Erstmals haben alle Schülerinnen und Schüler einer
Altersstufe in den Kantonen Solothurn, Aargau sowie den beiden Basel den
gleichen Test ausgefüllt. Ende Oktober liegen die Ergebnisse vor.
Alle 3.Klass-Schüler werden in Mathematik und Deutsch getestet. Hier eine Beispielaufgabe. Bild: zvg
Welcher Kanton hat die besten Schulen, Oltner Tagblatt, 15.10. von Elisabeth Seifert
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Bald schon ist klar, was die Schülerinnen und
Schüler der dritten Primarschulklassen aus dem Kanton Solothurn im Vergleich
mit ihren Gspänli aus dem Aargau und den beiden Basel leisten. Vor den
Herbstferien haben im Bildungsraum Nordwestschweiz alle rund 12 500
Drittprimeler den gleichen Test ausgefüllt.
Erstmals findet damit in der Schweiz ein
kantonsübergreifender Leistungs-Check unter allen Kindern einer bestimmten
Altersstufe statt. Der «Check P3» misst das Können der Drittklässler in Deutsch
und Mathematik. Pro Fach hatten die Kinder je 80 Minuten Zeit, um die Aufgaben
zu lösen.
Zurzeit wir der Check am Institut für
Bildungsevaluation der Uni Zürich von einem spezialisierten Team ausgewertet.
Die Ergebnisse liegen Ende Oktober vor. Schüler, Lehrpersonen, Schulleiter und
das kantonale Volksschulamt erhalten dann jeweils Einblick in einen ganz
bestimmten Teil der Daten: Die Bildungsverwaltung wird wissen, wo der Kanton im
Vergleich mit den anderen drei Kantonen steht.
Die Schulleiter kennen das Ergebnis der Klassen
ihrer Schule im Vergleich mit dem Durchschnitt der Schulen im Bildungsraum. Die
Lehrpersonen bekommen Einblick in die Leistungen der einzelnen Schüler ihrer
Klasse und die Ergebnisse ihrer Klasse im Vergleich zu allen Klassen im
Bildungsraum. Die Lehrpersonen haben dann die Aufgabe, Schülern und Eltern die
Ergebnisse des Checks individuell zu erläutern.
Vergleich – und Förderung
Jahr für Jahr werden Drittprimeler künftig einen
solchen «Check P3» ausfüllen. Ab September 2017 trifft das – mit dem «Check P6»
– dann auch auf alle Schülerinnen und Schüler der sechsten Primarschulklassen
in den vier Bildungsraumkantonen zu.
Hinzu kommen zwei weitere Checks auf der
Sekundarstufe I, in der zweiten («Check S2») und dritten Klasse («Check S3»).
Beide sind im Kanton Solothurn bereits eingeführt – und werden demnächst
ebenfalls in allen vier Kantonen durchgeführt.
Ein aufwendiger Prozess für alle Beteiligten. «Die
Checks sollen Schulen und Lehrern Sicherheit geben und die Glaubwürdigkeit
gegenüber den Eltern stärken», meint Yolanda Klaus, die stellvertretende Chefin
im Solothurner Volksschulamt. Möglich wird dies, weil die Checks das Können der
einzelnen Schülerinnen und Schüler in Beziehung setzen zu einem riesigen
Schülerpool.
Die Vergleichbarkeit von Schülerleistungen sei aber
nicht der einzige Zweck der Checks, betont Klaus. Deren Aufgabenstellung
ermögliche vielmehr eine individuelle Förderung der Kinder und Jugendlichen.
Während die Checks auf der Sekundarstufe mit
beruflichen Profilen hinterlegt sind, steht auf der Primarstufe die rein
schulische Standortbestimmung im Vordergrund. Zu Beginn der sechsten Klasse
erfolgt diese im Hinblick auf den Übertritt in die Sekundarstufe I.
Der Check ist keine Prüfung
Die Bildungsverantwortlichen reden bewusst von
einem «Check» und nicht von einer Prüfung. Rein formal unterscheidet sich der
Check von der Prüfung darin, dass es dafür keine Noten gibt, die Bewertung
erfolgt vielmehr über ein ausgeklügeltes Punktesystem.
Checks gehorchen aber auch grundsätzlich einer
anderen Logik. «Mit einer Prüfung ziehen Lehrer und Schüler Bilanz über das im
Unterricht Gelernte», erläutert Klaus. Die besten Schüler haben in der Regel
auch keine Probleme alle Aufgaben zu lösen. Und selbst ein durchschnittlicher
Schüler wird den grösseren Teil der Prüfungsaufgaben erfolgreich bewältigen.
Im Unterschied dazu beurteilen die Checks das
Können der Schülerinnen und Schüler in einem umfassenderen Sinn, unabhängig vom
spezifischen Unterrichtsstoff. Das Können respektive die Kompetenzen der
Schüler in den einzelnen Fächern sind dabei bestimmten Kompetenzstufen
zugeordnet.
Auch innerhalb der einzelnen Stufen sind einfachere
oder komplexere Probleme zu lösen. Darunter Aufgaben, die selbst sehr gute Schüler
vor eine Herausforderung stellen. «Solche Aufgaben sind bewusst als Anregung
gedacht», meint Klaus.
Das aber bedeutet: «Selbst die besten Schüler
werden den Check nicht vollständig lösen können und der Durchschnitt kommt etwa
auf die Hälfte.»
Aufgrund solch sorgfältig entlang verschiedener Kompetenzstufen konzipierter Aufgaben erweisen sich die Checks als gutes Förderinstrument, ist Yolanda Klaus überzeugt. «Der Check zeigt detailliert auf, was ein Schüler kann und wo genau man ansetzen muss, um ihn zu unterstützen.»
Riesige Menge sensibler Daten
Ob zum Zweck der individuellen Förderung oder der
Vergleichbarkeit von Schul- und Schülerleistungen: In rund zwei Wochen
übermittelt das Zürcher Institut für Bildungsevaluation den einzelnen Kantonen,
Schulen und Lehrpersonen eine riesige Menge sensibler Daten.
In Zusammenarbeit mit den Datenschutzexperten sei
deshalb klar geregelt worden, wer welche Ergebnisse erhält, unterstreiche
Yolanda Klaus. Für die öffentliche Kommunikation sei zudem alleine der Kanton
zuständig.
Schulleitern zum Beispiel ist es verboten,
Ergebnisse ihrer Schulen öffentlich zu machen. Mit solch strikten Regeln
begegnet der Kanton auch Befürchtungen der Lehrerschaft, die vor einem
Schulranking warnen.
Yolanda Klaus macht deutlich, dass das
Volksschulamt weder über die Ergebnisse der einzelnen Schulen und schon gar
nicht der einzelnen Schüler informiert wird. «Wir werden lediglich wissen, wie
die Gesamtheit der Schulen im Kanton bei den einzelnen Fächern abgeschnitten
haben.»
Sollte es im Vergleich zu den anderen Kantonen zu
relevanten unerwarteten Unterschieden kommen, sei die Bildungsverwaltung
gefordert. Vor allem aber sei es die Aufgabe der Schulen und Lehrpersonen, die
Daten für die Weiterentwicklung des Unterrichts und zur Förderung der einzelnen
Schülerinnen und Schüler zu nutzen.
Die Schulen stehen dabei in einem Vergleich mit
Schulen und Klassen, die über eine ähnliche soziale Zusammensetzung verfügen.
Bei der Anmeldung werden die Klassen jeweils eingeteilt in solche mit
«privilegierenden», «mittleren» oder «benachteiligenden» Lernvoraussetzungen.
Lehrer warnen vor eine Schulrangliste
Der organisierten Volksschullehrerschaft gibt als Folge der
flächendeckenden Einführung der Checks im Bildungsraum Nordwestschweiz vor
allem die Datenschutzproblematik zu denken.
«Wir wollen bei uns keine Schulrankings wie das etwa in England der Fall
ist,» betont Mathias Stricker, Primarlehrer und Fraktionspräsident der
Primarlehrpersonen innerhalb des Verbands der Lehrerinnen und Lehrer Solothurn
(LSO).
Wenn eine bestimmte Schule oder Klasse im Quervergleich eher schlecht
abschneidet, sei das noch lange kein Hinweis auf schlechten Unterricht. «Die
Schülerinnen und Schüler verfügen über ein ganz bestimmtes Potenzial.» Mathias
Stricker unterstreicht denn auch vor allem die Funktion der Checks als
Förderinstrument.
«Die Checks zeigen den Schülern auf, wo sie stehen und wie sich
verbessern können.» Und für die Lehrpersonen seien die Checks eine Hilfe dabei,
ihre Einschätzung eines Schülers oder einer Schülerin zu überprüfen.
Auch LSO-Geschäftsführer Roland Misteli moniert die Gefahr eines
«Schul-, Gemeinde- oder Kantonsrankings». Eine Gefahr, die dann Realität werde,
wenn einzelne Schulen damit beginnen, ihre Resultate zu veröffentlichen.
Der LSO stand aus solchen Gründen der Einführung von Checks im
Bildungsraum Nordwestschweiz von Anfang an eher kritisch gegenüber. (esf)
Fetter Auftrag für die Bildungsindustrie. Doch werden damit die Schulen besser?
AntwortenLöschenTeures fragwürdiges Monitoring! Nützt weder den Schülerinnen und Schüler fürs Lernen, noch den Lehrern etwas für ihren Unterricht. Abgefragte Kompetenz der abgebildeten Aufgaben: ...kann die Aufgabe lesen...kann Quadrat und Kreis erkennen...kann bis 6 zählen. Wahrlich nicht viel für einen Drittklässler! Die massenhaft gesammelten Daten sind nicht öffentlich aber für das Institut für Bildungsevaluation vielfältig auswertbar. Wozu und für wen bleibt im Dunkeln. Big data lässt grüssen! Es wäre besser, die Kinder und die Lehrer vor dem Psychometrikern zu schützen. Wissenschaftliche Auswertung von Unterrichtsmethoden interessieren nämlich nicht. Sonst würde einerseits die Hattie-Studie längst ernst genommen und andererseits der Fremdsprachenunterricht auf die Oberstufe verlegt werden.
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