Eltern können schwierig sein, die Lehrer überfordern. Nun
erhalten diese einen Leitfaden für den Umgang mit schwierigen Müttern und
Vätern.
Reiche Eltern drohen ständig mit dem Anwalt: Jetzt lernen Lehrer, wie sie damit umgehen können, Basellandschaftliche Zeitung, 8.10.
Praxisfälle
Unter
anderem erfahren die Lehrer anhand von Fallbeispielen aus der Praxis, wie sie
in kritischen Momenten am besten reagieren. Doch die Lehrer erhalten auch die
rechtlichen Grundlagen vorgestellt. So etwa die Zuständigkeit der Eltern,
Grenzen der Elternmitwirkung, religiöse Pädagogik, Erziehungs- und
Disziplinaraufgaben, und anderes mehr.
Besonderes Konfliktpotenzial besteht, wenn es darum geht,
ob ein Kind ans Gymnasium, in die Sekundar- oder Realschule kommt. Dann
wird teilweise sogar mit dem Anwalt gedroht. In den allermeisten Fällen bleibt
es zwar bei der Drohung. Die Paragrafenreiterei hat aber trotzdem Einzug
gehalten in Schweizer Schulzimmern.
Der Rechtsdienst des Volksschulamts des Kantons Zürich
sei so gefragt wie nie, sagt Amtschefin Marion Völger (45) gegenüber
SonntagsBlick: «Wir erhalten deutlich mehr Anfragen von Lehrern und
Schulleitungen, aber auch von Eltern.»
Aktuell bearbeitet der Zürcher Rechtsdienst rund 3000
Anfragen pro Jahr, etwa 400 davon von Eltern.
Wer den Ratgeber des Lehrerverbands liest, stösst
auf Praxisfälle wie diese:
·
Nils hat die erforderliche Punktzahl für
den Übertritt an das progymnasiale Niveau der Sekundarschule nicht erreicht. Die
Eltern machen die Klassenlehrerin dafür verantwortlich. Sie
bemängeln, der Unterricht sei qualitativ ungenügend.
·
Der Kindergärtner Timo trägt immer wieder
schmutzige Kleidung. Seine Haare sind ungepflegt
und er riecht unangenehm.
·
Die Eltern des Fünftklässlers Luca beklagen
sich beim Klassenlehrer über die fehlende Disziplin in der Klasse. Ihr
Sohn fühle sich beim Lernen erheblich gestört. Sie erachten
seinen Schulerfolg dadurch als gefährdet.
·
Die Klassenlehrerin einer 3. Sekundarklasse
informiert die Eltern, dass die Fachstelle für Sexualpädagogik in
geschlechtergetrennten Gruppen Gespräche zu Themen rund um die Sexualität
führen wird. Zwei Elternpaare wollen ihre Kinder davon dispensieren lassen.
·
Jeden Morgen kommt die Erstklässlerin Nina
fünf Minuten zu spät zur Schule. Obwohl die
Klassenlehrerin die Eltern mehrmals telefonisch darüber informiert, ändert sich
die Situation nicht.
·
Eltern, welche einer fundamental-christlichen
Freikircheangehören, wünschen, dass ihr Kind beim jährlichen
Weihnachtssingen nicht teilnimmt.
Eltern werden gebüsst
Beat Zemp, der Zentralpräsident des Schweizer
Lehrerverbands schreibt im Vorwort des Ratgebers unverblümt: "Die
Zusammenarbeit zwischen Eltern und der Schule hat sich in den letzten
Jahrzehnten grundlegend verändert. Unterstützten früher Eltern
Erziehungsmassnahmen von Lehrpersonen und Entscheide der Schule mehr oder
weniger vorbehaltslos, ist die heutige ‹Elternarbeit› aus der Sicht der
Lehrpersonen deutlich anspruchsvoller und differenzierter geworden. Dazu
gehören mitunter auch Konflikte, die sehr belastend sein können und oft
mehrere Jahre dauern."
In den Medien würden vor allem die Konfliktfälle
dominieren, wenn von «Helikoptereltern» die Rede sei, die beim ersten
Elterngespräch mit ihrem Anwalt auffahren würden, oder wenn aus religiösen
Gründen Konflikte entstünden.
Auch wenn es selten vorkomme: "Probleme bereiten
aber auch Erziehungsberechtigte, die ihren elterlichen Pflichten nicht
nachkommen und neuerdings mit einer Busse rechnen müssen", so Zemp.
Gut situierte Eltern machen Druck
In der Regel sind es gut situierte Eltern, die
Lehrpersonen unter Druck setzen – manchmal mit Erfolg. Christian Hugi (38),
Präsident des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands, sieht im SonntagsBlick
dadurch die Chancengerechtigkeit gefährdet: «Bei Schülern, die aus gutem Hause
kommen und ehrgeizige Eltern haben, sind die Chancen höher, dass sie ans
Gymnasium kommen – obwohl sie schulisch nicht besser sind als
Klassenkameraden."
Doch nicht nur der Übertritt ans Gymi ist ein Thema
und Anlass dafür, dass sich Eltern immer mehr in den Unterricht
einmischen. Auch die Beurteilungspraxis oder das auffällige Verhalten
des Kindes sind wiederkehrende Themen.
Der LCH reagiert wie immer auf gesellschaftliche Veränderung. Er argumentiert mit dokumentierten Fällen. Es ist tragisch, wenn Lehrpersonen so unter die Räder geraten. Aber was hilft dann ein Ratgeber? Es wäre wichtig, dass die angehenden Lehrpersonen in ihren kommunikativen Fertigkeiten gestärkt würden. Dazu gehört auch in Konfliktsituationen hinzustehen, auszuhalten und dann ausgleichend einzuwirken. Wenn ich mit Abgängern der PHS spreche, höre ich selten davon, dass dies geübt würde. Das ist sehr schade, denn der Steuerzahler investiert viel Geld für top ausgebildete junge Lehrpersonen. Gemäss einer persönlichen Aussage eines Regierungsrates sind es vor allem junge Lehrpersonen, welche bei dieser Thematik unter Druck geraten. Deshalb müssen die PHs den Lead haben, ein Ratgeber in Ehren -ich bin ja jetzt auch ein Ratgeber, aber wer liest denn diesen Kommentar schon? Ni.Di.
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