31. Mai 2021

Politische Bildung bleibt unverbindlich

In Österreich, Malta oder Schottland gehen schon die 16-Jährigen wählen. Dagegen dürfen in der Schweiz erst Volljährige an die Urne. Doch auch in Bundesbern wird über eine Senkung des Alters diskutiert: Anfang Jahr hat sich die Staatspolitische Kommission des Ständerats knapp für die Ausarbeitung einer Verfassungsänderung zur Einführung des Stimm- und Wahlrechts für 16-Jährige ausgesprochen.

Céline Huber stellt Kompetenzen des Erziehungsrats in Frage, Luzerner Zeitung, 27.5. von Anian Heierli

Vor diesem Hintergrund gewinnt politische Bildung in der Schule weiter an Wichtigkeit. Auch deshalb will die Urner Landrätin Céline Huber (CVP, Altdorf) verbindlich in der Stundentafel der Sekundarstufe 1 festhalten, wie viele Lektionen Politik pro Schuljahr unterrichtet werden müssen. Ihre parlamentarische Empfehlung dazu reichte sie am 3. Juni 2020 ein.

Der Regierungsrat sah in seiner Antwort auf die parlamentarische Empfehlung aber keinen Handlungsbedarf. Zwar empfiehlt er, die parlamentarische Empfehlung zu überweisen, diese aber als erledigt abzuschreiben. Die Begründung der Regierung: Schon heute wird an Schulen der Sekundarstufe 1 mehr politische Bildung vermittelt, als es der Vorstoss fordert.

Céline Huber (CVP, Altdorf) war sichtlich enttäuscht

Für diese Antwort fehlt Landrätin Huber das Verständnis. Sie sagte am Mittwoch im Landrat: «Der Regierungsrat ist zwar gewillt, in Lehrmittel, Begegnungen in der Politik und Weiterbildung der Lehrpersonen zu investieren, eine stärkere Verbindlichkeit der zeitlichen Anforderung wird dagegen abgelehnt.» Sie doppelte nach:

«Ich bleibe dabei – politische Bildung ist fundamental wichtig in unserer direkten Demokratie. Nach wie vor vertrete ich die Haltung, dass politische Bildung auch zeitlich angemessen in der Stundentafel gewichtet werden müsste.»

Gerade für die Lehrpersonen und Schulleitungen braucht es aus ihrer Sicht klare Leitplanken bezüglich des Zeitrahmens. Die Haltung des Erziehungsrates stellte sie an der Session stark in Frage: «Man hätte sich zumindest die Mühe machen können, eine nachvollziehbare Argumentation, einen alternativen Kompromissvorschlag oder andere zusätzliche Mittel wie Kontrollmechanismen in diesem Bereich aufzuzeigen.» Sie sei dankbar, dass eine Revision der Kantonsverfassung ansteht. Damit erhalte der Landrat hoffentlich bald die Gelegenheit, die Funktion, den Stellenwert und die Kompetenzen des Erziehungsrates aktiv zu hinterfragen. «In diesem Sinne unterstütze ich zähneknirschend die Anträge auf Überweisung und Abschreibung des Vorstosses.»

Auch Ratskollege Ruedi Cathry (FDP, Schattdorf) hatte Mühe mit der Antwort der Regierung. Die parlamentarische Empfehlung fordere einzig, dass die Stundentafel in der Sekundarstufe 1 angepasst werde. Doch das werde nicht erfüllt. «Wie kann man also beantragen, einen Vorstoss zu überweisen, wenn das Motiv des Vorstosses in keiner Art und Weise erfüllt wird?», fragte Cathry. «Eine Teilüberweisung oder Ablehnung würde hier zum selben Ergebnis führen, da der Regierungsrat in der politischen Bildung einen anderen Weg gehen will.»

Bildungsdirektor Beat Jörg versuchte, die Wogen zu glätten. Er versicherte, «dass politische Bildung an der Urner Volksschule in Zukunft prominent positioniert ist». Denn die Wichtigkeit von politischer Bildung fürs Leben sei unbestritten und richtig. Für Regierungsrat Jörg ist die parlamentarische Empfehlung auch kein Papiertiger. Im Gegenteil:

«Aufgrund des Vorstosses wurden wichtige Massnahmen beschlossen oder sind bereits umgesetzt.»

Dazu gehören laut dem Bildungsdirektor unter anderem die Erweiterung des webbasierten Lehrmittels «URwegs» mit Unterrichtsmaterial und didaktischen Leitfäden zur politischen Bildung für Lehrpersonen. Das gelte für alle Stufen. Doch der Schwerpunkt liege klar auf der Sekundarstufe. «Zudem gibt es bereits im kommenden Schuljahr ein weiteres Angebot für die Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern», so Jörg. «Dieses nimmt gezielt die politische Bildung in den Fokus.»

Der Landrat hat die parlamentarische Empfehlung grossmehrheitlich überwiesen.

 

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