Die Skination Schweiz ist zurück an der Weltspitze: Nach den Erfolgen von Daniel Yule, Corinne Suter, Beat Feuz und Co. führt das Land seit kurzem wieder die Weltcup-Nationenwertung an. Weniger rosig sind hingegen die Zukunftsaussichten im Breitensport. Zwar blicken die Schweizer Skigebiete auf ein sehr gutes Weihnachtsgeschäft und eine erfreuliche Saison 2018/2019 zurück, doch der langjährige Trend zeigt eindeutig: Immer weniger Leute hierzulande fahren Ski.
Wallis will Skifahren zum Schulfach machen, um mehr Schüler auf die Piste zu holen, NZZaS, 19.1. von Andrea Kucera
Vor diesem Hintergrund hat jetzt der Walliser Erziehungsminister
Christophe Darbellay eine neue Initiative ins Leben gerufen. Um die lokale
Skikultur am Leben zu erhalten, soll Schneesport im Kanton Wallis ab kommendem
Winter zum Schulfach werden. «Ich bin überzeugt, dass der Wintersport eine
Zukunft hat», sagt der passionierte Berggänger. «Doch damit dies gelingt,
müssen wir die Jungen zurück auf die Ski bringen. Und dafür gibt es keinen
besseren Hebel als die Volksschule.» Staatsrat und Kantonsparlament haben das
Projekt bereits gutgeheissen, das die öffentliche Hand 2,7 Millionen Franken
pro Jahr kosten wird. Vorgesehen ist, dass es ab dem nächsten Schuljahr
startet.
Es liegt nicht nur am Klima
Konkret bedeutet das Projekt für die Walliser Schüler, dass der
Sportunterricht neu ab der 3. und bis zur 11. Klasse an drei Tagen pro Winter
auf der Skipiste statt in der Turnhalle stattfindet. Die «Snow Days» sind für
die Schüler obligatorisch, sofern sich die Schule beteiligt. Doch sei das
Angebot so attraktiv ausgestaltet, sagt Darbellay, dass kaum ein Schulleiter
Nein sagen werde.
So haben sich die Walliser Skigebiete bereit erklärt, nur 5 Franken für
die Tageskarte zu verlangen. Die Skischulen unterrichten für 15 Franken, und
die Sportläden stellen Mietmaterial für 5 Franken pro Tag zur Verfügung. «Ich
bin überzeugt, dass das eine neue Dynamik auslösen wird», sagt Darbellay.
Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet das Wallis in dieser Sache
vorprescht. Schliesslich entfallen schweizweit die meisten Skitage auf den
Bergkanton. Es geht also nicht zuletzt um wirtschaftliche Interessen. Die
Bemühungen, die Jugend auf die Piste zu bringen, laufen aber in der ganzen
Schweiz. Zu diesem Zweck wurde 2014 die Schneesportinitiative «Go Snow» ins
Leben gerufen. Sie verfolgt das Ziel, dass alle Kinder in der Schweiz am Ende
der obligatorischen Schulzeit mindestens einen Schneesport (Ski, Snowboard oder
Langlauf) beherrschen. Damals war einer breiten Öffentlichkeit bewusst
geworden, wie stark das Interesse am Wintersport zurückgeht.
So sank die Zahl der sogenannten «Skier Days» in der Schweiz laut
Angaben des Verbands Seilbahnen Schweiz zwischen 2008 und 2014 von
29,3 Millionen auf 22,6 Millionen pro Winter. Im gleichen Zeitraum gingen auch
die Umsätze in der Wintersportbranche sowie die Zahl der Skilager zurück. In
einer Analyse im Auftrag von Seilbahnen Schweiz kam der Genfer
Tourismusforscher Laurent Vanat zum Schluss, der Rückgang habe nicht nur
klimatische Ursachen.
Er sei auch in der wachsenden Konkurrenz durch die Globalisierung sowie
in der demografischen und soziologischen Entwicklung der Bevölkerung begründet.
Mit anderen Worten: je multikultureller die Schweizer Gesellschaft, desto
weniger selbstverständlich der Ausflug auf die Skipiste. Weiter stellte Vanat
einen Zusammenhang zu den steigenden Skipass-Preisen her, und er identifizierte
die Schule als Problemfeld: Die Abwärtsbewegung habe nicht zuletzt damit zu
tun, dass die junge Generation nicht mehr systematisch am Skiunterricht
teilnehme.
Das Skilager ist zurück
Fünf Jahre nach Beginn der Schneesportinitiative zieht Geschäftsführer
Ole Rauch eine positive Bilanz. Der Verein hat sich auf die Vermittlung von
Schneesportlagern spezialisiert und konnte mit diesem Angebot diesen Winter
erstmals über 10 000 Schüler erreichen. «Die Tendenz ist äusserst positiv», sagt
Rauch.
Attraktiv ist für die Schulen, dass sie bei «Go Snow» das Gesamtpaket
für ein Lager buchen können - inklusive Unterkunft, Skischule und Mietmaterial.
Finanziert wird das Ganze von Bund, Kantonen und Tourismusvertretern. Erst
letzten Herbst hat Sportministerin Viola Amherd die Beiträge des Bundes an die
Schneesportlager erhöht.
Weil es aber bei der Schneesportförderung weiterhin Luft nach oben gebe,
begrüsst Rauch die Offensive von Darbellay: «Dieses Angebot ist schweizweit
einmalig», sagt er. «Es ist lobenswert, dass das Wallis hier eine Pionierrolle
einnimmt.»
Die Autorin hat dazu einen Kurzkommentar in der NZZaS hinzugefügt:
AntwortenLöschenSeit Jahren unterstützt die öffentliche Hand die Skiwirtschaft. Gemeinden und Kantone greifen den Bergbahnen unter die Arme, und eine breite Allianz will die Jugend zurück auf die Piste bringen. Nun geht das Wallis einen Schritt weiter: Ab nächstem Schuljahr dürfen die kantonalen Schulen drei Tage Skisport pro Winter für obligatorisch erklären.
Skigebiete, Sportläden und Schneesportschulen unterstützen die Offensive, indem sie symbolische Preise für ihre Leistungen verlangen. Es spricht nichts dagegen, wenn der Sportunterricht auf der Skipiste stattfindet. Doch man darf sich nichts vormachen: Es geht hier nicht nur um den Erhalt der Schneesportkultur, es geht vor allem um Wirtschaftsförderung.