6. Juli 2011

Mehr Schulqualität durch mehr Lehrerverantwortung

In seinem Kommentar zu den Bildungszielen der EDK (siehe frühere Posts) äussert Michael Schoenenberger in der NZZ vom 5.7. ein paar bemerkenswerte Dinge. Erstens findet er, eine Vereinheitlichung sei noch keine Verbesserung. Die Gefahr, dass man sich per Kompromiss gegenseitig nach unten bewegt, ist sehr real. Zweitens macht Schoenenberger einen Vorschlag zur Qualitätssteigerung: den Lehrern mehr Verantwortung übertragen. Lehrer sind mehr als blosse Befehlsempfänger.
Lesen Sie hier den vollständigen Text von Michael Schoenenberger, NZZ, 5.7.


Wer etwas zu kommunizieren hat, der soll es klar und deutlich tun und mit Wörtern nicht Verwirrung stiften. Wenn die EDK-Verantwortlichen von der «Schulharmonisierung auf föderalistischem Weg» sprechen, dann mag das für den Prozess zutreffen. Die Vereinheitlichung von Strukturen und Zielen für die obligatorische Schule ist tatsächlich von den Kantonen gemeinsam und auch mit demokratischer Legitimation an die Hand genommen worden.

Wer dann allerdings vom Inhalt spricht, der sollte die Wörter Harmonisierung und Föderalismus nicht gleichzeitig in den Mund nehmen. Denn föderalistisch ist die Gleichmacherei der Schule auf nationaler Ebene natürlich nicht. Und es hilft auch wenig, darauf hinzuweisen, dass Entscheide die Volksschule betreffend künftig immer noch kantonal getroffen werden dürfen. Tatsache ist: Die obligatorische Schule wird mit dem Harmos-Konkordat «eidgenössischer». Als Föderalist, als Anhänger subsidiärer Lösungen mag man das bedauern. Zu ändern ist es nicht, denn die Verfassung schreibt die Schulharmonisierung nun einmal vor.
In diesem Prozess ist es aber angezeigt, nur so weit zu gehen wie unbedingt nötig. Betreffend die Schulstrukturen war das der Fall. Wenn zwei Kindergartenjahre fast überall schon Realität sind, dann sind entsprechende Regelungen zwischen den Kantonen mit Blick auf die Mobilität sinnvoll. Auch bei der Vereinbarung der Bildungsziele ist Mass gehalten worden, wie ein Blick in die Grundlagenpapiere zeigt. Festgelegt werden nur die Grundkompetenzen, die dann in den sprachregionalen Lehrplänen konkretisiert werden. Es ist zu begrüssen, dass die Fachleute - Wissenschafter, Didaktiker und Praktiker - den Weg der Vereinbarung massvoller Ziele nicht verlassen haben. Denn wer erst einmal reguliert und vereinheitlicht, ist häufig nicht mehr zu bremsen.
Vereinbarte Standards alleine - man darf sich hier keine Illusionen machen - erhöhen die Qualität der Bildung nicht. Auch wird nicht jegliche Ungerechtigkeit eliminiert, die ein schulisches System mit sich bringt. Was sie bringen, sind eine bessere Vergleichbarkeit und eine gewisse Sicherheit, dass Schülerinnen und Schüler am Ende eines Schuljahres etwa den gleichen Bildungsstand haben. Mehr aber nicht. Erfahrungen mit zu starken Harmonisierungen zeigen, dass die Gefahr einer Absenkung des Niveaus besteht.
Qualität von Schule und Bildung ist vielschichtig. Wer eine hohe Qualität an Schulen will, der muss in erster Linie viel Verantwortung an die Lehrpersonen delegieren. Denn sie sind es, die die wichtige Frontarbeit verrichten, nicht die Bildungsbürokraten. Wer die Lehrer zu Befehlsempfängern macht, der muss sich nicht wundern, wenn ihre Motivation sinkt und damit auch die Qualität des Unterrichts.

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