20. Mai 2021

St. Galler Schulstreit beendet

Dass es zwischen der Lehrergewerkschaft und einer Schulverwaltung zu Friktionen komme, liege in der Natur der Sache, sagt Mathias Gabathuler. Der FDP-Stadtrat übernahm Anfang Jahr die Direktion Schule und Freizeit der Stadt St.Gallen. Gabathuler sagt, die Absichtserklärung, die am 3. Mai unterzeichnet wurde, sei bedeutsam und stimme ihn «sehr zuversichtlich».

Die Hausaufgaben sind gemacht: Die Lehrergewerkschaft und die Dienststelle Schule und Musik der Stadt St. Gallen beendet jahrzehntelangen Schulstreit, St. Galler Tagblatt, 19.5. von Daniel Wirth

Gabathuler spricht von Friktionen, die es zwischen Lehrkräften und Schulverwaltung geben könne. Was sich aber in der Stadt St.Gallen in den vergangenen gut 20 Jahren zugetragen hatte und Ende der 2010er-Jahre einen Kulminationspunkt erreichte, waren keine Friktionen – das war ein veritabler Schulstreit: Lehrer wurden fristlos entlassen; diese Kündigungen waren nach Beurteilung des St.Galler Verwaltungsgerichts ungerechtfertigt.

Gewerkschaft kritisierte Verwaltung öffentlich

Es gab in der Folge öffentliche Kritik der Sektion St.Gallen des kantonalen Lehrerverbands (VLSG) an die Adresse der Dienststelle Schule und Musik (SUM) und der Direktion Bildung und Freizeit, wonach diese die Lehrer mit eiserner Hand führe, unnahbar sei und weit weg von den Lehrern operiere. Es wurde von einem «Klima der Angst» gesprochen seitens der Gewerkschaft. Schliesslich kündigte Marlis Angehrn, die Leiterin der Dienststelle Schule und Musik, im Herbst 2019. 

Seither ist einiges Wasser die Steinach hinuntergeflossen: Auf Marlis Angehrn folgte Martin Annen an der SUM-Spitze. Anfang Jahr kam es zu einer Rochade im Stadtrat: Schuldirektor Markus Buschor (parteilos) wechselte in die Direktion Planung und Bau; als Schuldirektor folgte auf ihn der neu gewählte Mathias Gabathuler (FDP). Und auch an der Spitze der Sektion St.Gallen des Lehrerverbandes kam es zu einem Wechsel: Tamara Wenzler löste Gion Berther ab. Neues Personal, neues Glück also?

Mathias Gabathuler will das so nicht gesagt haben. Vielmehr sagt er, sein Vorgänger Markus Buschor habe schon im vergangenen Jahr die Spitze der Gewerkschaft zu einem Workshop mit externer Begleitung eingeladen. Und:

«Das war der Grundstein für die Beendigung des Schulstreits.»

Als er im Januar dieses Jahres ins Amt gekommen sei, habe er diese Workshops weiterführen lassen. Und als Resultat daraus habe Anfang Mai dann schliesslich eine Absichtserklärung unterzeichnet werden können.

Gabathuler selbst hat Erfahrung in der Gewerkschaftsarbeit. Von 2004 bis 2010, bis er Rektor der Kantonsschule am Brühl wurde, war er Präsident des kantonalen Verbands der Mittelschullehrerinnen und -lehrer. Die Arbeit der Gewerkschaft bezeichnet er als wichtig. Gabathuler sieht den VLSG als Sparringpartner für die Verwaltung. Es gehe in Zukunft darum, gemeinsam Lösungen zu finden, das dürfe kritisch, müsse aber konstruktiv geschehen.

Es klingt, als bestünde Minne

Ins gleiche Horn stösst Tamara Wenzler. Die Rollen der Gewerkschaft und der Dienststelle Schule und Musik und deren Zusammenarbeit seien neu definiert worden. Man begegne sich auf Augenhöhe und arbeite partnerschaftlich und nicht hierarchisch zusammen. Tamara Wenzler sagt: 

«Die Absichtserklärung für eine Zusammenarbeit ist ein Meilenstein.»

Dass es zu zahlreichen personellen Wechseln gekommen sei, habe die Situation entspannt, sagt Tamara Wenzler, die im Schulhaus Schönau unterrichtet. Es sei nicht so, dass die neuen Leute, sei es in der Verwaltung oder in der Leitung der Gewerkschaft, andere Fähigkeiten hätten als ihre Vorgängerinnen und Vorgänger. Aber sie seien nicht von der langen Geschichte des St.Galler Schulstreits vorbelastet, sagt Wenzler. Jetzt stünden die Zeichen auf Neuanfang.

Die beiden Parteien sind sich einig, so heisst es in der Vereinbarung wörtlich, dass es «wünschenswert ist, eine Beziehung zu stärken, welche die Kooperation und Kommunikation fördert.» Weiter wird im gemeinsamen Communiqué vom Mittwoch festgehalten, dass sich die beiden Parteien regelmässig austauschen. Das Präsidium des VLSG und die Dienststellenleitung Schule und Musik würden jährlich zu mindestens zwei Sitzungen mit dem kleinen Vorstand des VLSG, den Leitungspersonen von SUM und dem Schuldirektor einladen.

Zudem werde die Dienststelle Schule und Musik bei Themen von gesamtstädtischer Bedeutung im Bereich Schule künftig den VLSG beiziehen. Der VLSG seinerseits werde seine Themen ebenfalls der Verwaltung unterbreiten. Aktuell handle es sich dabei etwa um die digitale Transformation der Schulen, die angespannte finanzielle Situation der Stadt bezogen auf die Schulen und das fehlende betriebliche Gesundheitsmanagement für Lehrpersonen.

 

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