Es ist essenziell, dass Ausbildungen mit der Zeit gehen und deshalb immer wieder überarbeitet werden. Die KV-Lehre ist einer der grössten Bereiche der Berufsbildung – und eine der wichtigsten Zubringerinnen der Fachhochschulen. Eine Reform ist nötig, darf den Übertritt an weiterführende Schulen jedoch nicht gefährden; das wäre eine enorme Qualitätseinbusse und würde der Berufsbildung schaden.
Die KV-Reform darf nicht zur Sackgasse werden, NZZ, 25.5. von Andri Silberschmidt
Zentrale Grundlagen
fallen weg
Heute muss man
effizient, agil und flexibel arbeiten können. Es ist deshalb wichtig, wo immer
möglich den administrativen Aufwand zu verringern. Das sieht auch die derzeit
vieldiskutierte KV-Reform vor. Sie will vor allem die Handlungskompetenzen
stärken. Das ist für die Zukunft zentral, denn diese bleiben relevant. Das
bestätigt die neue Kompetenz- und Lohnstudie von FH Schweiz, dem Dachverband
der Fachhochschulabsolventen. Allerdings darf bei all den Bemühungen das
schulische Niveau nicht vergessen werden.
Die Reform sieht vor,
dass Fächer wie Wirtschaft und Gesellschaft wegfallen sollen. Fächer wie
Finanz- und Rechnungswesen müssten nicht mehr zwingend belegt werden. Diese
fachlichen Grundlagen sind jedoch unabdingbar, um die Wirtschaft und das
Weltgeschehen zu verstehen. Sie bilden das Fundament für das lebenslange
Lernen. Die Berufsmaturität, die Fachhochschulen, die höhere Berufsbildung, die
Universitäten: Alle weiterführenden Aus- und Weiterbildungen bauen auf diesem
Fundament auf. Fällt es weg, ist die schulische Weiterentwicklung nicht mehr
sichergestellt, und die Durchlässigkeit ist in Gefahr. Um Wissen anwenden zu
können, muss es zuerst erworben werden. Zudem brauchen Lernende Begleitung und
gewisse Anweisungen.
Die Reform möchte,
dass die Lernenden vor allem das lernen, was sie im Ausbildungsbetrieb
benötigen. Das schränkt jedoch klar die Flexibilität ein, nach der Lehre einen
Betriebs- oder Branchenwechsel zu vollziehen.
Sprachen sind
Türöffner
Die Vorschläge, wie
der Spracherwerb geregelt werden soll, gefährden ebenso den reibungslosen
Übertritt an weiterführende Schulen. In der Anhörung zur KV-Reform wurden zwei
Varianten bezüglich Fremdsprachenerwerb dargelegt. Der Originaltext sieht vor,
dass nur eine Fremdsprache obligatorisch ist. Dies kann je nach Kanton eine
Landessprache oder auch Englisch sein. Englisch könnte nur als Wahlpflichtfach
gewählt werden. Englisch ist jedoch für Betriebe und den Übertritt in die
Berufsmittelschule sowie für tertiäre Ausbildungen wichtig.
Unterdessen wurde das
Problem erkannt. Eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat nun ein Konzept erarbeitet, welches
vorsieht, dass zwei Fremdsprachen obligatorisch sind. Mindestens eine davon
muss eine Landessprache sein. Die Anhörung für das neue Fremdsprachenkonzept
läuft vom 4. Mai bis zum 4. Juni. Die vorgeschlagenen Verbesserungen
sind begrüssenswert, denn mangelnde Sprachkenntnisse sind Stolpersteine auf dem
Karriereweg unseres Nachwuchses.
Berufsmaturität muss
integriert möglich sein
Nicht zuletzt ist
noch nicht geklärt, wie die Berufsmaturität in die Lehre eingegliedert werden
soll. Die Berufsmaturität während der Lehre muss weiterhin integriert machbar
sein und den Anforderungen der Fachhochschulen entsprechen. Ohne sie würde die
Berufsbildung massiv an Attraktivität einbüssen.
Eine
Weiterentwicklung der KV-Lehre muss sein. Sie sollte jedoch den Jugendlichen
attraktive Perspektiven bieten und das KV nicht in eine schulische Sackgasse
umwandeln. Zum Glück gibt es Anhörungen, welche die Sicht der verschiedenen
Stakeholder einbeziehen und die Verbesserung eines Grundkonzeptes zulassen.
Andri Silberschmidt ist
Präsident von FH Schweiz, nationaler Dachverband der
Fachhochschul-Absolventinnen und -Absolventen, und Zürcher FDP-Nationalrat.
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