Die nachfolgende Reaktion auf die Äusserungen Amslers stammt von einer Mitinitiantin der Aktion 550 gegen 550.
Amsler: "Schlecht wäre gewesen, wenn es kein Echo gegeben hätte". Bild: Bockonline.ch
Leserbrief von Eliane Gautschi, Sonderpädagogin, Kindhausen
Herr
Amsler macht es sich als Volksvertreter zu leicht in seinen Antworten auf die
Kritik am Lehrplan 21 (LP 21). Fakt ist, dass der Lehrplan 21 unter grösster
Geheimhaltung ausgearbeitet wurde und dessen Implementierung als ein unserer
direkten Demokratie unwürdiger Akt in die Geschichte eingehen wird. Er
vertuscht, dass der LP 21 Türöffner zur Zentralisierung und
Internationalisierung des schweizerischen Bildungswesens ist und die demokratischen
Strukturen der Schweiz aushebelt. Gesteuert wird dieser Prozess von der
Wirtschaftsorganisation OECD mit der Absicht, die Bildungswesen ihrer
Mitgliedländer den Zielen der weltweiten Finanzindustrie zugänglich zu machen. Verbunden
damit ist der Paradigmenwechsel von einer humanistischen Bildung hin zur Bildung als Humankapital, womit die kulturellen,
historischen und nationalen Gegebenheiten ausgeschaltet werden. Soft Governance nennt man die
Strategien, die dabei angewendet werden und gemäss internationalen Studien in
der Schweiz unerwartet leicht Einfluss gewinnen konnten. Der unsinnige Umfang
des LP 21 ist eine Nebelpetarde, die den Blick auf diesen strategischen
Hintergrund verhindert und eine Beschäftigungstherapie für die Verfasser der
Konsultationsantworten. Er bezeugt übrigens auch die fehlende Praxisnähe der
Verfasser (auch wenn ein paar handverlesene Lehrervertreter dabei waren). Ein
Bildungspolitiker, der sein Herz und sein Ohr offen hat für die Lehrer (und
Eltern), weiss, dass viele von ihnen den LP 21 gar nicht gelesen haben. Wesentlich
mehr als 1000 hingegen haben sich die Mühe genommen, das Monsterwerk zu
sichten. Sie haben im Rahmen des Memorandums
550gegen550 grundlegende Kritikpunkte aufgeführt und konstruktive
Lösungsvorschläge eingebracht. Die Antwort darauf ist Herr Amsler ihnen bis heute schuldig geblieben.
Dr.
Eliane Gautschi, Sonderpädagogin , Kindhausen
Im Zusammenhang mit dem LP21 wird immer wieder auf die internationale Vereinheitlichung des Bildungswesens hingewiesen. Dies sei die eigentliche Triebfeder, welche hinter dem Lehrplanentwurf stehe. Kennt jemand Reaktionen von offizieller Seite auf diesen Vorwurf?
AntwortenLöschenPRESSEMITTTEILUNG DER EDK VOM 11.11. 2002
AntwortenLöschen11.11.2002 Liberalisierung im Bildungsbereich (GATS):
EDK fordert öffentliche Diskussion und Transparenz
Im Rahmen der GATS-Verhandlungen ist die Schweiz offensichtlich bereits Verpflichtungen eingegangen, was die Liberalisierung der Dienstleistungen im Bildungsbereich betrifft. Die EDK kritisiert, dass diese Verhandlungen bisher ohne Einbezug der politisch Verantwortlichen im Bildungsbereich stattgefunden haben.
An ihrer Jahresversammlung vom 7. und 8. November 2002 in Genf haben die kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren Kenntnis genommen vom Stand der GATS-Verhandlungen. Dieses Abkommen sieht vor, dass grundsätzlich auch die Bildung im Rahmen des GATS als Dienstleistung definiert und entsprechend liberalisiert wird. In ihrer Stellungnahme äussert die EDK:
- Ihr Unverständnis: Die Verantwortungsträger im Bildungsbereich, sprich Kantone und zuständige Bundesämter, sind seinerzeit in den Verhandlungsprozess nicht einbezogen worden. Die EDK erwartet, dass die Kantone ab jetzt umfassend informiert und regelmässig konsultiert werden, wie dies im Bundesgesetz über deren Mitwirkung in der Aussenpolitik vorgesehen ist.
- Ihre Kritik an der fehlenden Transparenz: Die bisher von den federführenden Bundesinstanzen (namentlich vom seco) gelieferten Informationen ermöglichen den bildungspolitisch Verantwortlichen keine schlüssige Beurteilung der Bedeutung und Tragweite der bereits eingegangenen Verpflichtungen.
- Ihre Besorgnis: Die EDK gibt ihrer Sorge über diesen Vorgang Ausdruck, zumal die von der Schweiz für den Bildungsbereich eingegangenen Verpflichtungen anscheinend weiter gehen als jene anderer Staaten. Sie sieht sich in ihrer Sorge bestätigt durch den Umstand, dass auch in anderen Staaten die bildungspolitisch verantwortlichen Instanzen nicht hinlänglich in die Verhandlungen einbezogen waren und sich nun auch im Ausland Widerstand zeigt.
Vor diesem Hintergrund fordert die EDK:
- Sämtliche Fragen im Zusammenhang mit den GATS-Verhandlungen müssen Gegenstand eines öffentlichen politischen Meinungsbildungsprozesses sein, in den alle relevanten Partner einzubeziehen sind. Als Voraussetzung hierfür ist eine Detailanalyse über die bisherigen Verhandlungsergebnisse und deren konkrete Bedeutung für das öffentliche Bildungswesen erforderlich. Die EDK hat mit dem Bundesamt für Bildung und Wissenschaft (BBW) vereinbart, dass dieses die notwendigen Schritte für eine solche Detailanalyse unverzüglich einleitet.
Kontaktperson: Hans Ambühl, Generalsekretär
Kontaktperson: Gabriela Fuchs, Kommunikationsbeauftragte
Eine Webseite der EDK / CDIP
Copyright © 2002, Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, Bern
http://www.edk.ch/dyn/13577.php
AntwortenLöschenGATS: Das Schweizer Verständnis vom "Service public" respektieren
Mit dem WTO-Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen GATS (General Agreement on Trade in Services) ist die Schweiz Verpflichtungen auch im Bildungsbereich bei den privaten Bildungsdienstleistungen eingegangen. Auf Initiative der EDK (die bei den entsprechenden GATS-Verhandlungen nicht einbezogen gewesen war) wurden in Zusammenarbeit mit dem Bund Kriterien festlegt, welche im Schweizer Kontext zwei Arten von Bildungsdienstleistungen unterscheiden lassen: im öffentlichen Interesse erbrachte Bildungsdienstleistungen ("Service public") sowie Bildungsdienstleistungen des privatwirtschaftlichen Sektors.
Bildungsangebote gelten als öffentliche Bildungsdienstleistungen und fallen nicht unter das GATS, wenn der Titel und/oder das Curriculum vom Staat im Rahmen seiner Bildungspolitik vorgegeben werden und wenn die angebotene Dienstleistung der Erfüllung eines öffentlichen Auftrags und einem Bedürfnis entspricht.
Die Plenarversammlung der EDK hat diesen Kriterien zugestimmt und sie hat die Bundesorgane eingeladen, diese der Welthandelsorganisation WTO offiziell mitzuteilen.
"Bildungsangebote gelten als öffentliche Bildungsdienstleistungen und fallen nicht unter das GATS, wenn der Titel und/oder das Curriculum vom Staat im Rahmen seiner Bildungspolitik vorgegeben werden und wenn die angebotene Dienstleistung der Erfüllung eines öffentlichen Auftrags und einem Bedürfnis entspricht."
AntwortenLöschenDanke für diese Klarstellung.
Ganz so einfach ist es nicht. Das ist Amtsdeutsch und müsste zuerst ausgedeutscht werden, was es im konkreten Fall wirklich bedeutet. Was bedeutet etwa, "der Weltorganisation WTO offiziell mitteilen"? Ist das nur ein Wunsch, eine vertragliche Vereinbarung oder was? usw. usw.
AntwortenLöschenWeitere erhellende Zusammenhänge sind aus der vorliegenden Dissertation ersichtlich:
Tonia Bieber - Sanfte Steuerung der Bildung - Schweiz
www.schulforum.ch/html/Soft.gv.diss.pdf