In Österreich, Malta oder Schottland gehen schon die 16-Jährigen wählen. Dagegen dürfen in der Schweiz erst Volljährige an die Urne. Doch auch in Bundesbern wird über eine Senkung des Alters diskutiert: Anfang Jahr hat sich die Staatspolitische Kommission des Ständerats knapp für die Ausarbeitung einer Verfassungsänderung zur Einführung des Stimm- und Wahlrechts für 16-Jährige ausgesprochen.
Céline Huber stellt Kompetenzen des Erziehungsrats in Frage, Luzerner Zeitung, 27.5. von Anian Heierli
Vor diesem Hintergrund gewinnt politische Bildung in der Schule weiter an Wichtigkeit. Auch deshalb will die Urner Landrätin Céline Huber (CVP, Altdorf) verbindlich in der Stundentafel der Sekundarstufe 1 festhalten, wie viele Lektionen Politik pro Schuljahr unterrichtet werden müssen. Ihre parlamentarische Empfehlung dazu reichte sie am 3. Juni 2020 ein.
Der Regierungsrat
sah in seiner Antwort auf die parlamentarische Empfehlung aber keinen
Handlungsbedarf. Zwar empfiehlt er, die parlamentarische Empfehlung zu
überweisen, diese aber als erledigt abzuschreiben. Die Begründung der
Regierung: Schon heute wird an Schulen der Sekundarstufe 1 mehr politische
Bildung vermittelt, als es der Vorstoss fordert.
Céline Huber (CVP,
Altdorf) war sichtlich enttäuscht
Für diese Antwort
fehlt Landrätin Huber das Verständnis. Sie sagte am Mittwoch im Landrat: «Der
Regierungsrat ist zwar gewillt, in Lehrmittel, Begegnungen in der Politik und
Weiterbildung der Lehrpersonen zu investieren, eine stärkere Verbindlichkeit
der zeitlichen Anforderung wird dagegen abgelehnt.» Sie doppelte nach:
«Ich
bleibe dabei – politische Bildung ist fundamental wichtig in unserer direkten
Demokratie. Nach wie vor vertrete ich die Haltung, dass politische Bildung auch
zeitlich angemessen in der Stundentafel gewichtet werden müsste.»
Gerade für die Lehrpersonen und Schulleitungen braucht es aus ihrer Sicht klare Leitplanken bezüglich des Zeitrahmens. Die Haltung des Erziehungsrates stellte sie an der Session stark in Frage: «Man hätte sich zumindest die Mühe machen können, eine nachvollziehbare Argumentation, einen alternativen Kompromissvorschlag oder andere zusätzliche Mittel wie Kontrollmechanismen in diesem Bereich aufzuzeigen.» Sie sei dankbar, dass eine Revision der Kantonsverfassung ansteht. Damit erhalte der Landrat hoffentlich bald die Gelegenheit, die Funktion, den Stellenwert und die Kompetenzen des Erziehungsrates aktiv zu hinterfragen. «In diesem Sinne unterstütze ich zähneknirschend die Anträge auf Überweisung und Abschreibung des Vorstosses.»
Auch Ratskollege
Ruedi Cathry (FDP, Schattdorf) hatte Mühe mit der Antwort der Regierung. Die
parlamentarische Empfehlung fordere einzig, dass die Stundentafel in der
Sekundarstufe 1 angepasst werde. Doch das werde nicht erfüllt. «Wie kann man
also beantragen, einen Vorstoss zu überweisen, wenn das Motiv des Vorstosses in
keiner Art und Weise erfüllt wird?», fragte Cathry. «Eine Teilüberweisung oder
Ablehnung würde hier zum selben Ergebnis führen, da der Regierungsrat in der
politischen Bildung einen anderen Weg gehen will.»
Bildungsdirektor
Beat Jörg versuchte, die Wogen zu glätten. Er versicherte, «dass politische
Bildung an der Urner Volksschule in Zukunft prominent positioniert ist». Denn
die Wichtigkeit von politischer Bildung fürs Leben sei unbestritten und
richtig. Für Regierungsrat Jörg ist die parlamentarische Empfehlung auch kein
Papiertiger. Im Gegenteil:
«Aufgrund
des Vorstosses wurden wichtige Massnahmen beschlossen oder sind bereits
umgesetzt.»
Dazu gehören laut
dem Bildungsdirektor unter anderem die Erweiterung des webbasierten Lehrmittels
«URwegs» mit Unterrichtsmaterial und didaktischen Leitfäden zur politischen
Bildung für Lehrpersonen. Das gelte für alle Stufen. Doch der Schwerpunkt liege
klar auf der Sekundarstufe. «Zudem gibt es bereits im kommenden Schuljahr ein
weiteres Angebot für die Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern», so Jörg.
«Dieses nimmt gezielt die politische Bildung in den Fokus.»
Der Landrat hat die
parlamentarische Empfehlung grossmehrheitlich überwiesen.
Vielen Dank für die Einblicke.
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