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Nur mittelmässige Schüler wollen Lehrer werden, 20 Minuten, 14.6. von Désirée Pomper
Der selbstbewusste Schüler
mit guten Noten und Karriereambitionen wird gerne Arzt oder Anwalt – aber
sicher nicht Lehrer. Für diesen Beruf interessieren sich eher mittelmässige
Schüler. Das zeigt der Hochschul-Bildungs-Report 2020, den der Stifterverband
für die deutsche Wissenschaft und die Unternehmensberatung McKinsey in Auftrag
gegeben haben. Dazu wurden 521 Abiturienten im Alter von 17 bis 22 Jahre
befragt.
Nur 17 Prozent der guten
Abiturienten geben den Lehrerberuf als eine tatsächlich infrage kommende Option
an. Sie vermissen die Karrieremöglichkeiten. Dagegen ist fast die Hälfte aller
mittelmässigen Schüler «eher» bis «sehr» am Lehrerberuf interessiert.
Walter Bircher, Rektor der
Pädagogischen Hochschule Zürich PHZ, stellt fest: «Auch in der Schweiz werden
die Maturanden mit den besten Noten eher nicht Lehrer.» Viele dieser Schüler
wünschten sich einen Job mit mehr Prestige und hohem Einkommen. «Dafür haben
wir Leute mit breiten Interessen und Begabungen. Dies ist eine wichtige
Voraussetzung für den Lehrerberuf.»
Ohne Selbstvertrauen und
Durchsetzungskraft
Die jungen Menschen, die
Lehrer werden wollen, sind laut dem deutschen Bildungsreport nicht nur
mittelmässige Schüler. Sie geben auch an, nicht sehr selbstbewusst zu sein und
sich nicht gut durchsetzen zu können – Eigenschaften, die elementar sein dürften,
um in einer Schulklasse zu bestehen. Gerade mal 13 Prozent glauben, dass sie
durchsetzungsstark sind, und 16,3 Prozent, dass sie gut öffentlich auftreten
können. Nur 15,8 Prozent geben an, Selbstvertrauen zu haben. Knapp ein Fünftel
gibt Überzeugungskraft als Stärke an. Immerhin glaubt fast ein Drittel der
Befragten, dass sie gut erklären können.
«Auch in der Schweiz gibt
es unter den Studierenden Leute, die in diesen Bereichen zulegen müssen», sagt
Beat Zemp, Präsident des Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerverbandes. Das
Bewusstsein, dass die Lehrperson auch eine Führungskraft ist, sei gewachsen.
Diese Auftritts- und Führungskompetenz werde deshalb an den Pädagogischen
Hochschulen in speziellen Modulen gelehrt. «Es spielt schliesslich eine Rolle,
ob die Lehrperson am Morgen ins Schulzimmer schleicht oder selbstbewusst
auftritt.»
PHZ-Rektor Bircher dagegen
erlebt die jungen Lehrpersonen in der Schweiz als äusserst selbstbewusst. Grund
dafür sei, dass in der Schweiz der Lehrerberuf im Vergleich zu Deutschland viel
dynamischer sei: «Wer hierzulande den Lehrerberuf ergreift, ist kein Beamter
auf Lebzeiten.»
«Burnout-Rate senken»
Der SVP-Nationalrat und
ehemalige Lehrer Hans Fehr ist dagegen überzeugt: «Würde man
bei der Selektion Kandidaten mit einer nicht gefestigten Persönlichkeit
frühzeitig aussieben, dann könnte man die Burnout-Rate von Lehrern senken.» Für
den Erfolg als Lehrer sei es elementar, überzeugend Grenzen zu setzen und diese
auch durchzusetzen.
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