10. November 2019

Spesen der Lehrer werden nicht entschädigt


«Viele Lehrpersonen sind zu grosszügig.» Das sagt Roland Amstutz, Rechtsberater des Lehrerverbands Bildung Bern. Darum würden sie stillschweigend Kosten übernehmen, die eigentlich von den Gemeinden bezahlt werden müssten. In letzter Zeit aber hätten die Anfragen von Lehrern diesbezüglich bei ihm zugenommen. «Die Lehrpersonen zahlen einiges aus dem eigenen Sack», sagt auch Christian Hugi, Präsident des Zürcher Verbands. Er nennt Auslagen fürs Homeoffice, Kosten fürs Rekognoszieren und Ausgaben für den Unterricht.
Lehrer haben noch eine Rechnung offen, NZZaS, 10.11. von René Donzé


Elisabeth Abbassi ist Präsidentin des Aargauer Lehrerverbands. Sie hat ausgerechnet, dass sie pro Monat oft auf gut 200 Franken reine Fahrspesen kommt. Als Schulleiterin muss sie oft mit dem Privatauto an Sitzungen und Besprechungen fahren. Was für viele Lehrerinnen und Lehrer aber vor allem ins Gewicht fällt, sind die Kosten für private Elektronik. Während die Schüler mit Computern oder Tablets für das neue Fach Medien und Informatik ausgerüstet werden, wird bei den Lehrerinnen oft der Einsatz des Privatgeräts vorausgesetzt. Zugenommen haben laut Abbassi auch die selbst getragenen Kosten für die Vorbereitung und Durchführung von Schulreisen und Lagern, seit das Bundesgericht die Elternbeiträge gestutzt hat. Der Aargauer Lehrerverband hat darum kürzlich ein Merkblatt für seine Mitglieder erstellt, das sie auf ihre Rechte aufmerksam macht.

Bis fünf Lohnprozente

Was in den Kantonen ein Thema ist, soll demnächst auch auf nationaler Ebene diskutiert werden. «Jetzt ist es Zeit, laut zu murren», schreibt die Zentralsekretärin des Lehrerverbands Schweiz, Franziska Peterhans, auf der Homepage des Verbands. «Noch immer fehlen vielerorts verbindliche Regeln für die Übernahme berufsbedingter Kosten», sagt sie. Mit ein Grund dafür: Die Lehrer sind von den Gemeinden angestellt, erhalten ihre Löhne aber von den Kantonen. Berufsauslagen müssen aber die Gemeinden als Arbeitgeber übernehmen, wie das auch in der Privatwirtschaft der Fall ist. Doch selbst da, wo es Regelungen gibt, etwa im Kanton Zürich, werden Spesen oft nicht bezogen. Oder es bestehen Lücken im Regelwerk.

Wie viel die Lehrer aus der eigenen Tasche bezahlen, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Der Lehrerverband Schweiz kam 2002 in einer Studie auf vier bis fünf Prozent des Lohns. Eingerechnet wurde damals auch anteilsmässig ein Arbeitsplatz zu Hause. So kam man auf 4200 bis 6400 Franken pro Jahr. Laut Peterhans gibt es keine neuen Zahlen. Der Betrag dürfte aber immer noch hoch sein, sagt sie.

Viele Volksschullehrer gehen von deutlich weniger aus. Sie schätzen, dass sie bloss ein paar hundert Franken im Jahr effektiv aus der eigenen Tasche bezahlen. Der persönliche Laptop und das Handy, das heute oft vorausgesetzt wird, nicht einberechnet. Der Präsident des Schulleiterverbands, Thomas Minder, schätzt den Betrag auf rund 500 Franken im Jahr. Das allein wären, hochgerechnet auf die rund 100000 Lehrerinnen und Lehrer an den Volksschulen, 50 Millionen Franken im Jahr. Der Lehrerverband kam in seiner Studie vor 17 Jahren auf über 600 Millionen.

Der Schweizer Lehrerverband will nun gemeinsam mit den Kantonalverbänden die Rechtslage in allen Kantonen klären. Danach sollen alle Lehrerinnen und Lehrer über ihre Anspruchsberechtigungen aufgeklärt werden. Diese wiederum sollen Druck auf die Gemeinden aufbauen, damit sie die Kosten übernehmen. «Oft ist es ja nicht einmal böser Wille, dass nichts bezahlt wird», sagt Elisabeth Abbassi, die Präsidentin des Aargauer Lehrerverbands. «Viele Gemeinden haben es einfach nicht auf dem Radar.»

Es tut sich etwas

Die Kantonalverbände haben teilweise bereits erste Erfolge erzielt. So empfiehlt der Kanton Aargau den Lehrern neu pro Jahr 200 Franken für den Computer zu vergüten, in Basel gibt es für Gymnasiallehrer 1000 Franken alle vier Jahre. Im Kanton Zürich besagt die Lehrpersonalverordnung zwar generell, dass die Gemeinden den Lehrpersonen die «dienstlichen Auslagen» ersetzen müssen. Weiterführende Regelungen seien aber nicht geplant, heisst es beim Volksschulamt. Die Stadt Zürich kennt ein Spesenreglement mit pauschalen Ansätzen für Telefonie oder die Vorbereitung von Klassenlagern. Eine finanzielle Beteiligung an privaten Computern werde derzeit abgeklärt, sagt eine Sprecherin.


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