31. Juli 2011

Problem des Romanischen: Keine Feinde

Der deutsche Sprachwissenschaftler Rolf Kailuweit äussert sich in der Südostschweiz vom 31.7. zur Zukunft des Romanischen. Interviewpartner: Olivier Berger
"Der Antrieb zum Spracherhalt kann immer nur von den Sprechern selbst ausgehen. Sie müssen die Sprache als Symbol ihrer Gruppenidentität ansehen. Der Staat kann dann fördernd eingreifen. Aber, ich sage das mal so zynisch: Der Antrieb scheint besonders hoch, wenn ein klares historisches Feindbild vorhanden ist. Und daran fehlt es wohl beim Bündnerromanischen. Die Schweiz als Staat und die deutsche beziehungsweise italienische Sprachkultur eignen sich nicht besonders gut als Feindbild."
"Man muss wissen, welche Funktion die Gemeinsprache haben soll. Sie kann das Einheitsbewusstsein ... stärken und helfen, neue Sprecher zu gewinnen ... Aber eine Gemeinsprache mit potenziell 60'000 bis 70'000 Sprechern wird nicht mit den grossen Kultursprachen Deutsch, Französisch und Italienisch konkurrieren können. Hinzu kommt das Englische als Weltsprache. Da fragt es sich dann, ob sich für die Sprecher der Aufwand lohnt, eine voll ausgebaute Schriftvariante zu erlernen."
"Die offiziellen Stellen möchten eine Varietät für den Schriftverkehr schaffen. Der Basis mag dies nicht so wichtig erscheinen. Aber Minderheitensprachen brauchen heutzutage repräsentative Formen auch und gerade, um in den Medien präsent zu sein. Die Frage ist, wie viel Flexibilität bei der Norm besteht. Das Prinzip der Polynomie (regionale Varianten sind erlaubt) erhöht in der Anfangsphase die Akzeptanz des Sprachausbaus erheblich."
"Sicher werden die Entwicklung der Schriftnormen und vor allem der Gebrauch in den Medien dazu beitragen, die Minderheitensprachen auch denen zugänglich zu machen, die sie nicht als Muttersprachen sprechen. Wenn auch dieser Personenkreis sich mit der Regionalkultur identifiziert, besteht die Möglichkeit, dass die Regionalsprache zumindest symbolisch präsent bleibt und die Globalisierungsprozesse zu kompensieren hilft ... Die Sprecher müssen entscheiden, ob und in welchem Umfang sie ihre Sprache erhalten wollen ... Aber wenn die Sprecher die Förderung nicht annehmen und aktiv mitgestalten, bleibt sie ohne Nachhalt."

28. Juli 2011

Rumantsch Grischun: Fragen an Bündner Persönlichkeiten

Im Zusammenhang mit der Debatte ums Rumantsch Grischun (Rumantsch Grischun ausgebremst; Rechtliche Fragen prioritär) will ich die Meinung von verschiedenen Persönlichkeiten erfahren. Dazu zwei Fragen:
1. Bedeutet der Vorschlag der Regierung das Ende einer einheitlichen romanischen Unterrichtssprache?
2. Sollen sich die nichtromanischen Bündner Grossräte in die Diskussion einmischen?
Die Antworten werden unter den Kommentaren gesammelt.
Andrea Urech (Pro Idioms) blickt zurück auf den Konflikt

Rumantsch Grischun: Rechtliche Fragen prioritär

Das Durcheinander, welches Romanisch in Graubünden denn unterrichtet werden soll (Rumantsch Grischun ausgebremst), erhält eine neue rechtliche Dimension. Das kantonale Sprachengesetz gibt den Gemeinden die Kompetenz, die Schulsprache zu bestimmen. In Romanischbünden kann dies auch ein Idiom sein. Gleichzeitig existiert die Regelung, dass romanische Lehrmittel nur noch in Rumantsch Grischun (RG) herausgegeben werden dürfen. Juristenfutter produziert von den vielen Rechtsgelehrten im Grossen Rat.
In der Südostschweiz, 28.7. kommen einige Exponenten zu Wort:
Arno Lamprecht, Gemeindepräsident Val Müstair: "Mit diesem Kompromiss der Regierung, ist die Idee einer einheitlichen romanischen Unterrichtssprache zum Scheitern verurteilt". Gian Peder Gregori, Linguist und Befürworter von RG:"Diese Konfrontation mit zwei Sprachvarianten (RG und Idiom) ist aus sprachpädagogischer Sicht absurd ... Die ursprüngliche Strategie, einen Schritt von fünf zu einer Schriftvariante zu machen, hat sich in eine Strategie von fünf zu sechs Schriftformen gewandelt ... Es gibt umstrittene Fragen, bei denen ein Kompromiss die falsche Entscheidung ist". Domenic Toutsch, Präsident der Pro Idioms:"Die rechtlich ungelöste Frage musste zu dieser Situation führen".
Der Bündner Grosse Rat berät im Oktober. Entscheidend wird sein, ob und wie sich die romanischen Volksvertreter einigen können. Deutsch- und italienischsprachige Grossräte unterstützen in der Regel die Positionen der Romanen.

26. Juli 2011

Verbesserungen für Bündner Lehrpersonen in Sicht

Die Regierung schlägt dem Bündner Grossen Rat folgende Änderungen im Schulgesetz vor:

  • Lohn gemäss ostschweizerischem Mittel (ohne ZH)
  • Reduktion der Pflichtlektionen/Woche von 30 auf 29
  • Klassenlehrer-Entlastung von 1 Lektion/Woche
  • Modell C wird nicht mehr subventioniert
Die Pille, die dabei zu schlucken ist: Anstatt 38 Schulwochen sollen neu 39 Schulwochen unterrichtet werden.

Rumantsch Grischun ausgebremst

Erziehungschef Martin Jäger (SP) macht eine Weichenstellung seines Vorgängers und Parteifreundes Claudio Lardi rückgängig. Er schlägt vor, in den romanischen Schulen neben Rumantsch Grischun (RG) nun auch Lehrmittel in den fünf romanischen Idiomen zuzulassen. Der Druck der Gemeinden und der in einem Verein organisierten Gegner des RG war zu gross. Zwei Einsichten drängen sich bei diesem Entscheid auf:
1. In Graubünden hat die Bevölkerung noch immer einen starken Einfluss auf das Geschehen in der Schule. Eine Volksschule, die auch vom Volk getragen ist, ist grundsätzlich eine gute Sache.
2. Der Föderalismus nimmt in Graubünden Züge an, welche nicht mehr nachvollziehbar sind. Bereits die drei Kantonssprachen strapazieren eine einheitliche kantonale Schulpolitik erheblich. Nun breitet sich über Romanischbünden ein Flickenteppich von sechs (RG + die fünf Idiome) unterschiedlichen Schulsprachen aus, der nicht mehr zu koordinieren oder zu vergleichen ist. Ich denke dabei auch an die Aufnahmeprüfungen in Romanisch.
Bündner Regierung macht Kehrtwende (Bericht Regionaljournal DRS) 26.7.
Berichterstattung des Schweizer Fernsehens

23. Juli 2011

Quereinsteiger-Ausbildung ärgert Lehrer

Nach den Schlagzeilen in Zürich (Schnellbleiche-Lehrer sind gefragt, Wird Ausbildung zur Nebensache) sorgt die geplante Quereinsteiger-Ausbildung in Basel nun ebenfalls für Gesprächsstoff. Schweizer Lehrer mit regulärer Ausbildung ärgern sich darüber, dass sie gegenüber den Deutschen und den Quereinsteigern nun bloss noch dritte Wahl seien. Die neue Ausbildung erlaubt es den Studierenden, von Beginn an 50% als Lehrkraft zu arbeiten. Ausserdem dauert das Studium nur gerade zwei Jahre gegenüber den vier bis fünf Jahren im normalen Ausbildungsgang. Ein Haken hat die Ausbildung für Quereinsteiger allerdings: Sie dürfen nur im Bildungsraum Nordwestschweiz arbeiten (BS, BL, AG, SO).
Lehrer ärgern sich über Konkurrenten, Basler Zeitung online 23.7. von Franziska Laur

Im Gespräch: Abtretender Anton Strittmatter spricht Klartext

Der zurücktretende Chef der Pädagogischen Arbeitsgruppe LCH, Anton Strittmatter, gibt der Zeitschrift "Bildung Schweiz" zu seinem Abschied ein Interview. Darin nimmt der Chefstratege des LCH kein Blatt vor den Mund. Hier eine Auswahl seiner Antworten:

  • Die Ansprüche sind massiv gestiegen; dies gilt sowohl für die Lernziele und Lerninhalte als auch für die erzieherischen Aufgaben.
  • Wir können es uns heute nicht mehr leisten, so viele Nichtkönner zu produzieren, wie das früher der Fall war.
  • Es war vor 40 Jahren einfacher. Es war einfacher, weil man auf die Gratisleistungen des Elternhauses, der Kirche etc. zählen konnte. Heute bewegt sich die Lehrperson wie in einer Tellernummer im Zirkus, wo sie ständig schauen muss, dass nichts zu Boden fällt und zerbricht.
  • In diesem Zusammenhang habe ich Schulen auch immer wieder ermuntert, eine Kultur der Selbstevaluation zu pflegen... Gleichzeitig bekämpfte ich die heutige Form der externen Schulevaluation, die ich als Entmündigung der Lehrerschaft erachte.
  • Ein Beispiel ist der mangelnde Wille zu einem schlanken, kohärenten Lehrplan. Die Gefahr besteht auch bei der Ausarbeitung des Lehrplan 21, wenn die Fachdidaktiker wieder viel zu viel reinpacken wollen.
  • Ein zweites Thema ist die Professionalisierung der Ausbildung der Lehrpersonen; diese ist ungenügend gelungen. An den PH herrscht nach wie vor ein skandalöser bunter Jahrmarkt der Konzepte. Es gibt kein einziges Lehr-Modell, kein Kernkurrikulum, kein Standardwerk, das als allgemein verbindlich gilt.
  • Enttäuscht bin ich auch von der Entwicklung der Schuleingangsstufe. Im Moment wird dort gerade das Begräbnis der Idee der Basisstufe vorbereitet.
  • Mehrere Untersuchungen zeigen jedoch, dass junge Leute mit Forscherdrang eher andere Studienfächer wählen, und sogar, dass unter PH-Studierenden antiwissenschaftliche Reflexe verbreitet sind.
Das vollständige Gespräch "Der letzte, der sich noch ungestraft Frechheiten erlauben durfte" (Bildung Schweiz 7/8, 2011)

21. Juli 2011

Zürich: Neue Mehrklassenregelung vorgeschlagen

Neu können alle Lehrpersonen in den Genuss einer Zulage kommen, wenn sie an einer Klasse mit schwierigen Verhältnissen unterrichten. Die bisherige Regelung sah Zulagen für Lehrpersonen vor, die an Klassen mit mehreren Schülerjahrgängen unterrichten. Dies beruhte auf der Überlegung, dass der Aufwand in diesen Klassen grösser ist als in Jahrgangsklassen. Dies trifft jedoch heute kaum mehr zu. Die Jahrgangsklassen sind heute durchschnittlich grösser als Mehrjahrgangsklassen und weisen zum Teil grosse Leistungsunterschiede auf. 
Die Gesamtsumme der Zulagen bleibt unverändert. Sie wird aufgrund der Stellenzahl auf die einzelnen Gemeinden verteilt. Diese können damit jene Lehrpersonen belohnen, die eine besondere Leistung erbracht haben. Dazu zieht die Schulpflege jeweils im Frühjahr Bilanz über das laufende Schuljahr und meldet die zulageberechtigten Lehrpersonen der Bildungsdirektion. 
Der Zürcher Regierungsrat hat die entsprechende Verordnungsänderung beschlossen. Sie bedarf der Genehmigung durch den Kantonsrat.

20. Juli 2011

Schulleiter: Grosse Mühe bei der integrativen Förderung

Die Schweizer Schulleiter schlagen Alarm: 88% der befragten Schulen hätten Mühe, Stellen für die integrative Schulung überhaupt zu besetzen. Damit ist eine erfolgreiche Umsetzung des Projekts weiterhin gefährdet. Ein weiterer Knackpunkt für den Erfolg sind die unzureichenden Ressourcen. 
In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass sich im Kanton Zürich die Zahl der als geistig behindert eingestuften Kinder zwischen 2000 und 2009 fast verdoppelt hat. Ebenfalls verdoppelt hat sich die Zahl der Kinder mit einer Verhaltensauffälligkeit. Das heisst: Die Schulpsychologen stellen immer mehr behinderte Kinder fest, mit denen aber niemand arbeiten möchte. Da stellen sich doch ein paar interessante Fragen.
Bericht von Michael Schoenenberger in der NZZ, 20.7.

Schulvergleiche verführen zu Betrug

Das Thema „Schulrankings“ und „Vergleichstests“ geistert immer wieder durch mein Blog. In der Wirtschaft kennen wir neben dem Grundlohn auch Zuschüsse – sogenannte Boni – die gute Arbeit belohnen sollen. Damit will man die Leute zu besseren Leistungen motivieren. Auf die Schule übertragen heisst dies: Je besser die Schulkinder in Tests abschneiden, desto besser muss die Leistung der Lehrpersonen sein. Es ist zu befürchten, dass Vergleichslisten von verschiedenen Schulen in den Händen von Politikern zu Geldverteiltabellen mutieren. Dass diese vereinfachte Sicht gerade in der Schule nicht funktioniert, ist schon mehrfach erläutert worden (siehe auch den Post „LCH ist gegen sinnlosen Wettbewerb"). Aktuell ist ein Fall aus den USA, wo Lehrer bewusst Testresultate geschönt haben, um mehr staatliche Subventionen zu bekommen.

18. Juli 2011

Genf soll am Mittwoch weiterhin schulfrei bleiben

Genf ist der einzige Kanton in der Schweiz, in dem die Kinder am Mittwoch keinen Schulunterricht haben. Geht es nach der Pädagogischen Gesellschaft Genf (SPG), dann soll es auch so bleiben. Sie hat ein entsprechendes Referendum mit 18'088 Unterschriften eingereicht - nötig wären 7000.

«Das ist ein schöner Erfolg», sagte SPG-Präsident Laurent Vité am Montag vor den Medien. Das eingereichte Referendum richtet sich gegen das neue Schulgesetz, laut dem ab 2013 Kinder zwischen acht und zwölf Jahren am Mittwochmorgen zur Schule gehen sollen - einen halben Tag mehr als heute.
Kinder unter acht Jahren sind hingegen von der Änderung nicht betroffen. Sie gehen weiterhin nur vier Tage zur Schule.
Das Genfer Kantonsparlament hatte Ende Mai dem neuen Gesetz mit 56 gegen 22 Stimmen bei vier Enthaltungen zugestimmt. Mit der Erhöhung der Schulstunden soll das Niveau der Schüler angehoben werden. Denn die Genfer Schüler hatten in der Vergangenheit bei den Pisa-Studien jeweils schlecht abgeschnitten.
Das Referendum wurde seitens der Politik nur von der linken SolidaritéS und dem Mouvement citoyens genevois unterstützt. Die Volksabstimmung findet voraussichtlich im März 2012 statt.  
Quelle: sda
Bleiben in Genf am Mittwoch die Schulzimmer weiterhin leer? (Bild: Keystone)

17. Juli 2011

Wird Ausbildung zur Nebensache?

Eine beträchtliche Zahl von Lehrkräften unterrichtet ohne passende Ausbildung. Hier sind die Ausbildungsstätten gefordert: Wenn es möglich ist, dass man auch ohne stufengerechte Qualifikation zur Zufriedenheit von Schulleitung, Eltern und Jugendlichen unterrichten kann, dann stimmt etwas nicht. Allzu oft wird die Ausbildung nämlich als notwendiges Übel angesehen - fehlender Praxisbezug der Inhalte ist ein oft gehörtes Urteil.
Eine Ausbildung muss sich lohnen: für die Absolventen und für die Gesellschaft. Bei fehlenden Stufen-Diplomen reagiert man mit Lohnkürzungen oder der Verpflichtung zu einer Nachqualifikation. Nachqualifikationen, die bloss als Schikane empfunden werden, bringen uns aber nicht weiter.
Katharina Bracher hat das Thema kommentiert.

Die Volksschule braucht wieder mehr Alleskönner
Weil die pädagogischen Hochschulen Fachexperten statt Wissensvermittler ausbilden, fehlt es auf einigen Schulstufen an geeignet ausgebildeten Lehrern. Mit ihrer Ausbildung können Lehrkräfte zwar mit Expertenwissen auftrumpfen, sind aber nicht ohne weiteres für alle Schulstufen einsetzbar. Dies verursacht unter anderem in der Sekundarschule Probleme. Im Kanton Solothurn unterrichtet ein Drittel aller Lehrkräfte auf der Sekundarstufe ohne entsprechendes Diplom. Diesem Missstand könnten die Ausbildungsstätten begegnen, indem sie ihre Lehrer zu Allroundern ausbilden, die für den Schulalltag gerüstet sind. Jugendliche, die nach der Primarschule vor allem eine Vertiefung bisher erworbenen Wissens und eine praxisbezogene Vorbereitung auf die Berufslehre brauchen, müssen von Pädagogen mit didaktischem Geschick und Einfühlungsvermögen unterrichtet werden. Für Fortkommen und Erfolg dieser Schüler sind weder Expertenwissen noch wissenschaftliche Bildung des Lehrers entscheidend. Ohne die Flexibilität von Lehrern, die trotz fehlender Ausbildung auf anderen Stufen unterrichten, müssten viele Schulen den Betrieb schliessen. Diesen Einsatz müssen Schulen anerkennen, indem sie zeitliche Entlastung und finanzielle Unterstützung garantieren, damit Lehrpersonen ohne passendes Diplom die nötige Ausbildung nachholen können. Vorausgesetzt, die pädagogischen Hochschulen bilden wieder mehr Lehrer aus, die in guter Wissensvermittlung brillieren - und darin, jungen Leuten ihre Perspektiven aufzuzeigen.
Katharina Bracher, NZZaS, 17.7.
Hörbeitrag von DRS Regionaljournal Zentralschweiz, 12.7. (verantwortlich: Karin Portmann)

Einfacher mehr Fächer auf Stufe Sek I unterrichten

Die PHZH bietet neu ein Ergänzungsstudium an für Fächer, die man an der Sekundarschule unterrichten möchte. Voraussetzung dafür ist ein Stufendiplom für die Sek I oder die Unterrichtsberechtigung für mindestens ein Fach an der Sekundarschule.
Bisher erwarben Studierende die Qualifikation für vier Fächer. In der Praxis stellte sich heraus, dass damit nicht alle notwendigen Fächer von ausgebildeten Leuten erteilt werden konnten. Der nun vereinfachte Erwerb von zusätzlichen Fächerqualifikationen soll die Situation verbessern. 
Weitere Informationen im Bericht des DRS Regionaljournals Zürich

7. Juli 2011

"Schnellbleiche-Lehrer" sind gefragt

Im März haben sie ihre Ausbildung zum Primarlehrer begonnen und im August stehen sie bereits vor ihren Klassen: die sogenannten Quereinsteiger an der PH Zürich. Alle Studenten hätten innert kürzester Zeit eine Anstellung gefunden. Dank ihrer Motivation und ihrer Lebenserfahrung seien die Junglehrkräfte bestens gerüstet. Während einem Jahr werden sie allerdings noch weiter studieren müssen, dann erhalten sie ihr Lehrerpatent.
Regionaljournal DRS, 7.7.

Chaos im Beurteilungswesen

Die Misere ist schon lange bekannt: Unsere Zeugnisse genügen nicht mehr. Deshalb haben private Firmen eine Alternative geschaffen, die sich im Lehrstellenmarkt durchgesetzt hat. Diese Tests (siehe frühere Posts) sind aber erstens von fragwürdiger Qualität und kosten zweitens die Eltern auch noch Geld. Nun existiert mit dem St. Galler Stellwerktest ein staatlicher Vergleichstest. Auch er hat seine Mängel, verbreitet sich aber über die ganze Deutschschweiz. Und dann wäre ja noch unser Zeugnis, das ständig an Bedeutung verliert. Und dies trotz des grossen Aufwandes, der dafür betrieben wird.
Die "Rundschau" des Schweizer Fernsehens berichtet über Multi- und Basic Check, sowie über den Stellwerktest.
Bericht von Regula Tobler in der "Rundschau"

6. Juli 2011

Luzern: Petition gegen Sexualkunde

Die Junge SVP Luzern hat in einer Petition 6370 Unterschriften gegen Sexualunterricht im Kindergarten gesammelt. Die Unterschriften sind innerhalb von fünf Wochen gesammelt worden. Die JSVP Luzern befürchtet einen staatlich verordneten Sexualkunde-Unterricht bereits für Vierjährige.
Neue Luzerner Zeitung, 6.7.

Schulevaluation hat einen Vorteil

In einem deutlichen Leserbrief zum Artikel von Sabine Windlin (siehe früherer Post) bringt Werner Guntli seine eigenen Erfahrungen mit Schulevaluationen aufs Papier. Er sieht jedoch auch einen Vorteil im ganzen Evaluations-Prozedere - den verrate ich Ihnen jedoch nicht :-) lesen Sie selbst. 

Besten Dank für den Artikel von Sabine Windlin über die externe Schulevaluation (NZZ 27. 6. 11). Sie vermeidet dabei ja ein allzu hartes Urteil über diese Geldvernichtungsmaschine der Bildungsbürokratie, aber zwischen den Zeilen wird - mitunter auch durch augenzwinkernd ironische Wortwahl - deutlich, dass hier wieder einmal ein Berg eine Maus gebiert. Ich möchte gerne noch etwas deutlicher werden: Das ist nun wirklich das Dümmste, was sich die Bildungstheoretiker ausgedacht haben. Noch vom unbedarftesten Visitator (Bezirksschulpfleger) profitierte ich mehr als von diesen Teams, bestehend aus humorlosen, grauen, unnahbaren Ex-Lehrkräften. Wenn ich daran zurückdenke, dass ich bei der ersten «Übung» dieser Art als Hausvorstand an meiner ehemaligen Schule von Amtes wegen noch gute Miene zum nutzlosen Spiel machen musste, packt mich immer noch das Entsetzen bzw. die Scham. Bei der zweiten, vier Jahre später, hatte das Evaluationsteam bereits etwas dazugelernt: Der Bericht wurde uns präsentiert, ohne dass das Lehrerkollegium sich dazu äussern durfte. Während etwa zweier Stunden wurden uns per Folienpräsentation Worthülsen um die Ohren geschlagen.
Nennen wir doch den fast einzigen positiven Punkt der Sache beim Namen: In den Evaluationsteams finden einige Lehrkräfte Unterschlupf, denen der Schuldienst an der Front verleidet oder zu viel geworden ist. Sie kriegen dort noch ihr Gnadenbrot. Um nicht falsch verstanden zu werden: Es ist keinesfalls ehrenrührig, von der Schule genug zu haben, ein Burnout vermeiden zu wollen. Aber in diesem Punkt wären die Bildungsdirektionen echt gefordert. Was tun sie für die Lehrkräfte, die, im Schuldienst stehend, nicht so locker und problemlos das Pensionsalter erreichen? Mit den Unsummen, die für die unnötige Schulevaluation verpulvert werden, könnte man einiges bewirken.
Werner Guntli, NZZ, 4.7.

Mehr Schulqualität durch mehr Lehrerverantwortung

In seinem Kommentar zu den Bildungszielen der EDK (siehe frühere Posts) äussert Michael Schoenenberger in der NZZ vom 5.7. ein paar bemerkenswerte Dinge. Erstens findet er, eine Vereinheitlichung sei noch keine Verbesserung. Die Gefahr, dass man sich per Kompromiss gegenseitig nach unten bewegt, ist sehr real. Zweitens macht Schoenenberger einen Vorschlag zur Qualitätssteigerung: den Lehrern mehr Verantwortung übertragen. Lehrer sind mehr als blosse Befehlsempfänger.
Lesen Sie hier den vollständigen Text von Michael Schoenenberger, NZZ, 5.7.


Wer etwas zu kommunizieren hat, der soll es klar und deutlich tun und mit Wörtern nicht Verwirrung stiften. Wenn die EDK-Verantwortlichen von der «Schulharmonisierung auf föderalistischem Weg» sprechen, dann mag das für den Prozess zutreffen. Die Vereinheitlichung von Strukturen und Zielen für die obligatorische Schule ist tatsächlich von den Kantonen gemeinsam und auch mit demokratischer Legitimation an die Hand genommen worden.

Wer dann allerdings vom Inhalt spricht, der sollte die Wörter Harmonisierung und Föderalismus nicht gleichzeitig in den Mund nehmen. Denn föderalistisch ist die Gleichmacherei der Schule auf nationaler Ebene natürlich nicht. Und es hilft auch wenig, darauf hinzuweisen, dass Entscheide die Volksschule betreffend künftig immer noch kantonal getroffen werden dürfen. Tatsache ist: Die obligatorische Schule wird mit dem Harmos-Konkordat «eidgenössischer». Als Föderalist, als Anhänger subsidiärer Lösungen mag man das bedauern. Zu ändern ist es nicht, denn die Verfassung schreibt die Schulharmonisierung nun einmal vor.
In diesem Prozess ist es aber angezeigt, nur so weit zu gehen wie unbedingt nötig. Betreffend die Schulstrukturen war das der Fall. Wenn zwei Kindergartenjahre fast überall schon Realität sind, dann sind entsprechende Regelungen zwischen den Kantonen mit Blick auf die Mobilität sinnvoll. Auch bei der Vereinbarung der Bildungsziele ist Mass gehalten worden, wie ein Blick in die Grundlagenpapiere zeigt. Festgelegt werden nur die Grundkompetenzen, die dann in den sprachregionalen Lehrplänen konkretisiert werden. Es ist zu begrüssen, dass die Fachleute - Wissenschafter, Didaktiker und Praktiker - den Weg der Vereinbarung massvoller Ziele nicht verlassen haben. Denn wer erst einmal reguliert und vereinheitlicht, ist häufig nicht mehr zu bremsen.
Vereinbarte Standards alleine - man darf sich hier keine Illusionen machen - erhöhen die Qualität der Bildung nicht. Auch wird nicht jegliche Ungerechtigkeit eliminiert, die ein schulisches System mit sich bringt. Was sie bringen, sind eine bessere Vergleichbarkeit und eine gewisse Sicherheit, dass Schülerinnen und Schüler am Ende eines Schuljahres etwa den gleichen Bildungsstand haben. Mehr aber nicht. Erfahrungen mit zu starken Harmonisierungen zeigen, dass die Gefahr einer Absenkung des Niveaus besteht.
Qualität von Schule und Bildung ist vielschichtig. Wer eine hohe Qualität an Schulen will, der muss in erster Linie viel Verantwortung an die Lehrpersonen delegieren. Denn sie sind es, die die wichtige Frontarbeit verrichten, nicht die Bildungsbürokraten. Wer die Lehrer zu Befehlsempfängern macht, der muss sich nicht wundern, wenn ihre Motivation sinkt und damit auch die Qualität des Unterrichts.

4. Juli 2011

Uri regelt Ferien neu

Bis anhin richtete man in Uri die Ferien nach dem Zeitpunkt von Ostern. Neu werden die Sportwoche und die Frühlingsferien fix gesetzt. Die Fasnachtstage bleiben aber auch mit der neuen Regelung schulfrei. 
DRS Regionaljournal, 4.7.

Nationale Bildungsziele: Optimismus beim Fremdsprachenunterricht

Im untenstehenden Link kann nachgeschaut werden, welche Grundkompetenzen unsere Schüler nach dem 4., 8. und 11. Schuljahr erworben haben sollen. Dabei werden die obligatorischen zwei Jahre Kindergarten nun automatisch zur Schulzeit gerechnet.
Diese Grundkompetenzen umschreiben also, was alle Schüler können müssen. Noch ist allerdings wenig Fleisch am Knochen. Konkrete Inhalte fehlen, da die Umsetzung für die Schule in Form von Lehrplänen und Lehrmitteln noch bevor steht. Eine kleine Überraschung beinhalten die Grundkompetenzen trotzdem: Hinsichtlich des frühen Fremdsprachenlernens sind die Verfasser zuversichtlich, dass das Niveau in der Primarschule gegenüber heute ansteigen wird. Grund dafür sind "die zunehmende Umsetzung einer Mehrsprachigkeitsdidaktik, die Entwicklung entsprechender Lehrmittel, die Stärkung von Austauschprogrammen und eine angepasste Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen."


Die Grundkompetenzen sind hier abrufbar.

EDK gibt Bildungsziele bekannt

Soeben veröffentlichte die EDK die gemeinsamen Bildungsziele für die Volksschule. Darin wird festgelegt, was an der Primar- und Sekundarschule in den vier Bereichen Schulsprache, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften gelernt werden soll. Die veröffentlichten Grundkompetenzen werden Einfluss haben auf die geplanten Lehrpläne, Lehrmittel und Beurteilungsinstrumente.
Medienmitteilung der EDK, 4.7.

60% der Lehrlinge benötigen Multi- oder Basic Check

Je stärker die Akzeptanz der Zeugnisse sinkt, umso mehr gewinnen Eignungstests an Bedeutung. In der Schweiz sind dies die beiden privaten Testanbieter Multicheck und Basic Check. Problematisch dabei ist, dass hier keine Rücksicht auf kantonale Unterschiede in den Lehrplänen genommen wird. Weil für einzelne Branchen der Eignungstest ein fixer Bestandteil der Bewerbung ist, gibt es keine Alternativen für die Jugendlichen. Interessant wäre auch eine Qualitäts-Analyse der beiden Tests.
Das Gewerbe findet Gefallen an den scheinbar objektiven Aussagen des Basic und Multi Checks. Die öffentliche Schule hat bis jetzt noch keine Antwort auf diese private Konkurrenz, welche die Zeugnisse in der Leistungsbeurteilung zu ersetzen drohen.  
Bericht von Claudia Gnehm mit Lesermeinungen, Blick online

3. Juli 2011

Smartphones fordern Schulen heraus

Der Spickzettel ist Vergangenheit: Neu vertrauen die Schüler moderner Technik. Die Prüfung der Parallelklasse wird photografiert, verschickt und per Internet werden die Lösungen gesucht. Eine Herausforderung für die Schulen, die verschiedene Regelungen entwickelt haben, um das Handy vom Unterricht fern zu halten. 
Andererseits ist es kurzsichtig, die positiven Eigenschaften eines Smartphones nicht auch für den Unterricht zu nutzen. Dazu müssten allerdings tradierte Testformate aufgegeben werden. So schlecht kann ein Überdenken unserer Prüfungskultur auch nicht sein! 
Wo Leistung gefordert wird, sucht der Mensch nach Abkürzungen mit weniger Aufwand. Das Handy eignet sich schlecht als Sündenbock für nicht mehr zeitgemässe Testverfahren. 


Das Smartphone ist vielseitig einsetzbar - wie Surfen auf dem Internet. 
Bild: Neue Luzerner Zeitung
Bericht Neue Luzerner Zeitung

2. Juli 2011

Bald nur noch eine Zeugnisnote für Sprachfächer in Zürich?

Die Zürcher Lehrerschaft muss in den Sprachfächern jeweils die vier Fertigkeiten Lesen, Schreiben, Hören und Sprechen separat bewerten. Das bedeutet eine massive Steigerung des Korrektur-Aufwandes für Sprachlehrer, die ja oft mehrere Klassen und mehrere Sprachen unterrichten.
Aus Gründen einer qualitativ verbesserten Beurteilung macht es sicher Sinn, wenn sich die Noten nicht bloss aus den traditionellen Bereichen Grammatik und Wortschatz zusammensetzen. Die Schüler sollen am Ende ihrer Schulzeit die Sprache ja auch ausserhalb der Schule benutzen können. Deshalb sind Beurteilungen in allen vier Sprachfertigkeiten wichtig und richtig. Diese allerdings separat auszuweisen bedeutet einen zu grossen Aufwand, denn die Noten müssen gegenüber den Eltern und den Schülern ja auch begründet werden können.
Die jetzt in die Vernehmlassung geschickte Regelung hat den Vorteil, dass der Lehrer die Zusammensetzung der Sprachnote wieder selbst bestimmen kann. So steht es ihm offen, verschiedene Fertigkeiten unterschiedlich stark zu gewichten um am Ende eines Semesters zu einer aussagekräftigen Note zu kommen. Der Grundsatz muss sein: Ein Fach, eine Note. 
Ausserdem bedeutet der Vorschlag auch eine Kursänderung betreffend der zunehmenden Testmanie. Sowohl Schüler wie auch Lehrer sollen in erster Linie lernen und unterrichten und nicht wertvolle Zeit mit unzähligen Lernkontrollen vergeuden. Die bemessene Lektionenzahl für Fremdsprachen ist knapp genug - machen wir das Beste daraus!
Die Vernehmlassung läuft bis 30. November 2011.
Bildungsdirektion Zürich

1. Juli 2011

Zürcher Entlastungsmassnahmen in der Vernehmlassung

Zürcher Lehrkräfte sollen entlastet werden. Ein entsprechender Vorschlag wurde in die Vernehmlassung geschickt. Folgende Punkte sind darin enthalten:
  1. Nur noch ein obligatorisches Elterngespräch im Kindergarten und in der 1. Klasse.
  2. 1-2 Lektionen pro Woche weniger Unterricht für die Schulkinder.
  3. Nur noch ein Zeugnis pro Jahr von der 2. bis zur 5. Klasse
Die Vernehmlassung läuft bis Herbst.

Mundart im Kindergarten notfalls per Gesetz

Mundart soll auch in Thurgauer Kindergärten die bevorzugte Sprachvariante sein. Notfalls müssten dafür die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden. Dies  fordern verschiedene SVP-Politiker von der Regierung.  Sie begründen dies mit der besseren Integration. Die Politiker bedauern aus Sicht der Mundartpflege allerdings, dass an der PH Thurgau immer mehr Studenten aus Deutschland stammten.
Regionaljournal DRS

PHZ: 2013 ist's aus!

Die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz (PHZ) löst sich 2013 auf. Die bisher existierenden Abteilungen in Luzern, Zug und Goldau werden als selbständige Institute weitergeführt. Damit wächst die Zahl der PH an. Ich rechne damit, dass sich die drei neuen Hochschulen nicht weh tun und ihr Gärtchen schön mit stabilen Zäunen abstecken werden. So, dass z.B. eine Zugerin nur mit Mehrkosten die Ausbildung in Goldau absolvieren kann. 


Die Teilschulen (im Bild die PH in Goldau) werden selbstständig weitergeführt.
PH Goldau. Bild: Laura Vercellone/Neue SZ