Der Kanton Bern hat auch in normalen Zeiten Mühe, genügend Lehrpersonen zu finden. Grund ist der Mangel an Lehrkräften. Und jetzt kommt auch noch Corona hinzu. Aktuell sind 70 Lehrerinnen und Lehrer in Quarantäne oder Isolation – das ist ein halbes Prozent aller Lehrpersonen im Kanton Bern. Wie soll man da, wenn es sowieso schon zu wenige gibt, im Notfall Leute finden, die einspringen können?
Quarantäne-Vertretung verzweifelt gesucht, SRF Regional, 19.11.
Das System ist Teil des Problems
Das Problem ist nicht nur, dass es zu wenige gibt,
sondern auch, dass man sie nicht findet. Jedenfalls im Kanton Bern. Nehmen wir
an, eine Schule sucht eine Stellvertretung für das Fach Französisch, denn die
Lehrperson muss für 10 Tage in Quarantäne. In diesem Fall macht die Schule ein
Inserat auf einer kantonalen Stellenplattform. Dann wartet die Schule, bis sich
jemand meldet. Oder – was auch vorkommt – die Schule muss eine andere Lösung
suchen, da sich niemand gemeldet hat.
«Es gibt
viele Studierende, die gerne helfen würden», so Raymond Wiedmer von der
Vereinigung der Studierenden der Pädagogischen Hochschule Bern. Aber diese
seien natürlich nicht jede Minute auf diesem Stellenportal.
Das Heft selbst in die Hand nehmen
Da auf der kantonalen Plattform nur die Schulen
Inserate schalten können, und die Studierenden oder Lehrpersonen, die ihre
Dienste anbieten wollen, nicht, brauche es eine Alternative. Die Studierenden
der PH haben auf ihrer eigenen Webseite ein Formular entwickelt, wo man sich
einschreiben kann. Rund 800 Personen haben das gemacht.
Nur: Bis diese Daten dann auch bei den Schulen
ankommen, dauert es lange. Zuerst kommen sie zum Kanton, der diese wiederum in
einer eigenen Liste einträgt und dann den Schulen, wenn diese anfragen,
weitergibt. Aber eben, die Schulen müssen sich beim Kanton melden. Lange Rede,
kurzer Sinn: Das System ist mühsam für alle Beteiligten.
Es ist allerdings ein lösbares Problem. Man könnte
eine Plattform machen für alle. Wo die Schulen suchen und sich die Lehrpersonen
anbieten könnten. «Das kostet natürlich. Das können und wollen wir nicht selbst
tragen. Es ist die Aufgabe des Kantons», so Raymond Wiedmer.
Kantone wie Freiburg oder Wallis haben bereits eine
Plattform, andere nicht. Zürich, beispielsweise. Zwei Studierende nutzten die
Schwierigkeiten der Schulen bei der Suche nach Stellvertretungen und zogen ein
Business auf. Fürs Vermitteln von Lehrkräften verlangen sie von den Schulen
Geld.
Und der Kanton Bern?
«Bei uns ist jedes Tool willkommen», sagt
Schulleiterin Regine Gfeller. Sie leitet drei Schulen. «Bisher hatten wir
Glück.» Es habe immer irgendwie geklappt mit einer Stellvertretung. Dennoch
wäre sie froh um bessere Vermittlungsmöglichkeiten bei Vakanzen.
Erwin Sommer ist der Vorsteher des bernischen Amtes
für Kindergarten, Volksschule und Beratung. Er sagt: «Eine solche Plattform ist
geplant.» Man habe bereits verschiedene Offerten eingeholt, jetzt werde ein
solches Tool programmiert, damit der Kanton nicht mehr selbst vermitteln muss.
Aber: Ihre Dienste anbieten können bei diesem Tool
nur die Studierenden der PH, keine fertig ausgebildeten Lehrpersonen. Weshalb?
«Wir müssen zuerst das andere Projekt auswerten», so Erwin Sommer. Insbesondere
was den Datenschutz angehe, brauche es zusätzliche Abklärungen, die jetzt, in
dieser Notsituation nicht nötig seien. Jetzt müsse man schnell die Schulen
unterstützen, damit die Kinder und Jugendliche nicht plötzlich ohne Lehrperson
dastehen.
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