21. September 2019

Gräben sind zu tief


Marlis Angehrn war von Beginn ihrer Tätigkeit in der Direktion Schule und Freizeit der Stadt St.Gallen zum Teil heftiger Kritik ausgesetzt. Das mag erstaunen, denn die Fachkompetenz der ausgebildeten Primarlehrerin, promovierten Juristin und langjährigen Exekutivpolitikern wurde von niemandem auch nur leise angezweifelt.
Die Gräben sind zu tief: Weshalb der Rücktritt der St. Galler Schulamts-Leiterin Marlis Angehrn Respekt verdient, St. Galler Tagblatt, 19.9. von Daniel Wirth
Interview mit Markus Buschor vom 26. Juni 2019


Es gab aber Lehrerinnen und Lehrer, die behaupteten – ohne beim Namen genannt werden zu wollen –, Angehrn dulde nicht, wenn man ihr widerspreche. Wer reklamiere oder einen Entscheid von ihr hinterfrage, werde zitiert und in den Senkel gestellt. Der kantonale Lehrerverband schrieb von einem «unzimperlichen Umgang», andere sprachen von einem «Klima der Angst», das Angehrn auslöse. Diese Kritik kam meist von Lehrkräften, denen die geleitete Schule nicht passte, die sich zum Teil jahrzehntelang als «Könige im Schulzimmer» verstanden haben, denen ja niemand etwas vorzuschreiben habe.
Angehrn schaute genau hin bei ihrer Arbeit. Das war nicht für alle Lehrer angenehm – vor allem dann nicht, wenn es in seltenen Fällen zu einer Entlassung kam. Dass das Verwaltungsgericht des Kantons St.Gallen diese Kündigungen Anfang Jahr zum Teil als ungerechtfertigt bezeichnete, hat abermals Kritik an Angehrn aufkommen lassen. Sie merkte: Die Gräben sind zu tief, um sie für eine erspriessliche Zukunft der Schulen aufschütten zu können. Mit einer neuen Leitung geht das. Darum verdient ihr Rücktritt Respekt.

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