6. Februar 2020

Volksbegehren setzt Erziehungschef unter Druck


Die Folgen der ungenügenden Passepartout­Lehrmittel–«Mille feuilles», «Clin d’œil» und «New World»–können nach den verheerenden Resultaten und den Ergebnissen von vier unterschiedlichen Studien nicht mehr geleugnet werden: Die Schüler von Basel­Stadt sind die schlechtesten der Schweiz. 60 Prozent von ihnen haben nach wie vor den Französisch­Koller. Obwohl bei der Einführung der Passepartout­Lehrmittel grossmundig das Gegenteil versprochen wurde, und nachdem alleine in die Entwicklung dieser Lehrmittel rund 50 Millionen Franken investiert wurden.
Angriff auf die Passepartout-Ideologie in Basel, Basler Zeitung, 6.2. von Daniel Wahl

Erziehungsdirektor ziert sich
Baselland hat die Kehrtwende vollzogen, ab nächstem Semester gilt Lehrmittelfreiheit. Aber weil der Basler Regierungsrat und Erziehungsdirektor Conradin Cramer(LDP) in die Fussstapfen des Passpartout­Promotors Christoph Eymann(LDP) tritt und sich beharrlich ziert, die Notbremse zu ziehen, reagiert die Starke Schule beider Basel nun so, wie sie es auf dem Land auch schon erfolgreich praktiziert hat: Sie lanciert eine Volksinitiative. Die Lehrer sollen auch in der Stadt wieder jene Lehrmittel einsetzen können, die die Schüler am besten fördern können, wie es in der am Mittwoch lancierten Initiative heisst. Nach den katastrophalen Resultaten – neun von zehn Schülern verpassen die Sprechkompetenzziele, nur 40 Prozent der Ausgebildeten erreichen die Grundkompetenzen–seien dem Komitee die Bekämpfer der Passepartout­Ideologie nur so zugeflogen, sagt Alina Isler von der Starken Schule. Alle wichtigen Parteien, Eltern und Lehrer sind vertreten – nur keine LDP-Politiker.«Wenn man ständig erklärt hat, dass die Resultate nicht relevant sind, verliert man nicht gerne das Gesicht. Da bräuchte es Rückgrat», kommentiert GLP­Nationalrätin Katja Christ beim Start der Unterschriftensammlung. Der Druck auf Conradin Cramer, der vorgängig Wind vom Volksbegehren bekam, scheint
bereits zu wirken. Nur einen Tag vor der Lancierung der Initiative vom Mittwoch versandte er eine Medienmitteilung. Er kündigte an, ein alternatives Lehrmittel in Mathe bereits auf nächstes Schuljahr hin anbieten zu wollen. Einen Entscheid für Deutsch und Französisch kündigte er «in den nächsten Monaten» an.

Lehrer sollen entscheiden  
Für Starke­Schule­Gründer Jürg Wiedemann reicht das Versprechen längst nicht: «Cramer hat noch keinen einzigen Hinweis gegeben, er wolle von der Passe-Partout­Ideologie abkehren. Für Sekundarlehrerin Berfim Pala (SP) vom Initiativkomitee ist klar, dass aus pädagogischer Sicht weder die Schulleitung noch ein Amt entscheiden sollen, welches Lehrmittel in der Klasse eingesetzt werden soll: «Der Entscheid soll bei den Lehrern liegen. Nur sie können die Schüler dort abholen, wo sie sind.» Entsprechend ist dies im formulierten Initiativtext vermerkt.

Passepartout-­Lehrmittel sollen dabei aber nicht verboten werden. Sie werden automatisch vom Markt verdrängt, weil die Lehrer mit bewährten Lehrmitteln einfach schneller die besseren Lernziele erreichen. Damit geraten die Lehrer unter Druck, die mit den ungenügenden Lehrmitteln unterrichten. FDP­Politikerin Nadine Gautschi sagte zudem, mit dem Blick aufs Budget: «Die Passepartout­Einweg­Lehrmittel sind enorm teuer und werden jedes Jahr weggeworfen. Das verschlingt erhebliche finanzielle Mittel, was bei der Beschaffung ausgeblendet wurde.» Drei bis vier Jahre hätte die Regierung nun Zeit, sich in der Sache zu bewegen. Für Katja Christ lässt Cramer die Schüler aber noch viel zu lange mit den untauglichen Passepartout­Lehrmitteln arbeiten: «Nur schon beim Gedanken daran blutet mir das Herz.»

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