19. Mai 2021

Widerstand gegen KV-Reform nun auch von Bankenseite

Nicht alles, was neu ist, ist auch gut. Diese Meinung vertreten die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) und der Zürcher Bankenverband bezüglich der Reformierung der kaufmännischen Grundbildung «Kaufleute 2022». Die Reform gefährde die Qualität der Ausbildung - wenn nicht sogar die Banklehre.

Bankverbände sehen Banklehre durch KV-Revision in Gefahr, Nau, 17.5.


Am Ziel vorbeigeschossen

Gemäss den Plänen der Schweizerischen Konferenz der kaufmännischen Ausbildungs- und Prüfungsbranchen, die bei der Reform federführend ist, sollen die Lernenden künftig nicht mehr in klassischen Fächern unterrichtet werden, sondern in Handlungskompetenzen. Das Einzelfach werde zugunsten von Themenblöcken verschwinden. Die Reform soll auf das Schuljahr 2022/23 hin in Kraft treten.
Die laufende Revision gefährde das Erfolgsmodell Berufsmaturität und ziele an den Erfordernissen der kaufmännischen Berufswelt vorbei, teilten die beiden Verbände am Montag mit.

Sie warnten davor, dass strukturiertes Grundlagenwissen verloren gehe, wenn bisherige Fächer wie Deutsch, Wirtschaft/Recht sowie Fremdsprachen in Themenblöcken wie «Handeln in agilen Arbeits- und Organisationsformen», «Interagieren in einem vernetzten Umfeld» und «Gestalten von Kunden- oder Lieferantenbeziehungen» aufgingen oder in den Hintergrund gedrängt werden sollen.

Anschluss an Berufsmaturität unmöglich?

Grundlagenwissen sei aber eine unabdingbare Voraussetzung für die Weiterbildung an Fach- und Hochschulen und damit für die berufliche Weiterentwicklung. Zudem würden die geplante Zusammenlegung von Lehrprofilen sowie der Wegfall einer Promotionsordnung zwangsläufig zu einem Niveauabbau führen.

Es entstünden Mängel, die die direkte Anschlussfähigkeit an wichtige Berufsmaturität in Frage stellten. Dies wiederum habe fatale Auswirkungen auf die Banklehre, da die überwiegende Mehrheit der Lernenden ihre Erstausbildung mit der Berufsmaturität abschliesse und sich danach an Fachhochschulen weiterbilde.

Einführung 2022 unrealistisch

«Wenn dieser Weg durch eine verfehlte Revision verschlossen oder erschwert wird, bedeutet dies das Ende der kaufmännischen Banklehre. Der Einstieg in die Finanzbranche wird dann über kurz oder lang nur noch über die Mittel- und Hochschulen möglich sein», so der ZBV.

Vor dem Hintergrund dieses grossen Anpassungsbedarfes, insbesondere an den Berufsfachschulen, sei die angestrebte Einführung von «Kaufleute 2022» auf das Schuljahr 2022/23 unrealistisch, so der ZBV. Eine Verschiebung um ein Jahr sei angezeigt und angesichts der ungebrochenen Beliebtheit der kaufmännischen Lehre und des hohen Niveaus der Praxisausbildung unproblematisch.

 

1 Kommentar:

  1. Kommentar von Peter Aebersold:
    Jahrelang haben wir die Kompetenzorientierung kritisiert, ihre Priorisierung gegenüber Wissen und Bildung in Frage gestellt. Was wurden wir verhöhnt, was wurden wir als rückständig und nicht mit der Zeit gehend diffamiert.

    Und jetzt das: Ausgerechnet der Tagesanzeiger (und damit die ganze Tamedia) schreibt heute in einem Kommentar: "Schliesslich ist ganz generell, die Tendenz zu stoppen, immer stärker nur noch auf sogenannt praxis- und funktionsbezogenes Wissen zu setzen. Damit beschränkt man den Überblick auf die grösseren Zusammenhänge, in denen die Lehrlinge ihre Arbeit verrichten. Gerade angesichts der Bedeutung der Banken können wir uns nur wünschen, dass die Sicht aufs Ganze mehr und nicht weniger Bedeutung erhält!

    Unglaublich: Ausgerechnet die Tamedia-Presse, welche den Lehrplan 21 mit seiner verschwurbelten Kompetenzorientierung fast schon fanatisch verteidigte, spuckt jetzt solche Töne. Und das in einem Bereich, welcher ja die Ausbildung zum Ziel hat, wo also Kompetenzorientierung angesagt wäre. Was bei den Banken schlimm sein soll, ist auf Ebene der Volksschule, wo es ja wirklich um Bildung ginge, angesagt! Da braucht es doch wirklich einen Kommentar.

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