NZZ, 6.3. Leserbrief von Barbara Fäh (Rektorin Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich
7. März 2020
Integration: Alte Lösungen taugen nicht für die Zukunft
FrauBourgeois kritisiert im Interview mit Nils Pfändler die schulische Integrationund benennt sie sogar als gescheitert. Sie verweist auch auf die hohen Kosten,
die durch die Integration verursacht würden, und meint, dass Bildung zwar etwas
kosten darf, «wenn es etwas bringen würde». Hier Antworten dazu: Integration
bringt uns Erwachsene, die den Umgang mit Heterogenität gelernt haben. Sie
bringt uns einen erfolgreicheren Übergang von der Schule in die Berufswelt für
Jugendliche mit Schwierigkeiten. Sie bringt uns Kinder, die mit ihrer
Behinderung eine öffentliche Schule an ihrem Wohnort besuchen können und sozial
nicht entwurzelt werden. Und ja, sie bringt selbstverständlich auch
Herausforderungen: Lehrpersonen, die zeitweise überfordert sind;
Heilpädagoginnen, die ihre Arbeit kaum machen können, weil es viel zu wenige
davon hat; oder Eltern, die immer noch um die schulische Integration ihrer Kinder
kämpfen müssen. Eine Schule für alle hat zum Ziel, eine Gesellschaft zu
entwickeln, in der alle Menschen ihren Beitrag leisten dürfen. Jeder Ausschluss
aus der Schule ist ein potenzieller Ausschluss aus der Gesellschaft. Unser
Bildungssystem ist einmalig und gut. Aber es muss sich immer wieder
justieren – das ist schwierig, und trotzdem geht kein Weg daran vorbei.
Alte Lösungen sind keine Lösungen für die heutigen Herausforderungen und schon
gar nicht für die Zukunft. Yasmine Bourgeois nennt zum Schluss eine Idee, die
sorgfältig zu prüfen ist: teilseparierte Gefässe mit hoher Durchlässigkeit. Sie
haben sicher Vorteile, aber nicht nur. Im aktuellen System haben alle Akteure
eine hoch anspruchsvolle Aufgabe zu erfüllen. Der Weg dazu heisst: Ein
professionelles Miteinander bringt mehr als ein Gegeneinander.
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