9. März 2020

Wirkung von Methoden beachten


Wenn in heterogenen Regelklassen integrierte Schüler mit starken Verhaltensauffälligkeiten gut vorbereitete Lektionen durch häufiges Stören durcheinanderbringen, entsteht viel Frustration (NZZ 28. 2. 20). Besonders betroffen davon sind jüngere Lehrpersonen, die mit neuen Konzepten für selbstverantwortliches Lernen vor ihre Klasse treten. Das erstaunt erfahrene Schulpraktiker wenig. Je anspruchsvoller der Unterricht bezüglich der Eigenverantwortung der Schüler ist, desto wichtiger ist es, dass eine Klasse weiss, was zielgerichtetes Arbeiten konkret bedeutet.
Aus der Froschperspektive, NZZ, 9.3. Leserbrief von Hanspeter Amstutz

Leider wird in der Lehrerbildung der Klassenführung und den erzieherischen Aspekten nicht überall erste Priorität eingeräumt. Lieber werden neue didaktische Konzepte entwickelt, die auf Klassen mit guter Disziplin aufbauen. Stossend dabei ist, dass diese zentralen pädagogischen Vorleistungen oft mit scheinbar rückständigen Methoden in Verbindung gebracht werden. Die Geringschätzung dieser fundamentalen Aufgabe schadet unserer Schule enorm. Manche ausgezeichnete Lehrform mit starker erzieherischer Wirkung wird heute vernachlässigt, weil sie nicht zu den aktuellen Unterrichtsdogmen passt. Doch unsere Schüler fragen nicht nach Dogmen. Sie möchten Lehrerinnen und Lehrer, die mit Können und Begeisterung eine Klasse führen. Jugendliche wollen sich durch direkte Instruktion in anschaulicher Weise Neues aneignen und sind bereit, mit Einsatz zu üben. Sie freuen sich auf spannende Geschichten und aufregende naturwissenschaftliche Experimente. Aber sie wollen nicht zu einer vorzeitigen Selbständigkeit im Lernen verurteilt werden.

Die Arbeit in den Schulzimmern muss wieder stärker aus der Froschperspektive betrachtet werden. Als Adler hoch über dem Geschehen zu kreisen und dabei nicht genau zu sehen, was unten im Detail abläuft, ist zweifellos ein erhebendes Gefühl. Auch als Lehrer möchte man da ab und zu mitfliegen. Auf diese Weise hält man den grossen Überblick. Doch es ist ein Skandal, wenn engagiert arbeitende Lehrerinnen und Lehrer mit schrägen Blicken diffamiert werden, nur weil sie nicht auf bewährte Lehrmethoden verzichten wollen. Reden wir endlich mehr von der Wirkung von Methoden im Unterricht statt von ihrer vermeintlichen Grossartigkeit auf dem Reissbrett!

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