Bernische
Schüler sollen künftig erst am Ende des zweiten Schuljahrs das erste Zeugnis
respektive den «Beurteilungsbericht» erhalten, wie das Zeugnis heute heisst.
Das gab der bernische Erziehungsdirektor Bernhard
Pulver am Freitag an einer Medienkonferenz in Bern bekannt.
Heute wird das erste Zeugnis schon nach dem zweiten Kindergartenjahr verteilt.
Der
nächste Beurteilungsbericht soll erst am Ende des 4. Schuljahrs folgen. Und
gemäss den Vorschlägen Pulvers wird es künftig auf der Sekundarstufe I (7. bis
9. Schuljahr) nur noch jährliche statt halbjährliche Beurteilungsberichte
geben.
Lehrplan 21: Weniger und einfachere Zeugnisse, Berner Zeitung, 3.6.
Im neuen,
kompetenzorientierten Lehrplan 21 stehe vermehrt die Förderung und
Unterstützung der Schüler durch die Lehrpersonen im Zentrum, schreibt dazu die
Erziehungsdirektion in einer Medienmitteilung zur Begründung. Zu häufige
Beurteilungsberichte behinderten diesen Prozess.
Die neuen
Beurteilungsberichte sollen auch nur noch auf einer Seite Platz finden statt
wie heute auf zwei bis drei. Dafür ist vorgesehen, darin das Arbeits- undLernverhalten der Schüler nicht mehr zu erwähnen. Solche sogenannten
«überfachlichen Kompetenzen» sollen ein zentrales Thema der weiterhin
stattfindenden Elterngespräche sein. Diese werden um ein verbindliches
Protokoll ergänzt.
Die
bernische Erziehungsdirektion schlägt auch vor, im 8. und 9. Schuljahr ein
«Portfolio zu überfachlichen Kompetenzen» einzuführen. Es soll den
Lehrbetrieben die nötigen Informationen geben, um die Schüler nicht nur
aufgrund der Noten einschätzen zu können.
An den
Übertrittsverfahren beabsichtigt die Erziehungsdirektion - ausser bei gewissen
Begriffen - nichts zu ändern. Und ab dem 3. Schuljahr sollen weiterhin Noten
erteilt werden.
Ende Jahr
will Pulver entscheiden
Die
Mitwirkung zur neuen Schülerbeurteilung dauert bis Mitte September. Stellung
nehmen können verschiedene schulinterne oder schulnahe Organisationen wie der
bernische Schulleiterverband oder die Elternvereinigung. Aber auch der Verband
bernischer Gemeinden, der Lehrerverband «Bildung Bern» und die Berner KMU
erhalten die Unterlagen, nicht aber die bernischen Parteien.
Diese
würden nicht angehört, weil es in der Kompetenz der Erziehungsdirektion liege,
wie die Schülerbeurteilung geregelt werde: Das sagte Erwin Sommer, Vorsteher
des kantonalen Amts für Kindergarten, Volksschule und Beratung, am Rand der
Medienkonferenz. Seine Direktion führe die Konsultation freiwillig durch. Dies
mit dem Ziel einer möglichst guten Abstützung der neuen Regeln.
Ende
dieses Jahres will Regierungsrat Pulver entschieden haben, wie die künftige
Schülerbeurteilung aussieht. Er will damit den bernischen Schulen genügend Zeit
geben, um sich auf die Einführung des Lehrplans 21 vorzubereiten. Die
Erziehungsdirektion hat die Vorschläge verabschiedet, nachdem sie rund 2000
Lehrpersonen anhörte.
«Bildung
Bern», der frühere Verband der Lehrerinnen und Lehrer Bern (LEBE), teilte am
Freitag in einer Medienmitteilung mit, er begrüsse die Reduktion und
Verschlankung der Zeugnisse.
Initiative
gegen Lehrplan hängig
Der
Lehrplan 21 ist im November 2015 von der Erziehungsdirektorenkonferenz der
Deutschschweiz den Mitgliederkantonen zur Einführung freigegeben worden. Er
geht auf eine eidgenössische Abstimmung von 2006 zur Harmonisierung der Schulen
zurück.
Der
Lehrplan umfasst 470 Seiten und beschreibt 363 Kompetenzen, welche sich die
Schüler aneignen sollen.
Noch ist
allerdings im Kanton Bern nicht sicher, ob der Lehrplan 21 zumindest
langfristig Bestand hält: Ein Komitee aus Eltern und Lehrpersonen hat dagegen
eine Volksinitiative lanciert. Es kritisiert den Lehrplan 21 als zu
konstruktivistisch. Darunter versteht man, dass die Schüler ihre Lernprozesse
weitgehend selber steuern können.
Bis Mitte
Juli hat das Komitee Zeit, die fürs Zustandekommen der Initiative nötigen
15'000 Unterschriften zu sammeln. Komiteemitglied Rahel Gafner sagte am Freitag
auf Anfrage, das Komitee rechne damit, die Initiative einreichen zu können.
Was hat diese Zeugnisreform mit dem Lehrplan 21 zu tun? Alle Vorschläge wären auch mit dem bestehenden Lehrplan umsetzbar.
AntwortenLöschenOffenbar zeigt die Kritik an Pulvers Beurteilungsplänen Wirkung. Nun soll also Arbeits- und Sozialverhalten komplett aus dem Zeugnis verschwinden.
AntwortenLöschenTut sie nicht! Mir liegen die neuen, überarbeiteten Formulare vor....
AntwortenLöschenIm BZ Bericht vom 23.2, nach meiner Kritik an der geplanten Beurteilung, sagte Pulver, er werde das Formular mit den Schlüsselkompetenzen überarbeiten. Und ein anderer ERZ Mitarbeiter meinte, sie werden über Bord geworfen.
Nun, die zwei haben uns scheinbar einmal mehr Honig ums Maul gestrichen, ebenso kommt der Bericht in der BZ vom 3.6 daher. Mit gekonnter Rhetorik und gut gewählten Worten wird die neue Beurteilung als einfacher und besser verkauft.
Im "Bericht Konsultation Beurteilung LP21" wird gesagt, dass die Schlüsselkompetenzen "auf Wunsch der Hearing- Teilnehmenden" in die Beurteilung aufgenommen worden seien. Das mag ja sein, aber die Art und Weise, wie es dann am Präsentations- Hearing vorgestellt wurde (ich erinnere: 12min für drei Formulare!) und wie per Hand erheben eine eher positive Haltung zum Vorschlag erhoben wurde, verschlägt mir immer noch den Atem. Da wird manipuliert, und es werden Pseudo- Meinungen eingeholt, damit gesagt werden kann "wir haben die Lehrer nach ihrer Meinung gefragt". Aber eine Meinung vertritt man nicht mit Hand erheben!
Zum Formular der Schlüsselkompetenzen:
Schön, dass NIRGENDS steht, dass dieses Formular, neu in Fremd- (Lehrer) und Selbstbeurteilung (Schüler) und nur noch im 8. und 9. Schuljahr, dem Zeugnis beigelegt werden soll, wenn sich jemand bewirbt. Es wird, wie von uns schon kritisiert, so kommen, dass, wer das Formular nicht beilegt, etwas zu verstecken hat.
Schön, wie das Formular nun neu "Portfolio" heissen soll. Eine lächerlichere Bezeichnung für eine "Sammlung von Bewertungen" zu Teamfähigkeit, Einsatzfreude, Lernbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ordnungssinn, Umgangsformen und Ausdauer gibts ja wohl nicht!
Schön, wie unsere Kritik am Vorschlag umgangen wurde: die Kompetenzen "Konfliktfähigkeit", "Umgang mit Vielfalt" und "Höflichkeit" hat man kurzerhand zu "Umgangsformen" zusammengefasst. Und aus der "Kooperationsfähigkeit" wurde kurzerhand "Teamfähigkeit", was in der Schübe noch unter dem Punkt "kann mit anderen zusammenarbeiten" beurteilt worden ist.
Geblieben ist die Skala 1-10. Beurteilbar in einer "Dreipunktegruppe" (z.B. 5-7), von "wenig ausgeprägt und entwickelt" und "sehr ausgeprägt und entwickelt".
Nie und nimmer werde ich sowas beurteilen. Ich behaupte mal, Lehrbetriebe mit viel Bewerbungen werden sich in Zukunft auf eine solche Beurteilung stützen, und sich kein eigenes Bild mehr von den Jugendlichen machen. Ich finde das beängstigend und gefährlich.
Die von Pulver angekündigte Überarbeitung bringt keine grundlegende Veränderung.
Dass wir dazu Stellung nehmen können ist doch wiederum eine reine Alibiübung.
"Die Mitwirkung zur neuen Schülerbeurteilung dauert bis Mitte September. Stellung nehmen können verschiedene schulinterne oder schulnahe Organisationen wie der bernische Schulleiterverband oder die Elternvereinigung. Aber auch der Verband bernischer Gemeinden, der Lehrerverband «Bildung Bern» und die Berner KMU erhalten die Unterlagen, nicht aber die bernischen Parteien.
Diese würden nicht angehört, weil es in der Kompetenz der Erziehungsdirektion liege, wie die Schülerbeurteilung geregelt werde: Das sagte Erwin Sommer, Vorsteher des kantonalen Amts für Kindergarten, Volksschule und Beratung, am Rand der Medienkonferenz". (BZ, 3.6)
Lars Burgunder