliert das Erziehungsdepartement
Massnahmen, die sofort umgesetzt werden sollen:
·
Die Volkschul-,
Schulkreis- und Schulleitungen führen durch strategische Zielsetzung und sind
gleichzeitig offen für die Realitäten und Bedürfnisse der Praxis. Gefragt ist
Dialog, nicht Monolog.
·
Schuldienste
und Fachstellen erhalten den Auftrag, auf die Schulen zuzugehen und deren
jeweiliges Angebot klar zu definieren. Die Schulen sollen über ein
Unterstützungsnetz verfügen, das sich an ihren Bedürfnissen ausrichtet.
·
Die
Volksschulleitung setzt eine kleine bevollmächtigte Gruppe ein, die in einem
halben Jahr strategische Leitlinien für die Volksschule formuliert. Sie
überprüft die Fülle an Konzeptpapieren auf ihre Notwendigkeit und reduziert den
Detailierungsgrad aufs Nötige. Dadurch wird es für die Schulleitungen besser
möglich, sich auf den Gestaltungsraum ihrer Schule zu konzentrieren.
«Wir
negieren nicht, dass viele Lehrpersonen unter der Situation leiden», betont
Eymann. Es wäre erstaunlich, wenn angesichts des Reformgewitters keine
kritischen Stimmen laut würden, sagt auch Studienleiter Liesen. Es werde leicht
unterschätzt, wie belastend die Reformen auch für gestandene Lehrpersonen
seien.
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