AndreaLanfranchi operiert in seiner Kritik (NZZ, 23. 10. 19) am Gastkommentar vonRiccardo Bonfranchi (NZZ, 10. 10. 19) mit dem altbekannten Totschlagargument:
Die schulische Integration ist von der Menschenrechtskonvention vorgegeben,
also erübrigt sich jede weitere Diskussion. Gleichzeitig gibt er aber implizit
zu, dass es einen grossen Ermessensspielraum gibt, weil ja auch heute nicht
alle Kinder integriert werden. Mit seinem Hinweis, alle kantonalen Gesetze
betonten das Recht auf eine angemessene Schulung, widerlegt er seine Argumente
gleich selbst und müsste eigentlich für die Wiedereinführung von Kleinklassen
sein. Denn «angemessen» kann Bildung nur sein, wenn sie auf die Kinder eingeht.
Als erfahrene Volksschullehrerin, ehemalige Schulpflegerin und dreifache Mutter
sehe ich, dass mit der schulischen Integration das Gebot einer angemessenen
Bildung eben nicht erfüllt wird – und zwar weder für die Integrierten noch für
alle anderen.
NZZ, 30.10. Leserbrief von Yasmine Bourgeois
Glaubt Herr Lanfranchi wirklich, ein Kind mit massiver
Lernbehinderung könne in einer Regelklasse angemessen unterrichtet werden, wenn
es auch mit viel Hilfe keine Chance hat, dem Stoff zu folgen? Dieses Kind lernt
vor allem, dass es «nichts» kann, was durch Studien belegt ist. Da helfen auch
die zahllosen Bezugspersonen– Heilpädagogen, Sozialpädagogen,
Klassenassistenzen, Zivildienstleistende, Team-Teacher und wie sie alle heissen
– nichts. Im Gegenteil, sie bringen zusätzliche Unruhe ins Klassenzimmer. Damit
dann starke Kinder trotzdem auf ihre Rechnung kommen, werden sie neu in
separaten Gefässen gefördert. Wir integrieren also die Schwächeren, um dann die
Stärkeren zu separieren. Absurd. Indem Lanfranchi die schulische Integration
weiter als «zugegeben: schwierigen» Auftrag bezeichnet, fordert er wohl
dasselbe wie viele seiner Berufskollegen: dass es einfach mehr «Ressourcen»
(sprich: Steuergeld) brauche, damit das System funktioniere. Ein System, das
deutlich mehr kostet, ohne dass es einen messbaren Nutzen erbringt, ist kein
gutes System. Da werden Steuergelder verschleudert. In der Praxis funktioniert
das nicht. Die Heilpädagogen könnten in Kleinklassen sinnvoller eingesetzt
werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen